Unterirdisch wohnen und der Fortschritt

Zum Wochenende, weil es sonst nichts zu berichten gibt, wieder mal was Erwähnenswertes aus unserem Kerngeschäft. Jeder Mensch macht irgendwann seinen allerletzten Umzug und wohnt danach dauerhaft im Sousterrain. Das finden wir in jedem einzelnen Fall traurig – handelt es sich doch oft um Kunden und Sammler Historischer Wertpapiere, mit denen man jahrzehntelang verbunden war, und die man meist sogar persönlich kannte.

Bisher schrieben uns die Hinterbliebenen dann einfach einen Dreizeiler, oder schickten unsere Kataloge mit einem entsprechenden Vermerk zurück.

Das ist die eine Sache.

Die andere Sache ist die schon seit Jahren immer wieder diskutierte Frage, was eigentlich mit dem digitalen Nachlaß eines Verstorbenen passiert. Auch wenn man diese Welt physisch verlassen hat, saust man heutzutage mit seinen vielfältigen Online-Identitäten ja weiter quicklebendig durch den Äther, denn die regelmäßig saudummen Computer lesen ja keine Todesanzeigen.

An der Stelle in bekannter Fortschrittsfeindlichkeit angemerkt: So etwas wie künstliche Intelligenz sollte es (trotz des gegenteiligen Gefaseles von Politikern und Ingenieuren) nie geben! Und wir sollten es auch nie zulassen, daß eine Maschine Entscheidungen trifft, gegen die ein (möglicher Weise direkt betroffener) Mensch dann rein gar nichts mehr machen kann. Anders als mit einem Menschen kann man nämlich mit einer Maschine über ihre Entscheidung nicht diskutieren. Und diese Maschine schreckt im Falle einer Fehlentscheidung auch weder eine Bußgeldandrohung noch eine mögliche Gefängnisstrafe. Das, was einen Menschen vielleicht noch von einer Fehlentscheidung abhält, ist der Maschine egal: Sie ist und bleibt seelenlos und saudumm und kennt den Begriff „Verantwortung“ nicht. Jeder, der sich in einem automatisierten Telefonsystem schon einmal mit einer Computerstimme unterhalten durfte, wird mir beipflichten.

„Du blöde Blechbüchse, ich habe jetzt echt die Schnauze voll.“ – „Bitte wiederholen Sie Ihre Eingabe.“ – „Ach, leck mich doch am Arsch.“ – „Ich habe sie nicht verstanden.“ Das ist künstliche Intelligenz. Jeder Mensch aus Fleisch und Blut hätte mich klar und deutlich verstanden, selbst wenn ihm der liebe Gott nur das denkbar kleinste Maß an natürlicher Intelligenz mitgegeben hätte.

Aber wir schweifen ab. Zurück also zu unserem Fall: Du bist tot, aber was macht Dein digitales Ich?

Diese riesige Marktlücke hat jetzt die „Columba Online Identity Management AG“ aus Berlin entdeckt. Man berühmt sich, in 12 Bundesländern exclusiver und offizieller Servicepartner der Bestatterverbände zu sein. Und aus dem bekannten Dreizeiler der Hinterbliebenen werden dann für eine einfache Kündigung eines Katalog-Abonnements sechs Textseiten in DIN A 4.

Das ist Fortschritt.

Die Älteren unter unseren Lesern werden sich noch an den köstlichen Film „Der Tod steht ihr gut“ erinnern. Vielleicht sollte da bald mal eine Fortsetzung gedreht werden. Wie wäre es mit „Der Tod ist jetzt online“?

 

 

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