Und gleich der nächste Finanzgigant

„Der Schweizer Großbank UBS winkt in diesem Jahr ein Rekordgewinn. Davon gehen Analysten im Gespräch mit dem Handelsblatt aus. Grund dafür ist der niedrige Kaufpreis für die Credit Suisse. Für rund drei Milliarden Dollar erhält die UBS Zugriff auf das Eigenkapital des einstigen Konkurrenten. Es belief sich zuletzt auf über 43 Milliarden Dollar. Ein weiterer Vorteil ist der Schuldenerlass in Höhe von 16 Milliarden Dollar. Beide Faktoren blähen Gewinn und Eigenkapital der neuen Megabank auf,“ konnte man heute früh gleich auf der Titelseite des „Handelsblatt“ lesen.

Das kommt Ihnen jetzt irgendwie unheimlich bekannt vor? Jedenfalls wenn Sie am 1.4. hier an gleicher Stelle staunend gelesen hatten, wie sich der Verfasser dieser Zeilen die Teilübernahme der Banque Nationale de Belgique S.A. durch die CS Realwerte Aktiengesellschaft vorstellt, und welche bilanziellen Folgen ein solcher Geniestreich bei der CS hätte?

Aber nicht doch! Sie haben es doch nicht etwa ernsthaft für möglich gehalten, die Bilanzen auf dieser Welt würden seit Einführung von IFRS in Disney-Dollar erstellt … o:)

Ich glaub‘, es geht schon wieder los

Unter dem Titel „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ hatte der Verfasser dieser Zeilen unseren geschätzten Aktionärinnen und Aktionären (oder einfach: Aktionierenden?) vor längerer Zeit schon mal seine Ansicht zu den regelmäßig im Bundesanzeiger auftauchenden Erwerbsangeboten für Aktien der CS Realwerte Aktiengesellschaft mitgeteilt. Man kann’s ja mal versuchen, erfahrungsgemäß steht irgendwo jeden Morgen erneut ein Dummer auf. So funktioniert das Geschäftsmodell dieser Schlaumeier wohl.

Liegt es jetzt daran, daß die CS Realwerte AG auf dem besten Wege ist, sich zu einem Finanzgiganten zu entwickeln? Das Interesse entflammt jedenfalls erneut. Eine Firma „Taunus Capital Management AG“ macht sich gerade per Kaufangebot im elektronischen Bundesanzeiger anheischig, unseren Aktionierenden ihre Aktien zu kümmerlichen 405,00 EUR das Stück abzuhängen. Und die Depotbanken sind leider gesetzlich verpflichtet, unsere Aktionierenden hiervon zudem noch auf eigene Kosten in Kenntnis zu setzen.

Ein todsicheres Geschäft, hält sich doch unser Großaktionär schon seit Jahren verpflichtet, jedem Aktionär der das wünscht seine CS-Aktien zum inneren Wert abzgl. Handlingkosten abzukaufen – was augenblicklich ein runder Tausender pro Aktie wäre. Der Verfasser dieser Zeilen kann also nur hoffen, daß auf diese Bauernfänger auch dieses Mal niemand hereinfällt. Wenngleich er sich insgeheim ja auch irgendwie geschmeichelt fühlt: Der gebotene Preis ist zwar immer noch eine Unverschämtheit, aber schon deutlich höher als beim letzten Versuch.

So weit so gut, aber …

Gestern an dieser Stelle hatte es sich der Verfasser dieser Zeilen nicht verkneifen können, den Redaktierenden des „Handelsblatt“ mit väterlich erhobenem Zeigefinger etwas über Zinsentwicklung und Finanzkrisen zu erzählen und die jungen Menschen am Ende aufzufordern: Ruhe bewahren!

Das ist meine offizielle Version. Die inoffizielle Version lautet: Der Schein trügt. Kann gut sein dass wir deutlich tiefer in der Scheisse sitzen als es jedenfalls noch im Augenblick den Anschein hat.

In seinem Leben hatte der Verfasser dieser Zeilen ja schon so einiges gemacht, nur von Immobilien im Allgemeinen und Gewerbeimmobilien im Besonderen, davon hatte er nun wirklich keinen Schimmer. Bis ihn vor über zehn Jahren das Thema „abwickelnde Offene Immobilienfonds“ nolens volens ziemlich tief in die Materie reinzog. Dieses Studium ist jetzt sozusagen abgeschlossen, denn: Inzwischen hatte der Verfasser dieser Zeilen das Vergnügen, einen kompletten Zyklus am Immobilienmarkt mitzuerleben. Heulen und Zähneklappern ab 2008 nach der letzten Finanzkrise, die mühselige Bodenbildung, eine von beständig sinkenden Zinsen befeuerte fast ein Jahrzehnt andauernde Phase neuer Euphorie, zuletzt dann die Erkenntnis dass wir den Peak in diesem Zyklus spätestens letztes Jahr gesehen hatten. Jetzt also wieder von vorne.

