Schwein gehabt II

Der Verfasser dieser Zeilen könnte sich vorstellen, daß es die Aktionäre der CS Realwerte AG durchaus interessiert, welche Gedanken deren Vorstand zur Zeit so durch den Kopf gehen. Nun, das lässt sich eigentlich in zwei Zitaten zusammenfassen. Das erste Zitat entstammt der erst vor wenigen Tagen einem Aktionär gegebenen Antwort auf die Frage, ob uns jetzt der Himmel auf den Kopf fällt und ob die gegenwärtige Situation eher als Chance oder eher als Risiko zu sehen sei:

„Dazu wäre zu sagen: Die aktuelle Situation ist für uns eigentlich weder Chance noch Risiko. So lange die im Moment noch festliegenden Bankguthaben unserer Fonds nicht durch ganz außergewöhnliche Ereignisse Schaden nehmen, so lange darf man erwarten, daß der aktuelle und praktisch nur noch aus Bankguthaben bestehende Net Asset Value (Rücknahmewert) der Fonds im Laufe der nächsten Jahre vollständig an uns zurückgezahlt wird. Nur Veränderungen des Rücknahmewertes, die bei den in der Abwicklung fortgeschrittenen Fonds nach aller bisherigen Erfahrung aber nur noch in Maßen zu erwarten sind, können das Rückzahlungsvolumen noch verkleinern (oder auch vergrößern).

So lange wir also in der Lage sind, unsere Bestände bis zum Ende durchzuhalten, haben zwischenzeitliche Kursschwankungen auf unseren Erfolg keinen Einfluß. Im Prinzip sind unsere Fondsanteile in ihrer heutigen Gestalt eher mit einer Anleihe zu vergleichen, bei der man am Ende eben weiß, was man zurückbekommt – außer, daß bei unseren Fonds der Fälligkeitstermin eine Variable ist.

Die einzige Auswirkung von Kursrückgängen, wie wir sie im Moment sehen, ist, daß der innere Wert einer Aktie der CS Realwerte AG vorübergehend sinkt – dafür steigt aber nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren das unseren Beständen innewohnende Wertaufholungspotential entsprechend an.

So lange wir im übrigen in der Lage und bereit sind, uns zufließende Ausschüttungen ganz oder teilweise zu re-investieren, ist ein niedriger Kurs für uns sogar von Vorteil: Wir kaufen uns damit dann ein entsprechend höheres Wertaufholungspotential ein. So ist zum Beispiel das Wertaufholungspotential eines CS Euroreal, das im letzten Jahr zeitweise unter 20 % gesunken war, auf Basis aktueller Kurse wieder auf über 30 % gestiegen – für eine mittlere Kapitalbindungsdauer von geschätzt etwa 3 Jahren sicher ein ganz attraktiver Wert. Auch ein KanAm grundinvest kratzt inzwischen an der 30-%-Marke – obwohl wir hier gegen Jahresmitte sogar noch einen weiteren Anstieg des Rücknahmewertes erwarten, wenn der aus formalen Gründen schon Ende 2019 beurkundete Verkauf des Robecohuis in Rotterdam endabgerechnet ist.

In überschaubarem Umfang haben wir (vor allem aus den uns zu Beginn des Jahres zugeflossenen Steuerkorrekturen nach § 17 InvStG) solche Re-Investitionen in den letzten Wochen auch getätigt. Die Auswirkungen halten sich allerdings in Grenzen, da wir seit dem Jahreswechsel den größeren Teil des Cash-Flows aus Gründen kaufmännischer Vorsicht zur Reduzierung von Kreditinanspruchnahmen verwendet haben.“

Die Entwicklung scheint uns jetzt Recht zu geben: Die Kurse unserer beiden größten Positionen (CS Euroreal und KanAm grundinvest) waren in den letzten Tagen im Einklang mit der desolaten Marktstimmung immer weiter abgebröckelt. Doch heute, ausgerechnet an dem Tag wo der DAX unter die 10.000er-Marke knallt, kommt es zu völlig unerwarteten Kursbewegungen: Zu deutlich höheren Kursen gibt es plötzlich spürbare Nachfrage im CS Euroreal, und der KanAm grundinvest schoß sogar um 6,9 % nach oben. Sollten inzwischen auch einige größere Investoren gemerkt haben, daß diese abwickelnden Fonds der perfekte Anleihe-Ersatz mit einer Rendite von bis zu 10 % p.a. sind? Und in Zeiten wie diesen als weitgehend sichere Anlage praktisch ohne jede vergleichbare Alternative?

