Am Schluß wird es eine Nullnummer

Unser Geschäftsmodell ist nun wirklich ganz besonders speziell und hat viele teils einmalige Besonderheiten und Facetten. Wir geben auch ehrlich zu, daß sich selbst uns einige dieser Besonderheiten erst im Zeitverlauf durch „learning by doing“ offenbaren.

Es ist deshalb auch nicht besonders einfach, unser Geschäftsmodell Außenstehenden so zu erklären, daß sie es wirklich verstehen. Selbst bei unseren Banken hatten wir da anfangs unsere liebe Not. Und auch heute haben wir immer noch den leisen Verdacht, daß der eine oder andere Banker lediglich aus den inzwischen nachweisbaren Erfolgen den Umkehrschluß zieht, daß das Geschäftsmodell wohl gut sein müsse.

Trotzdem werden wir nicht müde, die Besonderheiten immer auf’s Neue anhand konkreter Beispiele zu erklären.

Heute bietet es sich an, den Blick auf künftige Bilanzzahlen zu richten.

Anlaß dazu ist die Frage, welche langfristigen Auswirkungen die permanenten Substanzausschüttungen unserer Zielfonds haben. Im Regelfall sind diese Substanzausschüttungen (= Kapitalrückzahlungen) nämlich erfolgsneutral direkt gegen die Anschaffungkosten zu buchen. Das heißt, die Anschaffungskosten gehen mit jeder Substanzausschüttung weiter nach unten – und zwar so lange, bis sie bei Null angekommen sind.

Dazu als konkretes Beispiel der AXA Immoselect:

In unserer Übersicht zum 30.06.2017 zeigen wir den Einstandskurs noch mit 3,36 EUR (bei einem Stichtagskurs von 4,31 EUR).

Im Juli erfolgte eine direkt gegen die Anschaffungskosten zu buchende Substanzausschüttung von 1,80 EUR pro Anteil (die wegen zusätzlicher Transaktionen im Juli aber nicht ganz 1:1 durchschlägt).

Folglich zeigen wir zum 31.07.2017 den Einstandskurs lediglich noch mit 1,68 EUR (bei einem Stichtagskurs von 2,76 EUR).

Aktuell steht der AXA Immoselect kurz vor dem Verkauf eines Einkaufszentrums in Italien mit einem Verkehrswert von 76,8 Mio. EUR. Bei gut 48 Mio. umlaufender Anteilscheine sind das knapp 1,60 EUR pro Anteil.

Deshalb wird sich mit der nächsten Ausschüttung des AXA Immoselect im Dezember 2017 unser Einstandskurs von bisher noch 1,68 EUR der Null-Linie nähern. Jedenfalls dann, wenn wir nicht zwischendurch weitere Anteile zu inzwischen deutlich höheren Kursen nachkaufen und damit den durchschnittlichen Einstandskurs wieder nach oben bringen.

Doch auch die mathematischen Auswirkungen solcher Ausschüttungs-Reinvestitionen würden den Effekt der schlußendlichen Annäherung unserer Einstandskurse an eine Null-Bewertung nicht verhindern, sondern lediglich um ein oder zwei weitere Ausschüttungstermine verzögern.

Nun sind die zwei Seiten einer Bilanz im Idealfall ja immer gleich. Bekanntlich machen Investmentfonds-Anteile bei uns 99,9 % der Aktivseite der Bilanz aus. Wenn der Bilanzwert der Investmentfonds-Anteile – bei dem einen Fonds schneller, bei dem anderen vielleicht erst in etlichen Jahren – durch den oben beschriebenen Effekt gegen Null strebt, dann kann nach allen Regeln der Kunst die Passivseite nicht weiter einsam im luftleeren Raum schweben, sondern sie muß unaufhaltsam mit schrumpfen.

Egal wie viele Anteile eines Fonds wir also am Ende im Bestand haben, und selbst wenn es 100 % aller Anteile wären: Wenn diese, und das wird bei jedem einzelnen Fonds eines Tages passieren, bei uns auf der Aktivseite mit Null bewertet stehen, dann kann es auch keine korrespondierende Passivseite mehr geben. Das heißt, die Bankkredite werden vollautomatisch verschwinden, selbst wenn wir auf der Aktivseite noch Tonnen von (dann mit Null bewerteten) Fondsanteilen im Bestand haben.

Das ist simple Bilanzmechanik.

Gestatten Sie uns in dem Zusammenhang einen kleinen Ausflug zum Thema Staatsverschuldung, wo im Grunde ziemlich die gleiche Bilanzmechanik wirkt.

Der eine oder andere Mitleser hier hat wahrscheinlich Bundesanleihen im Depot. Und freut sich wie ein Itsch darüber, daß das seinem Depot eine gewisse Stabilität verleiht. Nun stellen Sie sich mal vor, Herr Schäuble würde Ernst machen mit dem Schuldenabbau. Wenn er das wirklich täte (was tatsächlich Gott sei Dank nie passieren wird), dann gäbe es ja eines Tages überhaupt keine Bundesanleihen mehr, die irgendjemand (nicht nur Sie, sondern auch die großen Kapitalsammelstellen, die Versicherungen) im Depot haben könnte. Auch das ist simple Bilanzmechanik.

