Ordnung und Unordnung
Dem ein oder anderen in unserer geneigten Leserschaft wird bekannt sein, daß der Verfasser dieser Zeilen sein Brot eigentlich als Müllmann am Ende der Nahrungskette der Finanzmärkte verdient. Er handelt mit seiner Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere (www.aktiensammler.de) seit 36 Jahren mit Historischen Wertpapieren (HWP), also Zeugnissen der Finanzgeschichte wie Aktienurkunden oder Schuldverschreibungen, deren Erschaffer im realen Wirtschaftsleben aus unterschiedlichen Gründen meist nicht überlebt haben.
Um die Jahrtausendwende, als es auch noch eine größere Zahl HWP-Händler in den USA gab, entwickelte sich eine besondere Mode: Die Kollegen brachten zu den Tauschbörsen in Europa Aktienurkunden bekannter und noch bestehender Firmen mit. Anders als in Europa nämlich werden in den USA, und zwar bis heute, Aktienurkunden nach jeder Transaktion physisch als Namenspapiere neu ausgefertigt.
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Da gab es natürlich Aktien, die so ein bißchen Kultcharakter hatten: Microsoft z.B., oder auch ebay, Apple Computer oder die opulent farbig gedruckten Urkunden der damals hippen Hollywood-Star-Restaurant-Kette Planet Hollywood. Ein weiteres interessantes Feld waren Aktienurkunden hiesiger Aktiengesellschaften, die bei uns gar nicht mehr physisch gedruckt wurden, sondern die es überhaupt nur als ADR, also „American Depository Receipt“-Zertifikate gibt. Die Aktien der Deutsche Telekom AG sind da ein besonders prägnantes Beispiel.
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Die Modewelle mit den echten Aktienurkunden nahm zeitweise so viel Fahrt auf, daß sich im Umfeld der US-Börsen sogar Spezialfirmen wie Oneshare.com etablierten, die sich gegen geringe Gebühr anheischig machten, den Kunden auf Wunsch von sämtlichen in den USA börsennotierten Firmen Aktienurkunden als Einer-Stücke zu verschaffen. Am Ende ist es ja für uns auch völlig egal, womit wir in unserem HWP-Geschäft Umsatz machen – Hauptsache wir machen Umsatz.
Ausgewählte gültige Aktien aus Deutschland spielten da ebenfalls eine Rolle. So wird es auch niemanden groß überraschen, daß unser in der ganzen Firmengeschichte bestverkaufter Artikel mit bis heute 3.062 Stück die Beate-Uhse-Aktienurkunde ist. Das war allerdings die „einfache“ Urkunde für eine Aktie. Was wir unseren Lesern heute als ganz exclusives Schmankerl anbieten können, die Sammelurkunde über 20 Aktien, ist dagegen eine riesige Seltenheit: Im normalen Börsenleben der Beate Uhse AG war die zu den anfänglichen hohen Kursen nämlich noch unbezahlbar.
Mit Faksimile-Unterschrift von Beate Rotermund (1919-2001). Die Wk-2-Luftwaffenpilotin, die zuletzt den Rang eines Hauptmanns bekleidete, gründete 1951 in Flensburg ihr Erotik-Versandhaus „Beate Uhse“. 1962 eröffnete sie in Flensburg den allerersten Sex-Shop der ganzen Welt. Die bundesdeutsche Nachkriegs-Prüderie bedankte sich für die Aufklärungsarbeit mit bis zu ihrem Tod rund 2.000 Strafverfahren wegen Förderung der Unzucht etc. Exclusiv für unsere Leser zum Sonderpreis von 49,- € zu bekommen, formloser Auftrag per email an info@CSrealwerte.de genügt.
Aber zurück zu den ADR aus den USA. Wie gesagt, bei Aktien kennt das US-Recht gar keine Inhaberpapiere, ohne Ausnahme alles wird als Namensaktie ausgefertigt. Deshalb fanden wir es damals eine gute Idee, über Oneshare.com zum Vertrieb über unseren HWP-Versandhandel 100 einzelne ADR-Aktienurkunden der Deutsche Telekom AG zu beschaffen. Natürlich lauteten diese Urkunden dann auf den Namen des Wertpapierantiquariats Benecke & Rehse.
Fast alle haben wir inzwischen längst verkauft. Die Käufer hängten die Urkunde meist eingerahmt an ihre Bürowand, oder wollten sie einfach nur verschenken. Deshalb und weil da der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde kam auch nie jemand auf die Idee, unsere Urkunden bei der US-amerikanischen Abwicklungsbank in New York zur Umschreibung einzureichen. In den Aktionärsverzeichnissen steht bei denen deshalb bis heute das Wertpapierantiquariat Benecke & Rehse als Aktionär. Und bekommt seit fast einem viertel Jahrhundert jedes Jahr in Form eines US-Dollar-Schecks die Telekom-Dividenden.
