Wer den Pfennig nicht ehrt ist des Thalers nicht wert

Jahrelang hatte der Rücknahmewert, sprich der Nettoinventarwert (neudeutsch: Net Asset Value) des CS Euroreal nur eine Richtung gekannt: Südwärts. Besonders übel wurde es im Jahr 2019, als hier in Folge der ziemlich katastrophal verlaufenen Verkäufe der letzten drei Immobilien des Fonds in nur einem Jahr 15 % des verbliebenen Nettoinventarwertes „zersägt“ wurden. Sich von diesem Schlag bei unserer Position zu erholen hat uns mehrere Jahre gekostet. Und auch danach ging es in Trippelschritten immer weiter runter. Keine Einnahmen mehr, aber die Verwaltungskosten liefen weiter.

Ende Januar 2023 ist der Rücknahmewert dann von 2,94 auf 2,95 EUR gestiegen. Ende Mai weiter von 2,95 EUR auf 2,96 EUR. Scheinbar werfen die großen Bankguthaben des Fonds jetzt endlich mal wieder Zinserträge ab. Wundern würde es uns nicht: Es ist mehr als auffällig, wie seit einigen Wochen große Banken bei uns ganz offensiv um Festgelder werben, wobei Zinsen mit einer Drei vor dem Komma absolut selbstverständlich sind – auch wenn man Geld nur für 1-2 Wochen übrig hätte.

Warum erzählt er uns das, wird sich die geneigte Leserschaft jetzt fragen. 1 cent Anstieg im NAV, das ist doch wirklich keine Sensation. Doch da kommt dann die Mathematik in’s Spiel: Alle vier Monate 1 cent NAV-Anstieg sind für uns bei der Größe unserer Position dann eben doch über 200.000 EUR im Jahr – die wir über die Kapitalrückzahlungen hinaus künftig als zusätzliche Ertragsausschüttung zu erwarten hätten.

Letztes Jahr standen wir vor dem Abgrund

In grauer Vorzeit fungierte der Verfasser dieser Zeilen auch mal als Leiter der Finanzabteilung eines großen Braunschweiger Maschinen- und Anlagenbau-Unternehmens. Eine seiner Marotten war es damals, Sprüche, die ihm besonders gut gefielen, kalligraphiert einzurahmen und an die Bürowand zu hängen.

Aber langsam und der Reihe nach. Heute brachte das „Handelsblatt“ einen 2-Seiter „Finanzstabilität: Neue Warnsignale vom europäischen Immobilienmarkt“. Als Aufmacher lesen wir: „Wer in diesen Tagen Aufseher und Banker nach den größten Risiken für die Finanzstabilität fragt, der bekommt häufig eine Antwort: Gewerbeimmobilien.“

Das verwundert kaum. Außer in Brüssel, wo die Werte mit 4,3 % p.a. pari liegen, sind in allen großen europäischen Büroimmobilien-Märkten die Refinanzierungskosten im Augenblick höher als die Mietrenditen für Büroflächen in 1A-Lagen. Das ist kein gesunder Zustand. Und da in dieser Phase des Zyklus weder ein erneuter Anstieg der Büromieten wahrscheinlich ist noch ein baldiger Zinsrückgang, gibt es für die Auflösung dieses Dilemmas nur eine Lösung: Die Preise für Gewerbeimmobilien müssen sinken. Das wiederum reisst tiefe Löcher in die Bilanzen von Immobilieninvestoren, aber auch Immobilienfonds, jedenfalls wenn sie (was leider die allermeisten tun) Mickey-Mouse-Bilanzen nach IFRS erstellen. Das wiederum alarmiert die finanzierenden Banken. Das wiederum provoziert eine ganze Reihe von Notverkäufen. Und das drückt schließlich weiter auf das Preisniveau. Ein Teufelskreis, wie in jedem Zyklus bisher.

Savills, eine feste Grösse im europäischen Immobiliengeschäft, veröffentlichte zum Thema „Preisanpassungen bei Gewerbeimmobilien“ kürzlich die ausgesprochen prägnante Studie „EME Office Value Analysis Q1 2023“. Demnach haben die wichtigsten Märkte seit dem Höhepunkt des letzten Zyklus zur Jahreswende 2021/22 bisher wie folgt korrigiert:

Hätten Sie gedacht, daß Gewerbeimmobilien in fünf großen deutschen Teilmärkten, nämlich Berlin, Frankfurt/Main, München, Hamburg und Köln binnen dieses einen Jahres bereits um über 30 % im Wert korrigiert haben? Uns jedenfalls hat das ganz schön überrascht. Es war übrigens die schnellste Korrektur, die man bisher jemals in einem Zyklus gesehen hatte. In allen vorangegangenen Zyklen dauerte das mindestens doppelt so lange.
Also bereits wieder Entwarnung? Für London-City, Amsterdam, Oslo und die größeren deutschen Teilmärkte sieht Savills das so. Für die übrigen europäischen Regionen erwartet man, übrigens bereits für Q2 2023, folgende Korrekturen, um im Bereich einer fairen Bewertung anzukommen:

 

Über alles gesehen, so glaubt Savills, haben wir zwei Drittel der notwendigen Korrekturen in diesem Zyklus bereits hinter uns. Doch diese Sicht der Dinge hält der Verfasser dieser Zeilen für zu optimistisch.

Erstens: Es reicht nicht, den Bereich der fairen Berwertungen zu erreichen. So, wie auf einem zyklischen Hoch preislich nach oben übertrieben wird, kommt es im Abschwung, auch getrieben durch Notverkäufe, zu teils deutlichen Übertreibungen nach unten. Insofern halten wir es für eine gewagte Annahme, daß das ausgerechnet in diesem Zyklus ausbleiben soll.

Zweitens erwartet Savills schon in Kürze ein Ansteigen der Büromieten. Jedoch trifft ein durch Projektfertigstellungen immer noch steigendes Angebot von Top-Flächen auf eine Nachfrage, die man angesichts grundsätzlicher Trendumkehrungen wie z.B. Homeoffice und durchaus verhaltener Konjunkturprognosen kaum als prospektiv überschäumend bezeichnen kann.

Drittens unterstellt Savills, daß der Zinshöhepunkt in Europa bereits in H1 2023 mit 4 % erreicht wird und daß die Zinsen dann wieder auf 3 % in 2024 und 2 % in 2025 fallen würden. Das wiederum werde die Investoren-Nachfrage in kurzer Zeit wieder neu entfachen. Auch dieses Zins-Szenario ist unseres Erachtens eine eher gewagte Annahme. Weder glauben wir, daß schon in einigen Wochen das Ende der Fahnenstange erreicht ist, noch erwarten wir, daß sich die Zinsen schon kurz nach dem Zinshoch wieder deutlich zurückbilden werden.

Weiteres Ungemach droht unserer Ansicht nach mittelfristig durch die Staatsverschuldung. Die goldenen Jahre der Gratis-Schulden sind für die europäischen Nationalstaaten vorbei. Natürlich fressen sich steigende Zinsen wegen der teils ultralangen Anleihelaufzeiten nur langsam in die einzelnen Haushalte hinein. Aber wenn es nicht sehr bald zu einer sehr deutlichen erneuten Zinswende kommt (und wir sehen nicht, warum das passieren sollte), werden mindestens die am höchsten verschuldeten Staaten auf mittlere Sicht über 5 % ihrer Gesamthaushalte für Zinszahlungen aufzuwenden haben. Das wird nicht ohne Friktionen, möglicher Weise auch soziale Unruhen abgehen.

Die Schlußfolgerung von Savills, das Schlimmste läge bereits hinter uns, teilen wir deshalb nicht. Nach unserer Einschätzung sind Investoren gut beraten, an den Gewerbeimmobilien-Märkten noch in den nächsten ein, zwei Jahren äußerste Vorsicht walten zu lassen. Denn auch hier gilt schließlich die alte Börsenweisheit: Never try to catch a falling knife.

Damit ist der Verfasser dieser Zeilen endlich an dem Punkt, aus dem reichen Fundus sinnloser Sprüche, die vor mehr als 40 Jahren sein Büro zierten, die Überschrift zu vervollständigen:

Letztes Jahr standen wir vor dem Abgrund. Dieses Jahr gilt es, einen großen Schritt nach vorn zu machen.

Viel Lärm um nichts

Nur am Rande sei bei der Gelegenheit mal erwähnt, dass der Ölpreis heute wieder da ist wo er vor zwei Jahren auch war, und das ist sogar weniger als kurz vor Beginn des Ukraine-Krieges.

Ich sage das ganz bewußt im Gefolge des vorigen Beitrages, wo es um Risikobewertungen ging. Nahezu sieben Jahrzehnte Anwesenheit auf diesem Planeten haben den Verfasser dieser Zeilen gelehrt: Wenn die Welt, aus welchem Grunde auch immer, vollständig untergeht ist das grosse Scheisse aber dann auch nicht mehr zu ändern.

In allen anderen Fällen hilft das Motto: Abwarten und Tee trinken.

