Fettes Brot
Als der KanAm grundinvest vor gut 2 1/2 Jahren seine letzte Immobilie verkaufte, das frühere Robecohuis (heute: Allianz Tower) in Rotterdam, kamen wir aus dem Staunen kaum heraus.
Nach dem Auszug des alleinigen Mieters Robeco im Jahr 2016 hatte das Objekt lange leer gestanden und wurde mehrfach weiter abgewertet, bis 2018 dann nur noch 29,2 Mio. EUR Verkehrswert in den Büchern des KanAm grundinvest standen – kaum mehr als ein Drittel der 80,7 Mio. EUR, die man Robeco im Jahr 2007 beim früheren Sale-and-Lease-Back des zu der Zeit 16 Jahre alten schwarzschimmernden Hochhauses mal bezahlt hatte.
Aber das Fondsmanagement kämpfte und versuchte, dem Robecohuis mitten in Rotterdam neues Leben einzuhauchen. Mit Erfolg. Mit dem niederländischen Zweig der ALLIANZ-Versicherung fand sich 2019 ein neuer Generalmieter, für den man die Hütte allerdings erst einmal mit nicht unerheblichem Aufwand wieder auf Vordermann bringen musste.
Der Lohn der Mühe ließ sich Ende 2019 im niederländischen Grundkataster nachlesen. Zum großen Ärger der Fondsmanager nämlich ein öffentliches Register, in das gegen einen kleinen Obulus jeder reinschauen kann, also auch die neugierigen Pappnasen vom Rübenfeld.
Wie sich erst wesentlich später aus den obligatorischen KanAm-Berichten ergab, war das Robecohuis in den Büchern des Fonds bis Herbst 2020 vom Tiefststand 29,2 Mio. EUR schon wieder auf 58,5 Mio. EUR hochgewertet worden. Aber das war’s noch gar nicht: Laut niederländischem Grundkataster ließ sich der französische Vermögensverwaltungsgigant Amundi im Nov. 2019 den Erwerb des wieder zum Prestigeobjekt gewandelten Robecohuis / ALLIANZ Tower nicht weniger als 86,5 Mio. EUR kosten.
Nur: Was im Zusammenhang mit Neuvermietung, Umbau und letztlich Verkauf des Robecohuis auf Fondsebene gebucht wurde, das blieb auch für den Verfasser dieser Zeilen, der sich wahrlich nicht für ganz dumm hält, eine absolute „Black Box“ und veranlasste ihn nach Lektüre des Abwicklungsberichts 2019/20 am 2.10.2020 an dieser Stelle zu der Bemerkung: „Wenngleich natürlich das Fragezeichen auf der Stirn bleibt, weshalb bei einem Verkehrswert von zuletzt 58,5 Mio. EUR der Verkauf des Robecohuis für 86,5 Mio. EUR … in der Ertrags- und Aufwandsrechnung des Fonds einen realisierten Veräußerungsverlust von 28,5 Mio. EUR bewirken kann.“
Weiter resümmierten wir damals angesichts einiger kaum nachzuvollziehenden Berichtszahlen: „Man darf wahrscheinlich davon ausgehen, daß hier neue stille Reserven gebildet wurden, mit denen KanAm künftig negative Bewertungseinflüsse weiterhin kompensieren kann, um am Ende des Jahres trotzdem ein positives Anlageergebnis ausweisen zu können.“
Wenig später erhielten wir damals Post vom Chef der KanAm-Rechtsabteilung. Wir wurden aufgefordert, die in diesem Zusammenhang angestellten Mutmaßungen zu unterlassen und unsere Gedanken gefälligst schon gar nicht öffentlich zu verbreiten. Die email war so aggressiv formuliert, für einen Justitiar nun wahrlich vollkommen unprofessionell, daß die wütende Reaktion eigentlich nur einen Schluß erlaubte: Wir hatten in’s Schwarze getroffen.
Also gingen wir die ganze Zeit davon aus, daß sich die damals erstaunlicher Weise erst einmal weitgehend ausgebliebenen positiven Auswirkungen des Robecohuis-Verkaufes beim KanAm grundinvest irgendwann doch noch zeigen müssten. Ein lange durch die Fondsbuchführung geisterndes Benelux-Treuhandkonto bestärkte uns nur noch in dieser Annahme.
Heute, am 30.06.2023, ist für den KanAm grundinvest mal wieder Abschlußstichtag. Zugleich ist heute der Rücknahmewert des KanAm grundinvest (also der Net Asset Value) von 2,36 EUR/Anteil auf 2,50 EUR gestiegen. Das sind als absoluter Betrag gut 10 Mio. EUR, also ziemlich genau der Betrag, der uns nach dem Robecohuis-Verkauf zunächst auf unerklärliche Weise Richtung Stille Reserven abhanden gekommen schien.
Ende September wird M. M. Warburg für den KanAm grundinvest den Abwicklungsbericht per 30.06.2023 dann ja veröffentlichen müssen. Mal sehen, ob wir nach dessen Lektüre schlauer sind.
Inzwischen aber freuen wir uns mit unseren Aktionären erst einmal über die Tatsache, daß unser Vermögen am heutigen Tag wie von Geisterhand gesteuert wieder mal um rd. 800.000 EUR größer geworden ist.
Übrigens: Bereinigt um alle Ausschüttungen der vergangenen Jahre hatte der Rücknahmewert des KanAm grundinvest mit 2,37 EUR im März 2012 seinen Höchststand während der Lebensdauer des Fonds erreicht. Durch den heutigen Anstieg wurde dieser nun erstmals übertroffen. Auf gut Deutsch heisst das: Unter allen Immobilienfonds, die die letzte große Finanzkrise in die Auflösung getrieben hatte, ist der KanAm grundinvest der einzige, bei dessen Liquidation Anleger keinen cent verloren haben. Chapeau. Es gibt auch welche, bei denen am Ende mehr als 50 % des seinerzeit auf dem Papier gezeigten Ursprungsvermögens durch den Schornstein gingen.
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