Das schlug vor vielen Jahren sogar mal Wellen bis in den Telekom-Vorstand. Die Dividendenschecks lauteten in unserem Fall über keine besonders großen Beträge. Also wurden sie oft gesammelt, und erst bei der Bank eingereicht, wenn wir mindestens mal eine Handvoll Dollar-Schecks zusammen hatten. Eines Tages wurde uns dann ein Telekom-Dividenden-Scheck zurückbelastet. Die 6-monatige Vorlagefrist sei abgelaufen (von der aber damals noch nirgends etwas geschrieben stand; heute, und zwar wegen uns, allerdings schon). Flugs schrieb der Verfasser dieser Zeilen einen seiner bekannt launischen Briefe an den Vorstand der Deutsche Telekom AG und gab seiner Besorgnis über die Liquiditätslage der Gesellschaft Ausdruck, die scheinbar so angespannt war, daß man den Deppen auf dem Rübenfeld nicht mal mehr ein paar lumpige hundert Dollar Dividende zahlen konnte.
Nicht alle dieser bekannt launischen Briefe wurden in der Vergangenheit von ihren Empfängern goutiert. In diesem Fall aber doch, die Herrschaften von der Telekom hatten Humor. Sie überwiesen nicht nur flugs den in Rede stehenden Betrag, sondern ließen dem Verfasser dieser Zeilen kurze Zeit später auch noch ein Pülleken Puffbrause zukommen, begleitet von einem sehr netten Brief. Und aus einem längeren Telefonat mit dem Vorstandsassistenten erfuhren wir dann, daß der Vorgang in Bonn mächtig Wirbel ausgelöst hatte.
Erst dadurch wurde die Telekom nämlich gewahr, daß sich die Abwicklungsbank in New York sehr wohl für sämtliche von ihr in American Depositary Receipts gekleidete Telekom-Aktien die Dividende überweisen ließ – aber was war mit den Beträgen, wo Schecks gar nicht eingereicht wurden oder wo die Bank unter Verweis auf eine angeblich abgelaufene Vorlegungsfrist die Auszahlung verweigerte? Erst durch unser Monitum erfuhr die Telekom: Nicht abgeforderte Dividenden schickte die US-Bank nicht etwa nach Bonn zurück, sondern steckte sich das Geld ganz einfach in die eigene Tasche.
Wie gesagt, das ist alles schon eine ganze Weile her. Doch vor ein paar Wochen bekamen wir wieder mal Post aus den USA. Es ging um unsere in American Depository Receipts gekleidete Telekom-Aktien. Zwischen den Zeilen entnahm man dem Brief: Irgendwie sei der Kerl aus Deutschland mit seinen seit fast einem Vierteljahrhundert nicht mehr bewegten Urkunden den Herrschaften jetzt doch ein wenig lästig. Gerne wolle man die Sache ein für allemal bereinigen und biete sich deshalb an, unsere Telekom-Aktien einfach an der New Yorker Börse zu verkaufen. Damit das endlich mal aus den Büchern ist.
Eigentlich hätte man das gleich in die Ablage P getan, schließlich besitzen wir die Urkunden bis auf einen kleinen Rest ja schon seit vielen Jahren nicht mehr. Aber das Angebot war einfach zu verlockend: Gegen Zahlung einer Versicherungsprämie von 20 % würde man besagte 100 Telekom-Aktien für uns auch dann verkaufen, wenn wir die ADR-Urkunden gar nicht mehr beibringen könnten. Diese Variante haben wir dann mal angekreuzt. Heute hatten wir einen als a.o. Ertrag zu verbuchenden Scheck über 1.691,80 US-Dollar in der Post.
„Lieber ungenau richtig als exakt falsch“, das ist in der Tat das Lieblings-Lebensmotto des Verfassers dieser Zeilen. Darunter könnte man die Sache dann auch ohne weiteres verbuchen, dieser Betrag ist schließlich für das Weltfinanzsystem noch viel weniger als eine Bagatelle. Und trotzdem treibt besagten Verfasser jetzt doch eine Frage in eine möglicher Weise schlaflose nächste Nacht: Klar kann man Abrechnungsfragen an der Börse auch mal mit dem dicken Daumen lösen. Doch bei welchen Beträgen hört denn an der Wall Street der dicke Daumen mal auf?
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