Zu viel Aktionismus schadet nur, das sei vor allem Herrn Habeck als wohlmeinender Ratschlag zum Wochenende zugerufen. Nur weil einige Berufsheulsusen von diversen Wirtschaftsverbänden nach Hilfe rufen, braucht man noch nicht an allen Ecken und Enden mit Hilfsprogrammen winken oder gar mit der Idee eines Industriestrompreises liebäugeln. Braucht die Wirtschaft alles nicht. Denn jetzt mal ganz grundsätzlich, wer sich nicht selbst zu helfen weiß hat in einer freien Marktwirtschaft am Markt eigentlich nichts zu suchen. Das hat man den Kalikumpeln in Mitteldeutschland nach der Wende ja auch knallhart erklärt. Und heute heulen die Berufsheulsusen (in der Mehrzahl übrigens Wessis) ja auch nicht, weil es der Wirtschaft schlecht ginge, sondern weil sie dafür bezahlt werden.

In dem Sinne: Ruhe bewahren! Die meisten Gespenster (siehe Ölpreis) lösen sich nach einiger Zeit sowieso wieder von alleine in Luft auf.

PS: Der Verfasser dieser Zeilen ist bekennender Betreiber einer Ölheizung. Und reibt sich jetzt natürlich die Hände.

Ich weiß nicht, ob Sie schon wussten …

Wir pflegen bekannter Maßen einen sehr offenen Umgang mit unseren Stakeholdern. Dazu gehört auch: Fast alles, was unserem Aufsichtsrat zu berichten ist, dürfen auch die Aktionäre erfahren. In dem Sinne also die Veröffentlichung der heutigen email des Vorstands an den Aufsichtsrat:

„Pflichtgemäß habe ich den Aufsichtsrat von einer nicht unwesentlichen Änderung unserer Risikoposition zu unterrichten:

Dem gestrigen Kontoauszug der HVB lag ein Informationsblatt über Änderungen beim Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. bei. Ich zitiere:

Dies sind die grundlegenden Änderungen:

Einlagen von finanziellen Unternehmen wie beispielsweise Investmentfonds, Versicherungen und Finanzinstituten sind seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr geschützt …

Das Thema hatte für uns bisher vor allem im Hinblick auf die Guthaben des KanAm grundinvest bei seiner Verwahrstelle M. M. Warburg Relevanz, wo ich regelmäßig geprüft hatte, inwieweit die Gelder dort über den Einlagensicherungsfonds abgedeckt waren. Waren sie bisher, jedenfalls zum ganz überwiegenden Teil.

Da das Vermögen aller unserer Fonds weitestgehend nur noch aus Bankguthaben besteht, müssen wir bei der Risikobewertung unserer Fondsanteile auch das theoretische Risiko betrachten, dass durch Insolvenz eines Instituts, bei dem ein Fonds Guthaben unterhält, ein Ausfall entstehen kann. Durch die gravierende neue Einschränkung des Einlagensicherungsfonds vergrössert sich dieses Risiko.

Grundsätzlich ist es nach InvG so, dass Fonds maximal 20 % ihres Vermögens bei einem Institut unterhalten dürfen. Dessen mögliche Insolvenz bedeutet dann ja auch nicht, dass alles weg ist, sondern dass unser anteiliges Vermögen quotal leidet. Sofern nur ein Institut betroffen ist, bedeutet das für uns materiell noch keinen Ausfall, sondern lediglich eine entsprechende Schrumpfung des unseren Anteilen innewohnenden Wertaufholungspotentials. Und wenn mehr als ein grosses Institut knattern geht brauchen wir über eine regelbare Risikosteuerung glaube ich ohnehin nicht mehr zu reden …“

Gehaltsverhandlungen

Im letzten Beitrag hatten wir schon darauf aufmerksam gemacht, daß mit dem INTER ImmoProfil wieder einmal ein offener Immobilienfonds in die Abwicklung geschickt wurde. Auch wenn der Verfasser dieser Zeilen wenig Neigung zeigt, mit neu dazukommenden Fonds die Aktivitätsphase der CS Realwerte AG noch weiter zu verlängern, hatte er sich doch pflichtgemäß mit diesem Fonds zu beschäftigen.

Obwohl von BNP Paribas bereits 1998 aufgelegt ist der Fonds immer ein Nischenprodukt geblieben, mit gerade einmal 126 Mio. EUR Fondsvolumen. Hinter der Verteilung der sechs Fondsimmobilien von Dresden über Finnland und Schottland bis Italien mag ein wohlmeinender Betrachter eine geschickte Risikostreuung erkennen, der Verfasser dieser Zeilen würde sie eher als bunt zusammengewürfelt bezeichnen.