Wir haben den Eindruck, daß nicht jedem, der lauthals den Abbau der Staatsverschuldung fordert, die Konsequenz wirklich klar ist: Wer auf der einen Seite der Bilanz den Abbau der Staatsverschuldung fordert, der muß auch erklären, wo er auf der anderen Seite der Bilanz beim Geldvermögen der Gläubiger (nämlich bei der Depotposition „Bundesanleihen“) etwas wegnehmen will. Abbau der Staatsverschuldung ohne Abbau des Individual-Nettovermögens der Mitglieder dieses Staates (Auslandseinflüsse mal simplifizierend außen vor gelassen) geht nämlich nicht.

Endgültig versteht man das, wenn man es schon in der Entstehungsgeschichte betrachtet: Hätte Ihnen Herr Schäuble in den letzten Jahren und Jahrzehnten gleich mal höhere Steuern abgeknöpft, dann hätten wir heute zwar einerseits keine Staatsverschuldung, aber Sie hätten andererseits auch von vornherein weniger Geld auf dem Konto gehabt. Der gleiche Zustand (daß Sie weniger Geld haben)  würde mit dem Abbau von Staatsverschuldung auch nur wieder hergestellt, nur eben von hinten aufgezäumt.

Bei Lichte und ganz unideologisch gesehen gilt also: Staatsverschuldung macht im Regelfall diejenigen, die sowieso schon vermögend sind, noch ein bißchen vermögender (zumindest auf dem Papier – wie viel dieses Papier wirklich wert ist, wenn wir es in etwas Eßbares tauschen wollen, müssen wir hoffentlich nie herausfinden).

Womit wir wieder an dem Punkt sind: Am Ende ist alles in unserer Gesellschaft nichts weiter als eine Frage der Verteilung bzw. der Umverteilung, an der sich Gerechtigkeitsfanatiker hervorragend abarbeiten könnten. Jedenfalls, wenn sie zuvor erklären konnten, was Gerechtigkeit eigentlich ist. Die Steigerungsform wäre übrigens, wenn jemand sogar erklären könnte, was „soziale Gerechtigkeit“ ist. Und ketzerisch gefragt: Gibt es denn dann auch so etwas wie „unsoziale Gerechtigkeit“? Oder „soziale Ungerechtigkeit“?

Aber zurück zum Thema: Was dem einen gegeben wird, muß dem anderen genommen werden. Deshalb schaffen wir an dieser Stelle sogar die Rolle rückwärts auf den eingangs besprochenen konkreten Fall der CS Realwerte AG: Was die CS Realwerte AG bei ihren Immobilienfonds heute in Form von Wertaufholungen während des Fonds-Abwicklungsprozesses als Gewinne einfährt, das sind zuvor bei denjenigen Anlegern, die ihre Fondsanteile über die Börse zu niedrigen Kursen (an uns) verkauft hatten, real eingetretene Verluste gewesen.

Aus moralischer Sicht ist der Zustand unserer Finanzmärkte im allgemeinen und der Staatsfinanzen im besonderen zwar nicht zweifelsfrei uneingeschränkt gut, aber so und nicht anders ist unsere Gesellschaft nun einmal verfaßt. Und wir wollen ja nicht gleich Revolution machen und Veränderung disruptiv erzeugen (konnte ich mir nicht verkneifen, ich liebe dieses Wort, das erst vor kurzem Eingang in unseren Sprachgebrauch gefunden hat).

Wahrscheinlich haben die meisten Leser unser Geschäftsmodell jetzt begriffen. Und, wenn ich es einigermaßen gut erklärt habe, bei der Gelegenheit als Nebeneffekt auch die Geldkreisläufe in unserer Gesellschaft verstanden. Der eine nimmt, der andere gibt.

Im Idealfall liegt dem Geben und Nehmen ein Güterkreislauf zu Grunde. Will heißen: Geben erzeugt eine beheizte Wohnung, macht satt, bringt riesig viel Spaß, oder macht wenigstens besoffen. Wenn all das nicht zutrifft, kommen wir zunächst in den Bereich der Steuererhebung und der staatlichen Wohltaten, also der Umverteilung. Und, als dritte Variante: Sollten Sie demnächst einmal einen scheinbar herrenlosen Geldstrom beobachten, ohne daß ein Güterkreislauf oder der Fiskus in der Nähe zu sehen ist, so befinden wir uns im Bereich der Geldanlage. Auch hier gilt bekanntlich das Gesetz von Geben und Nehmen: Ihr Geld ist nicht weg, es hat nur jemand anders.

Gerade heute auf dem „Dieselgipfel“ feiert man ja mit jovialem Schulterklopfen die Erkenntnis: Es ist alles ganz großer Mist, aber wir lassen es mal besser so.

Mit dem Geld und der Geldanlage ist es in unserer Gesellschaft auch nicht viel anders: Es ist alles großer Mist, aber man kann mit diesem Zustand ganz gut leben. Deshalb, lieber Herr Schäuble: Die schwarze Null ist wirklich toll, aber damit muß es dann bitte auch gut sein. Echter Schuldenabbau, wer soll das denn bezahlen? Die, die eh nix haben, können Sie nicht zur Kasse bitten. Also würde das doch nur die Reichen ärmer machen … o:) Nee, das lassen wir dann doch mal lieber bleiben.

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