Zu schön um wahr zu sein …
„Ja, es gibt eine Ausschüttung für CS Euroreal im Dezember 2023. Laut einer Mitteilung von boerse.de vom 17.11.2023 wird eine Ausschüttung von 2,09 EUR/Anteil erfolgen. Die Ausschüttungshistorie des Fonds zeigt, dass in der Vergangenheit Ausschüttungen in der Regel im Dezember stattgefunden haben. Bitte beachte, dass die Ausschüttungshöhe und -termine in der Zukunft variieren können und dass ich keine Garantie für zukünftige Ausschüttungen geben kann.“
Diese Nachricht, die uns heute früh von unserem aufmerksamen Leser Heinz N. übermittelt wurde, ließ den Verfasser dieser Zeilen zunächst einmal ordentlich auf seinem Drehstuhl rotieren. 2,09 EUR/Anteil – das entspräche ja dem aktuellen Börsenkurs – und wäre ein krachender gamechanger für das ganze Investmentthema „abwickelnde Offene Immobilienfonds“.
Fast wäre da gleich eine Eilmeldung an unseren Aufsichtsrat rausgegangen. Bis ich begriff, was wirklich Sache ist, dauerte es eine knappe Stunde und ein Telefonat mit einem lieben Kollegen (der früher mal Finanzredakteur war). Der klärte den Dummbeutel vom Rübenfeld erst mal darüber auf, daß inzwischen Unmengen von in Börseninformationsdiensten verbreiteten Nachrichten KI-generiert sind.
Nun verstand der Verfasser dieser Zeilen endlich, was Heinz N. mit seiner Zuschrift in Wirklichkeit bezweckte: Eine Steilvorlage für genau diesen heutigen Beitrag. Denn die anfangs zitierte Meldung wurde in einer Microsoft-Anwendung von chatGPT generiert, nachdem Herr N. das tumbe Blechgehirn nach der nächsten CS-Euroreal-Ausschüttung gefragt hatte. Die Antwort hört sich völlig plausibel an, tatsächlich aber produziert chatGPT nichts weiter als eine völlig beliebige Aneinanderreihung zufällig gefundener Informationen. Ohne daß die dämliche Maschine beim Ausspucken der Antwort merkt, daß der durchaus bedeutsame Unterschied zwischen Ausschüttungsbetrag (nach dem gefragt war) und Börsenkurs (wie am 17.11. auf der Seite von boerse.de veröffentlicht) die chatGBT-Antwort im Ergebnis vollkommen blödsinnig macht.
Nebenbei ist damit auch nachgewiesen, daß chatGPT bei der von ihm zum Besten gegebenen gequirlten Scheiße trotz gigantischer umweltzerstörender Rechnerleistung nicht in der Lage ist, eine ganz offenkundige Unlogik der von der Maschine erteilten Auskunft zu erkennen, die für jeden Menschen selbst bei nur flüchtiger Betrachtung sofort klar auf der Hand liegt.
Hätte ich’s am Ende aber geglaubt und mir auf die Schnelle ein paar Millionen zusamengepumpt, um vom CS Euroreal zu kaufen was ich nur kriegen kann, dann hätte mich das äußersten Falls ruinieren können.
So bleibt nur das Fazit: Leute, die tatsächlich glauben, in KI läge auch nur ein kleiner Teil der Zukunft der Menschheit, unterscheiden sich in ihrem Fehlurteil kaum von damaligen Zeitgenossen wie August dem Starken, die in irgendwelchen dunklen Verliesen zur künstlichen Herstellung von Gold experimentieren ließen. Allzu leichtgläubige Fortschrittsfanatiker jedweder Couleur wollen bitte als Tatsache in Erwägung ziehen: Intelligenz läßt sich ebenso wenig wie Gold künstlich herstellen.
Wer etwas anderes glauben möchte, dem werden die Böttgers der Jetztzeit am Ende doch nur digitales Porzellan liefern können. Vielleicht auch ganz nützlich, aber eben nicht das was man eigentlich haben wollte.
KI mag unvorstellbare Mengen von Daten und Wissen auswerten und in Beziehung zueinander setzen können. Die zweite wesentliche Komponente, die am Ende Intelligenz ausmacht, wird KI dagegen niemals beherrschen: Logik. Von KI generierte zutreffende Ergebnisse, die heute oft so euphorisch beklatscht werden, können aus genau diesem Grund immer nur zufällig richtig sein. Eine unbedingte Garantie für die Richtigkeit wird KI aber auch in Zukunft niemals geben können. Denn die Maschine weiß wegen der ihr abgehenden Logikfähigkeit ja selber nicht, ob sie zufällig richtig liegt oder ob sie gerade Unsinn erzählt hat. Sogenannte KI wird deshalb immer nur ein Wissenselefant auf völlig tönernen Logikfüssen bleiben, keinen Deut weniger fehlbar als der gewöhnliche Mensch.