Als ob es der Verfasser dieser Zeilen letzte Nacht schon geahnt hätte: Da träumte er davon, Gast auf einem großen Event der Volksbank Wolfenbüttel zu sein (es wurde mal wieder der Neubau der Bankzentrale auf den Weg gebracht, mit Sekt und Häppchen). Auf einer geschwungenen Brücke stand er mit dem Vorstand im Gespräch und empfahl ihm dringend, das A-Depot der Bank mit Anteilen an abwickelnden Offenen Immobilienfonds aufzuhübschen. Etwas besseres könne die Bank in der aktuellen Situation gar nicht tun. Nebenbei wurde in dem geträumten Gespräch übrigens auch die demnächst anstehende Kreditverlängerung (siehe übernächster Absatz) durchgewunken. Und zwar nicht per Vertrag, sondern – man verzeihe mir diese Indiskretion – auf der geschwungenen Brücke stehend per Bruderkuß unter Männern.

Ich glaube, diesen Seelen-Striptease kann ich mir im Moment leisten. Denn niemand wird wohl ernsthaft bestreiten, daß ihn die aktuelle Situation bis in seine Träume verfolgt.

Das zweite Zitat entnehme ich meinem gestrigen Rapport an unseren Aufsichtsrat:

„Bezüglich der CS Realwerte AG verweise ich auf den Beitrag „Schwein gehabt“ in der Neuigkeiten-Rubrik unserer Internet-Seite. So lange die Finanzmärkte nicht insgesamt kollabieren (und dabei die Bankguthaben unserer Fonds ausgelöscht werden) und so lange wir unsere Positionen bis zum Ende durchzuhalten vermögen und auf die regelmäßigen Kapitalrückzahlungen warten können, so lange kann die CS Realwerte AG nach menschlichem Ermessen keinen Schaden nehmen.

Wichtig ist es, die Linien der HypoVereinsbank (dort Entscheidung bis 30.04. verabredet) und der Volksbank Wolfenbüttel (Zusage läuft am 31.12.2020 aus, Gespräche über Verlängerung für Mitte des Jahres vereinbart) verlängert zu bekommen. Es gibt bisher keine Anzeichen, daß es da Probleme geben könnte, aber im Hinblick auf die Gesamtsituation muß ich hier besonders eng am Ball bleiben – und vielleicht auch die eine oder andere Kritik trocken runterschlucken, um die Banker bei Laune zu halten.

Als positiv ist zu vermelden, daß vorgestern/gestern bei der Volksbank Wolfenbüttel die letzten Steuerkorrekturbuchungen für 2019er Ausschüttungen begradigt wurden und wir mit diesem Thema jetzt durch sind (abgesehen von einem marginalen Rest von 4 TEUR bei der comdirect bank, die hier immer besonders spät dran ist).

Als Finanzhistoriker sehe ich zudem noch das Risiko, daß eine übermässige Geldversorgung im Zuge der Krisenbewältigungsversuche am Ende zu starker Inflation führen könnte. Und was nützt es uns dann, am Ende ausschüttungsfähiges Bargeld zu haben, das dann aber geldentwertungsbedingt kaum noch etwas wert ist … Aber das ist dann schon Chaos 2.0 – erst einmal müssen wir Chaos 1.0 überstehen.“

Lustig werden die vor uns liegenden Monate bestimmt nicht werden. Doch keiner von uns kann das ändern, wir müssen da ganz einfach durch. Der Verfasser dieser Zeilen wünscht der geneigten Leserschaft von ganzem Herzen, daß sie wohlbehalten und körperlich und seelisch unbeschadet durch die vor uns liegenden Herausforderungen kommt.

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