Gefährdet Wolfenbüttel die Finanzmarktstabilität?

Im Zwischenbericht zum 1. Halbjahr 2015 hatten wir vor knapp einem Jahr berichtet, daß wir in aussichtsreichen Verhandlungen mit der Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg gestanden hatten wegen der Finanzierung der CS Realwerte AG. Der Kreditvertrag war bereits in allen Details ausgehandelt, doch plötzlich und ohne jede Erklärung zog sich die Volksbank aus dem Projekt zurück. Wir waren ratlos.

Inzwischen wissen wir, warum: Die Ursache liegt in der Übertragung der damals noch von der Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere direkt gehaltenen Immobilien-Fondsanteile an ihre neue Tochtergesellschaft CS Realwerte AG, in der die Sparte OIF verselbständigt worden war. Um den Vorgang so transparent wie möglich zu gestalten, hatten wir in gutem Glauben die Anteile zu den aktuell gestellten marktkonformen Kursen über die Börse von der einen an die andere Firma verkauft.

Das aber rief die BAFin auf den Plan: Eine enge und so vom Gesetzgeber gewiß nicht gewollte Auslegung der Vorschriften durch den zuständigen Sachbearbeiter sah in diesem Vorgehen eine Marktmanipulation. Zwar war durch unsere internen Verkäufe zu marktüblichen Preisen von der einen an die andere Firma niemand zu irgendeinem Schaden gekommen, und kein Außenstehender auch nur mit einem einzigen Euro involviert, und es hat die Finanzwelt ganz bestimmt auch nicht im geringsten gekratzt, aber die BAFin argumentierte: Durch diese in bestem Glauben gemachten Transaktionen wurden an der Börse Umsätze gezeigt, die es so sonst nicht gegeben hätte. Und das sendete ja ein falsches Signal an die Märkte bezüglich Liquidität und Handelbarkeit der betreffenden Werte. Also Marktmanipulation.

Nachdem alle großen Probleme vergangener Finanzkrisen scheinbar restlos abgearbeitet sind und die Finanzmarktüberwacher deshalb anderweitig nichts Sinnvolles mehr zu tun haben, richtete sich deren Augenmerk deshalb auf einen unbescholtenen Einwohner des niedersächsischen Landkreises Wolfenbüttel.

Die geballte Staatsmacht setzte sich in Bewegung: Die Handelsüberwachungsstellen der Börsen Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart und Berlin übermittelten ihre Erkenntnisse an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, diese ließ sich von sämtlichen mit uns zusammenarbeitenden Banken sämtliche Transaktionsdaten des Jahres 2014 zu allen Depots geben, die auch nur halbwegs mit einem Herrn Benecke in Verbindung gebracht werden konnten und verfaßte dann einen rund 100-seitigen von unhaltbaren Verdächtigungen und Verleumdungen nur so strotzenden Bericht für die Staatsanwaltschaft Berlin.

Darüber erschrak sich die Volksbank eG Braunschweig Wolfsburg so sehr, daß sie die laufenden und auf der Zielgerade befindlichen Kreditverhandlungen kommentarlos abbrach. Warum, sagte sie uns damals nicht, denn sie war von der BAFin zu absolutem Stillschweigen vergattert worden.

Die Staatsanwaltschaft Berlin setzte nun das Landeskriminalamt Berlin in Marsch, und das LKA bediente sich, wie amtsüblich, der Mithilfe der örtlichen Polizeidienststelle, in diesem Fall der Polizeiinspektion Salzgitter-Peine-Wolfenbüttel. Dort wurde besagter Benecke also im Januar 2016 vorgeladen und durfte seine Sicht der Dinge schildern. Und ahnte jetzt auch endlich, warum sich die Banken in den Monaten zuvor teilweise komisch benommen hatten.

Es war in diesem Moment wenig tröstlich, von einem freundlichen und lebensklugen Kommissar in Salzgitter zu erfahren, daß er bei Lektüre der Ermittlungsakten mehrfach kräftig gähnen musste und eigentlich auch nicht richtig verstünde, was der Herr Benecke denn Schlimmes angestellt haben sollte und warum hier überhaupt so ein Aufriß veranstaltet würde.

Schließlich kam es dann, wie es nicht anders kommen konnte: Nachdem sich keinerlei schuldhaftes Verhalten nachweisen ließ, wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Berlin am 25.04.2016 endgültig eingestellt. Der Schaden durch die gedankenlosen Trampel der BAFin allerdings war längst angerichtet, und wenn wir nicht Gott sei Dank Alternativen gefunden hätten, hätte es auch noch schlimmer kommen können. Und all das geschah ohne jeden wirklichen Grund, sondern nur, weil ein übereifriger und schießwütiger BAFin-Mitarbeiter offenbar Langeweile hatte und sich deshalb monatelang mit solchem für die Finanzmarktstabilität nun wirklich belanglosem Schwachsinn beschäftigte.

Unsere schon bisher nicht schmeichelhaften Erkenntnisse über Effizienz, Sinnhaftigkeit und intellektuelle Fähigkeiten der BAFin haben in den letzten Monaten wesentliche Ergänzungen erfahren. Für uns als Finanzhistoriker stand sowieso schon immer fest: Egal, wie viel regulatorische Energie man vorher investiert, die nächste Finanzkrise kommt trotzdem genau so sicher wie das Amen in der Kirche. Neu ist die Erkenntnis, daß die nächste Krise nicht trotz, sondern wegen der segensreichen Aktivitäten der BAFin passieren könnte, die offenkundig durchaus befähigt ist, in ihrer grenzenlosen Engstirnigkeit und Dummheit alles noch zu verschlimmbösern.

Aber, Ende gut – alles gut: Seit letzter Woche redet die Volksbank wieder mit uns.

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