Szenenwechsel. Der Verfasser dieser Zeilen suchte vorgestern die Gemeindeverwaltung auf, um einen neuen Paß zu beantragen. Schließlich möchte man demnächst mit der besten Ehefrau von allen mal wieder das dolce vita auf einem Kreuzfahrtschiff genießen. Von Angesicht zu Angesicht in der Amtsstube glaubte ich, dabei endlich ein vor geraumer Zeit aufgetretenes Problem lösen zu können: Bei meinen drei Vornamen Helmuth Arno Jörg ist nämlich in der Geburtsurkunde der Jörg als Rufname unterstrichen. Was mich über ein halbes Jahrhundert lang in dem Glauben durch die Welt laufen ließ, mein Name sei Jörg Benecke.
Auf besagtem Kreuzfahrtschiff kam dann vor ein paar Jahren der philippinische Kellner angerauscht, stellte mir den Gin Tonic auf den Tisch und schmetterte dabei mit dem freundlichsten Lächeln der Welt: „Your drink, Sir Helmuth!“ Aha. Es erklärte sich am Ende damit, daß auf dem Musikdampfer der Reisepaß inzwischen natürlich auch maschinengelesen wird. Und für die Maschine ist der Vorname halt der am Anfang. Aus unerfindlichen Gründen hatte meine inzwischen 98-jährige Mutter das im Jahr 1955 nicht bedacht, als sie mit der Namensgebung das Andenken ihrer beiden im Krieg gefallenen Brüder bewahren wollte.
Wirklich lustig ist das übrigens nicht. So hat der Verfasser dieser Zeilen seit mehr als einem Jahr ein Ordnungswidrigkeitsverfahren des Transparenzregisters am Hals. Der Vorwurf: Ein gewisser Helmuth Benecke versuche, seine wahre Identität zu verschleiern, indem er sich regelmäßig als Jörg Benecke ausgibt. Alle Bemühungen um Aufklärung fruchteten bisher nichts. Denn am anderen Ende des Kommunikationsprozesses generiert die mit schlimmsten Konsequenzen drohenden emails heutzutage natürlich auch eine gnadenlos dumme KI, die sich den Maßstäben des gesunden Menschenverstandes konsequent entzieht.
Man darf übrigens nicht mal mehr den Bevölkerungsstatistiken trauen. Den Verfasser dieser Zeilen zum Beispiel gibt es inzwischen ganz offiziell zwei Mal. Wenn Sie sich den Spaß machen eine Creditreform Consumer-Auskunft einzuholen, dann werden Sie sowohl den Jörg Benecke wie auch den Helmuth Benecke finden – mit ansonsten ganz identischen Daten.
Die Hoffnung, das Problem mit dem neuen Reisepaß lösen zu können, zerstob allerdings. Da könne man nichts machen, erfuhr ich von dem freundlichen Herrn Vogt in der Gemeindeverwaltung. Er müsse zwingend die Daten ganz genau so eingeben wie sie in meiner Geburtsurkunde stehen. Dabei so wie früher einen Rufnamen durch Unterstreichung kennzeichnen, das gäben die Computersysteme der Verwaltung heute nicht mehr her und deshalb habe es der Gesetzgeber schon 2010 abgeschafft. Er könne ja auch nichts dafür, doch die Antwort auf die Frage, wer ich nun wirklich sei, müsse er mir leider schuldig bleiben.
Dank der „Segnungen“ der wunderbaren neuen Zeit, in der KI nichts als allgemeine Verblödung erzeugt, wird meine wahre Identität bis zum Ende meiner Tage wohl auch nicht mehr zweifelsfrei zu klären sein. Und sollte die beste Ehefrau von allen am Schluß auf die Schnapsidee kommen, auf meinen Grabstein „Jörg Benecke“ meißeln zu lassen: Wird dann die im Behördenauftrag tätige KI in unerbittlicher deutscher Gründlichkeit aller Verwaltungsabläufe von ihr verlangen, diese posthum fortfauernde Verschleierung meiner Identität gefälligst zu unterlassen?
Categories: Neuigkeiten