Prosit Neujahr!
Wie Sie die Silvesternacht verbracht haben, geschätzter Leser, habe ich leider nicht erfahren. Ich fürchte, es wird auch niemanden groß interessieren, wie der Verfasser dieser Zeilen die Silvesternacht verbracht hat. Wenn er dazu trotzdem ein paar Zeilen verfassen muss, bittet er die verehrte Leserschaft also schon einmal vorweg um Nachsicht.
Also, zur Zeit ist ja „social distancing“ angesagt, und so blieb der Verfasser dieser Zeilen zu Hause und verbrachte Silvester allein mit der besten Ehefrau von allen und der familieneigenen Katze Paula, auf die später noch zurückzukommen sein wird. Das Abendessen, schon seit Jahren traditionell Sushi vom Japaner, war lecker, die Gattin durchaus ansehnlich gewandet, was sollte einem vergnüglichen Abend jetzt noch im Wege stehen? Die eigentliche Herausforderung bestand nur noch darin, den Rotweinkonsum zwischen Abendessen und Mitternacht so weit zu kontingentieren, dass gelegentlich des Jahreswechsels noch ohne Reue ein Pülleken Puffbrause genossen werden konnte.
Sechs Stunden zu überbrücken. Was macht man da? Alle unsere Hoffnung lag auf dem Fernsehprogramm. Zu gerne erinnerten wir uns an das letzte Silvester, wo das Programm am Ende noch richtig fetzig wurde und dessen geschätzte Gattin sowie den Verfasser dieser Zeilen am Ende bis morgens um 5 mit ABBA & Co. Party machen ließ. Dieses Jahr, unter Carola-Bedingungen, durfte man doch gewiß mit Recht erwarten, dass die Programmgestalter da noch mal einen Zahn zulegen.
Doch was war? Nichts dergleichen. Privatsender? Kannst Du voll vergessen. Irgendwie steuern bei den Privaten die Programmgestaltung Zombies aus einem Ministerium für Volksverblödung, das sich nach dem Untergang der DDR mit einer Handvoll untoter Staatssekretäre wundersamer Weise über die letzten drei Jahrzehnte bis in die Gegenwart hinübergerettet hat. Nach nur wenigen Minuten Durchzappen und kopfschüttelnder Betrachtung des Dargebotenen waren wir uns einig: Nee, das kommt ja nun gar nicht in Frage.
Dann eben doch was öffentlich-rechtliches. Doch auch hier erschwerte das Dargebotene unser Maßhalten beim Rotweinkonsum ganz ungeheuer. In Stichworten nahm der Abend etwa folgenden Verlauf: Fiesta Mexicana, hossa, hossa. Wenn ein Schiff vorüberfährt. Der Schlümpfe-Song. Himbeereis zum Frühstück. Ja, ich weiß, so habe ich früher auch mal ausgesehen. Apropos Aussehen: Sehr elegant aus der Affäre zog sich da die als Interview-Partnerin geladene Enie van der Meiklokjes. Sie behütete das Vorderteil ihres wallenden Rotschopfes mit einem Etwas, das man auf den ersten Blick für einen Kochtopfdeckel mit Glitzer halten musste. Zeitloser geht es nicht.
Leider blieb es den ganzen Abend so: Zu der Phantasie besagter Frau van der Meiklokjes bei der Wahl ihrer Kopfbedeckung blieb die öffentlich-rechtliche Programmgestaltung in diametralem Gegensatz. Ganz offenkundig hatte man sich dort aus Gnatz über die kürzlich durchgefallene Rundfunkgebührenerhöhung vorgenommen, die akute Schwächung der Volksmentalität durch Carola schamlos auszunutzen und das deutsche Volk mit dem Fernsehprogramm der Silvesternacht endgültig in den Wahnsinn zu treiben.
Das gelingt nun einmal am besten mit den Schlagern der 1970er. Ein Festival der Liebe. Der inzwischen das Rentenalter erreicht habende Verfasser dieser Zeilen war gerade im 1. Lehrjahr, als Jürgen Marcus das 1975 herausbrachte. Fast noch fabrikneu war dagegen Karel Gott mit seiner Babicka. Pferde stehlen, Äpfel schälen. Dieses Kleinod deutschsprachiger Dichtkunst kam erst 1981 heraus. Und dazu immer noch die Original-Clips von damals. Ja, so habe ich früher auch mal ausgesehen. Ich weiß, das habe ich im vorvorigen Absatz schon mal gesagt. Doch Sie werden mir beim abendlichen Blick in das Fernsehgerät vorbehaltlos bestätigen, verehrter Leser: Wiederholungen sind derzeit aber so was von im Trend …
Die einzige, die die kürzliche Silvesternacht ohne Schaden an Geist, Seele und Leber überstanden zu haben scheint ist die familieneigene Katze Paula. Die hat die ganze Zeit zwischen Abendessen und Jahreswechsel einfach nur auf ihrem saisonal existierenden Lieblingsplatz unter dem Weihnachtsbaum gepennt. Ein beneidenswertes Leberwesen.
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