Absurdistan III
Pünktlich zum 4. Advent kommt noch mal eine Geschichte aus dem wirklichen Leben. Worum könnte es dabei anders gehen als Regulatorik an den Finanzmärkten?
Also, in einem seltenen Anflug von Großzügigkeit wollte unsere Muttergesellschaft, die Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere, demnächst nach vielen Jahren Unterbrechung mal wieder eine Dividende zahlen.
Dazu braucht man, was kein menschliches Wesen mit entsprechendem Fachwissen wirklich wundern kann, bei der als Zahlstelle fungierenden Bank ein Dotationskonto, auf dem der sodann an die Aktionäre weiter zu verteilende Betrag bereit gestellt wird.
Diese Frage beschäftigt den Verfasser dieser Zeilen schon seit einigen Tagen. Und zwar, weil eine Bank heute ja nur noch ein Konto eröffnen darf, wenn sie den wirtschaftlich Berechtigten genau identifiziert hat. So weit, so gut. Das ist bei uns auch nicht wirklich schwer, denn die Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere gehört zu 49 % einer Valeur & Vignette GmbH, und deren Gesellschafter wiederum sind zu 50 % die Eheleute Manuela und Jörg Benecke. Das war auch nie ein Geheimnis.
Nun haben wir in deutscher Gründlichkeit aber seit ein paar Jahren das Transparenzregister, in dem die Beteiligungsverhältnisse unabhängig vom Handelsregister ein weiteres Mal offen zu legen sind. Und nach den geltenden Regeln ist, jedenfalls wie wir es bisher verstanden haben, wirtschaftlich Berechtigter ein jeder, der mehr als 25 % der Anteile und/oder Stimmrechte an einer Kapitalgesellschaft hält.
Folglich ist die Beteiligungs-Kaskade > Valeur & Vignette hält 49 % der AG Hist und > Eheleute Benecke halten je 50 % der Valeur & Vignette genau so beim Transparenzregister gemeldet.
Und nun kommt unsere Zahlstelle und sagt, nach ihrem Verständnis und nach dem, was die BAFin zum Thema „know your customer“ an Direktiven herausgegeben habe, sei ein wirtschaftlich Berechtigter erst bei einem Anteil > 50 % namentlich meldepflichtig. Deshalb sei in unserem Fall nur der Vorstand als fiktiver wirtschaftlich Berechtigter dem Transparenzregister zu melden.
Jawohl. Das hatten wir auch mal so gemacht. Und haben dann vom Transparenzregister voll einen mit der Bratsche bekommen, gleich mal mit Eröffnung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens und Bußgeldandrohung, das volle Programm. Weil unsere Meldung angeblich falsch bzw. unvollständig sei. Also haben wir’s dann wie oben geschildert geändert.
Nun haben wir die paradoxe Situation: Nach Auffassung unserer Bank ist die Meldung zum Transparenzregister falsch. Falsch in dem Sinne, daß wir mehr Details offengelegt haben als wir hätten offenlegen müssen. Und deshalb wird die Bank dem Transparenzregister entsprechende Anzeige machen.
Wir werden Sie über den Fortgang auf dem Laufenden halten. Ach, und übrigens, liebe Aktionäre der Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere: Wenn die Dividenden-Gutschrift am 29.12. dann doch nicht kommen sollte, wissen Sie jetzt schon mal, warum …
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