Weshalb ich Ihnen heute zu dem Thema überhaupt schreibe? So klein und unbedeutend dieser Fonds auch ist, in ihm zeigen sich doch wie unter einem Mikroskop die generellen Probleme der Immobilienfondsbranche. Und gerade wegen der geringen Größe ist die Problemanalyse deutlich leichter als bei einem der „Dickschiffe“.

Auf den ersten Blick suggeriert die Statistik, daß der Fonds erfolgreich wirtschaftete, wenn auch nur mit eher mäßigen jahresdurchschnittlichen 3,4 % Anlageerfolg seit seiner Auflegung. Weshalb der Fonds jetzt „das Ende seines Lebenszyklus erreicht“ haben soll, was BNP Paribas als Begründung für seine Auflösung anführt, erschließt sich dem Betrachter erst einmal nicht. Immerhin 50 % der Mietverträge laufen noch länger als 5 Jahre und generieren trotz 18,9 % Leerstandsquote etwa 7 % p.a. Bruttomietrendite.

Erst der genauere Blick in die Zahlen offenbart das Problem: Von den 7 % p.a. Bruttomietrendite geht erst einmal die Hälfte drauf für Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten. Vom verbleibenden Rest verschwindet noch einmal die Hälfte für die mit 1,68 % üppige Kostenquote, deren weitaus größter Bestandteil wiederum die Vergütung der Fondsgesellschaft ist.

Die traurige Wahrheit offenbart sich nun langsam: Insgesamt erwirtschaftete der INTER ImmoProfil in den letzten vier Jahren ein Ergebnis nach Fondskosten von 13,1 %. Möglich war das aber nur, weil im letzten Immobilienboom auch die Verkehrswerte fröhlich immer weiter hochgeschrieben wurden: Im gleichen Zeitraum um 12,9 %. Will also heißen: Ohne Hochschreiben der Bewertungen hätte der Fonds selbst in den letzten goldenen Boomjahren nur ausgeglichen abgeschlossen.

Mit dem Hochschreiben ist es jetzt aber erst einmal vorbei. Schon deswegen hätte der Fonds künftig keine ausschüttungsfähigen Ergebnisse mehr erwirtschaften können. Und nur zwei Objekte sind voll vermietet, eines ist mit 10 % Leerstandsquote noch im grünen Bereich, aber mit 25 % bzw. zwei Mal 50 % Leerstand ist die andere Hälfte des Portfolios ein klarer Problemfall. BNP Paribas weiß natürlich: In Kürze wären ihnen hier die Hosen runtergerutscht, und das staunende anlagesuchende Publikum hätte den Kaiser ohne Kleider gesehen. Da erklärt man doch lieber „das Ende seines Lebenszyklus“ und macht den Fonds dicht, ehe die Blamage öffentlich sichtbar wird.

Die Lage beim INTER ImmoProfil ist nun aber kein Einzelfall, sondern im gegenwärtigen Marktumfeld eher symptomatisch für die gesamte Immobilienfondsbranche. Nach der Immobilienkrise ist vor der Immobilienkrise. Mal schauen was da in nächster Zeit noch alles kommt. Ganz wohl ist dem Verfasser dieser Zeilen jedenfalls nicht.

Eines allerdings hat er gerade mal wieder gelernt: Die Kostenquote ist, und zwar quer über die gesamte Branche, ein erheblicher Teil des Problems. Nur für die Anleger natürlich, nicht für die Initiatoren. Die Bank gewinnt immer, wussten Sie das denn nicht?

BNP Paribas lässt sich die „erfolgreiche“ Verwaltung des INTER ImmoProfil mit rd. 1,5 % p.a. vergüten.

Das Gehalt des Vorstands der CS Realwerte AG dagegen beträgt, bezogen auf das verwaltete Immobilienfondsvermögen, magere 0,17 % p.a. Kein Wunder daß bei mir nur ein Toyota vor der Tür steht und kein Maserati. Und heute sogar nur ein Fahrrad, nachdem man die beste Ehefrau von allen bei diesem Traumwetter motivieren konnte, den Weg in’s Büro per Drahtesel zu absolvieren und bei der Gelegenheit gleich noch bei der Spargelbude unseres Vertrauens vorbeizuradeln.

In dem Sinne: Schönen 1. Mai der verehrten Leserschaft. Der Verfasser dieser Zeilen wird morgen auf die Straße gehen und mit den anderen Werktätigen für einen prozentual zweistelligen Schluck aus der Pulle demonstrieren. Da kann sich der Aufsichtsrat der CS Realwerte AG für die demnächst anstehenden Gehaltsverhandlungen schon mal warm anziehen … o:)

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