EU-Marktmißbrauchsverordnung

Am 03.07.2016 treten die Vorschriften der Marktmißbrauchsverordnung der Europäischen Union in Kraft. Sie ersetzt bisherige einzelstaatliche Gesetze (wie z.B. in Deutschland das Wertpapierhandelsgesetz WpHG) und wird in allen EU-Mitgliedsstaaten direkt geltendes Recht.

Bis jetzt blieb z.B. in Deutschland der börsliche Handel im Freiverkehr von überbordenden Bürokratismen des Kapitalmarktrechts verschont. Eigentlich auch völlig zu Recht, denn Klein- und Kleinstkapitalgesellschaften spielen in einer Liga, die die organisierten Finanzmärkte und ihre professionellen Akteure nicht im geringsten interessiert. Es ist dem Finanzhistoriker auch nicht bekannt, daß in der Geschichte der Finanzmärkte jemals eine Gesellschaft von unserer vernachlässigenswerten Größenordnung Auslöser einer Finanzkrise gewesen wäre.

Aber der Gesetzgeber hätte es gern besonders gründlich. Die Vorschriften der Marktmißbrauchsverordnung gelten deshalb künftig auch für Aktiengesellschaften, deren „Finanzinstrumente“ (sprich: Aktien) auf Initiative des Emittenten im deutschen Freiverkehr gehandelt werden.

Damit besteht künftig auch bei Freiverkehrswerten unabhängig von ihrer Größe die Pflicht

– den Vorschriften zur Ad-Hoc-Publizität zu genügen

– „Directors Dealings“ zu publizieren, und zwar auch jedes einzelne Klein- und Kleinstgeschäft

– Insiderverzeichnisse zu führen, in denen Informationsflüsse mit Datum und Uhrzeit aufzuzeichnen sind, diese der zuständigen Behörde jederzeit vorzulegen und fünf Jahre aufzubewahren.

Mit diesen neuen Regelungen hat sich der Aufsichtsrat der CS Realwerte AG in seiner Sitzung am 06.06.2016 befaßt und dem Vorstand aufzugeben, sich in vertiefender Form weiter sachkundig zu machen, welche konkreten Auswirkungen die veränderte und verschärfte Rechtslage für die CS Realwerte AG im Falle einer möglichen Freiverkehrsnotiz hätte und welche Risiken sich für die Gesellschaft ggf. ergäben.

Dies vor allem vor dem Hintergrund, daß die EU den Mitgliedsstaaten für Sanktionen im Fall von beabsichtigten oder auch unbeabsichtigten Verstößen folgende Mindestvorgaben gemacht hat:

– bis zu EUR 6,0 Mio. Geldbuße für Verstöße gegen die Insiderverbote und das Verbot der Marktmanipulation (wie leicht ein ahnungsloser Marktteilnehmer in diese Falle tappen kann, bitten wir dem hier veröffentlichten Beitrag vom 11.06.2016 zu entnehmen)

– bis zu EUR 1,0 Mio. Geldbuße bei Verletzung der Ad-Hoc-Publizitätspflicht

– bis zu EUR o,5 Mio. Geldbuße bei Fehlern beim Führen von Insiderlisten und Meldung von Directors‘ Dealings

– zusätzlich können und müssen vorsätzliche und nicht ganz unerhebliche Verstöße mit Freiheitsstrafe bis zu wenigstens vier Jahren geahndet werden.

Im Falle großer und relevanter  Gesellschaften (Stichwort: VW) mögen solche Vorschriften ihre Berechtigung haben. Bei Klein- und Kleinstkapitalgesellschaften, die jahrzehntelang keinen unbedeutenden Beitrag zur Individualität unseres Gemeinwesens und zur Aktionärsdemokratie geleistet haben, wird mit dieser Überregulierung aber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Eine Aktien-Gesellschaft wie die unsrige wird schon aus Kosten- und organisatorischen Gründen nur schwer zur minutiösen und wortgetreuen Beachtung aller Vorschriften in der Lage sein, selbst wenn sie allen guten Willen dazu hätte.

Wir bitten vor diesem Hintergrund unsere Aktionäre um Verständnis, daß eine Entscheidung über eine mögliche Einbeziehung der Aktien der CS Realwerte AG in den Handel im Freiverkehr einer Börse erst in der zweiten Jahreshälfte nach genauerer und intensiver Beschäftigung mit der veränderten Rechtslage fallen kann.

 

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