Liquiditätseinbehalte – ein neuer „game changer“?

Die Abwicklung unserer Immobilienfonds schreitet immer weiter voran. Der Wert des Immobilienvermögens nimmt durch Verkäufe permanent ab. Die Investoren warten trotzdem weiter auf eine Menge Geld. In einem fortgeschrittenen Abwicklungsstadium befindliche Fonds wie der DEGI International, der TMW Immobilien Weltfonds oder der UBS (D) 3 Sector Real Estate Europe weisen inzwischen (bezogen auf den theoretischen Rücknahmewert, also den „Net Asset Value“) Liquiditätsquoten zwischen 50 % und 80 % auf. Wie kann das sein?

Hier kommt eine Besonderheit der Konstruktion der „Sondervermögen“ zum Tragen: Ein Sondervermögen muß aus sich heraus in der Lage sein, alle auch nur ansatzweise denkbaren Verpflichtungen und Eventualverpflichtungen zu erfüllen. Sollte das Sondervermögen dazu nicht in der Lage sein, dann wäre nach h.M. die verwaltende Kapitalanlagegesellschaft (bzw. im späteren Verlauf der Abwicklung die Depotbank) im Obligo. Dieses Risiko scheuen die Fondsverwalter natürlich wie der Teufel das Weihwasser. Die Konsequenz: Zur Risikoabschirmung wird auf Teufel komm raus Liquidität gebunkert.

Mit diesem Phänomen haben wir uns schon länger beschäftigt. Insbesondere sind wir bei Auswertung der Vermögensaufstellungen der Fonds der Frage nachgegangen, inwieweit die dort gebildeten Rückstellungen tatsächlich benötigt wurden. Wir kamen dabei zu dem Ergebnis, daß die Rückstellungen, rein aus den oben beschriebenen Vorsichtsgründen, im Großen und Ganzen um Faktor 3 zu hoch angesetzt sind. Will heißen: Im Schnitt rund 2/3 der gebildeten Rückstellungen, allerdings von Fonds zu Fonds mit großen Unterschieden, kamen in späteren Jahren als „Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen“ wieder werterhöhend an die Oberfläche.

Noch dramatischer wirkt diese Besonderheit bei Gewährleistungsfragen im Zusammenhang mit Objektverkäufen. Einerseits gibt der Verkäufer im Kaufvertrag ohnehin bestimmte Zusagen bezüglich Beschaffenheit und Mängelfreiheit des Objektes sowie Validität bestehender (Miet)verträge. Andererseits können noch Jahre später verdeckte Mängel Gegenstand käuferseitiger Ansprüche werden. Auch hier muß für den schlimmsten denkbaren Fall des Risikoeintritts teils über Jahre Liquidität zurückgehalten werden. Nach unseren Beobachtungen findet ein solcher Rückbehalt in Höhe von anfangs 10-20 % der erhaltenen Kaufpreise statt. In der Schlußphase der Abwicklung führt dieses Phänomen dann zu den oben erwähnten Liquiditätsquoten von bis zu 80 %.

Bisher war man in Fachkreisen davon ausgegangen, daß diese zur Abdeckung eventuell noch auftretender Ansprüche nötige Liquidität „auf die lange Reise“ geht, d.h. noch mehrere Jahre im Fonds bleibt und zwischenzeitlich nur ratierlich in Form kleinerer Ausschüttungen abgebaut werden kann. Was unsere eigenen Investitionen angeht, war unsere Annahme deshalb bisher, daß wir noch bis in die 2020er Jahre mit dem Thema beschäftigt sind. Unsere analytische Tätigkeit würde sich dabei nur von der Frage „Werthaltigkeit der Immobilienbestände“ zur Frage „Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit von Rückstellungen“ verlagern.

Negativ für den Anleger ist dabei: Zum einen fällt auf diese Reserveliquidität, die eigentlich keine Arbeit mehr macht, weiterhin die Fondsverwaltungsgebühr von +/- 1 % p.a. an. Und Negativzinsen für diese Einlagen blieben bisher zwar auf Einzelfälle beschränkt, aber auch das wird renditemindernd ein zunehmendes Thema werden.

Andererseits haben die Börsenkurse dies natürlich mit entsprechenden Abschlägen berücksichtigt. Beim DEGI Europa war es z.B. so, daß man im September kurz nach Verkauf des allerletzten Objektes eine im Fonds vorhandene Liquidität von 1,00 Euro über die Börse für 0,75 Euro kaufen konnte. Selbst nach Verkauf aller Objekte können die Fonds also lohnende Investitions-Chancen bieten. Oder sollten wir jetzt sagen: Konnten?

Die „lange Reise“ ist nämlich etwas, das auch den Fondsverwaltern nicht wirklich Spaß macht. Für eine relativ überschaubare Gebühr sich noch jahrelang mit den rauchenden Trümmern ehemals stolzer Fonds zu beschäftigen bringt nicht wirklich Freude. Mit einer in der Abwicklungsphase ansonsten ungewohnten Kreativität haben sich die Fondsmanager deshalb dieser Frage angenommen. Und die BAFin scheint nicht grundsätzlich abgeneigt, dazu ihren Segen zu geben.

Man denkt in der Branche darüber nach, sich bestimmter länger laufender Abwicklungsrisiken zu entledigen. In der Form, daß man diese Risiken gegen Zahlung einer entsprechenden Gebühr auf einen „risk taker“ überträgt. Die bisher für diese Fälle vorgesehenen immensen Liquiditätsrückbehalte würden dann sofort zur Rückzahlung an die Anleger frei.

Fragt sich dann nur noch, wie hoch die „Versicherungsprämie“ ausfallen wird. 10%? 20%? 30%? Klar ist, daß jeder denkbare „risk taker“ nicht als barmherziger Samariter daherkommt, sondern den Deal nur macht, wenn er auch für sich eine reelle Gewinn-Chance sieht.

Für uns heißt das: Wir werden einen großen Teil unseres investierten Geldes voraussichtlich sehr viel schneller zurückerhalten als bisher gedacht. Dafür wandert ein Teil des bisher von uns gesehenen Wertaufholungspotentials in Form der zu zahlenden Risikoübernahme-Prämie an jemand anders. Die Höhe dieser Prämie bleibt also die wirklich spannende Frage. Gegen Ende des Jahres werden wir wohl mehr wissen.

Sollte diese Entwicklung tatsächlich so eintreten, dann könnte für die CS Realwerte AG die eigene Abwicklungsphase schneller kommen als bislang angenommen.

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