Steigende Zinsen bringen Immobilienpreise unter Druck, darüber herrscht bestimmt kein Dissens. Nicht nur wer seine Bestände in den letzten Jahren immer schön nach IFRS bewertet und damit Scheingewinne auf dem Papier produziert hat, der hat jetzt ein Problem. Nicht jeder kann das aussitzen. Mancher wird verkaufen müssen. Das bringt die Preise noch weiter unter Druck. Und außerdem schaffen fallende Preise Probleme bei den Beleihungsgrenzen. Das führt dann zu weiteren Zwangsverkäufen und in eine Abwärtsspirale … sollte Ihnen klar sein, ist mir klar, und worüber reden wir auch überhaupt, nachdem ich den Handelsblatt-Redakteuren doch gerade erst gestern lapidar-altklug erklärt hatte: „Das nennt man einen Zyklus.“

Ich befürchte aber, dass nicht alle Immobilienunternehmen und alle Immobilienfinanzierer das Unheil rechtzeitig kommen sahen. Ich befürchte also, den ein oder anderen wird es ziemlich auf dem falschen Fuß erwischt haben. Und die Probleme werden erst nach und nach an die Oberfläche kochen, denn eigentlich hat jedermann ein Interesse daran, seine Probleme so lange wie möglich unter der Decke zu halten.

Ich kenne nur einen einzigen, der über das, was sich da gerade zusammenbraut, in schonungsloser Offenheit redet: Die Banque Nationale de Belgique S.A. Die sich diese Offenheit aber auch nur leisten kann, weil eine Notenbank ex definitione nicht pleite gehen kann. Sie macht das Geld schließlich selber. Als „normale“ Bank hätte sie sich mit ihrem statement von letzter Woche selber den Fangschuß gegeben.

Der am Gewerbeimmobilienmarkt mögliche Rücksetzer ist nämlich nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist nicht nur der Zinsanstieg selbst, sondern vor allem seine Geschwindigkeit, für die es in der Finanzgeschichte eigentlich kein Beispiel gibt. Das erste prominente Opfer dieser Besonderheit war die Silicon Valley Bank. Sie ist damit aber nicht allein, wie die geneigte Leserschaft am Karfreitag am Beispiel der Banque Nationale de Belgique S.A. lernen wird.  Und gerade erst hat ein kluger Mensch ausgerechnet, daß alles Eigenkapital im US-Bankensystem aufgezehrt wäre, wenn die Banken ihre Anleihenbestände zu (inzwischen niedrigeren) Marktpreisen bewerten müssten.

Dass Sie mich jetzt nicht mißverstehen: Das macht eigentlich nichts. Jahrelang haben sich die Staaten dieser Welt zu eigentlich viel zu niedrigen Zinsen verschulden können, und die Zeche für dieses Über-die-Verhältniss-Leben zahlt am Ende natürlich wer. Insgesamt aber sind die Volkswirtschaften ein geschlossenes System, in dem das Geld nur hin- und herwabert. Das einzige, was den Wohlstand tatsächlich mindert, sind Kriege und Naturkatastrophen. Alles andere, nämlich Steuergesetze, Bankenzusammenbrüche, Staatspleiten oder Banküberfälle, ist reine Umverteilung, die nur nicht in jedem Fall auf breite Akzeptanz in der Gesellschaft stößt. Das Wort „Krise“ aber dürfen bei diesen teilweise durchaus disruptiven Umverteilungsprozessen nur Angsthasen in den Mund nehmen.

Wir haben bisher noch jede sogenannte „Krise“ überlebt. Allerdings nie die richtigen Konsequenzen gezogen. Man stelle sich bitte vor, die Banque Nationale de Belgique S.A., die die gleichen Schwierigkeiten hat wie die Silicon Valley Bank, eine ausgewachsene Nationalbank eines souveränen Staates, hat ihre Bilanzsumme schon gewaltig aufgebläht, ist aber trotzdem nur wenig größer als es die Silicon Valley Bank war. Letztere aber galt dem US-Gesetzgeber unter Donald Trump als zu klein, um sie überhaupt besonders zu regulieren. Dieses maßlos überdimensionierte Finanzsystem, das in weiten Teilen nur noch dem Selbstzweck des Sich-gegenseitig-Bescheissens dient, gehört mit dem Vorschlaghammer zertrümmert – was sich aber kaum jemand auszusprechen traut.

Der Verfasser dieser Zeilen macht sich trotzdem keine Sorgen. Menschen seines Alters haben nicht mehr die Aufgabe, die Welt zu retten. Sie können die ganze Kohle auch ganz einfach verjucken. Das traute Heim oder die beste Ehefrau von allen verschönern, Kreuzfahrten, Puffbrause – je weniger der alte Sack am Ende noch übrig hat, desto weniger kann er im nächsten Crash verlieren.

In diesen trüben Zeiten ist Sarkasmus für den ein oder anderen die letzte Rettung. Fröhliche Ostern!

Zins-Stress

Seit fast 40 Jahren ist der Verfasser dieser Zeilen Abonnent des „Handelsblatt“. Aber keiner der Namen, mit denen die entsprechenden Beiträge in der heutigen Ausgabe des Wirtschaftsblattes gekennzeichnet sind, sagt ihm etwas. Ein untrügliches Zeichen, dass der Verfasser dieser Zeilen alt wird und ihm wohlbekannte Namen unter den Handelsblatt-Redakteuren schlicht und ergreifend deswegen nicht mehr begegnen, weil dieselben längst im verdienten Ruhestand sind.

Genüsslich an seinem Kaffee schlürfend (was geschmacklich den schon etwas verwelkten Aufschnitt von letzter Woche hinreichend überlagerte) machte er heute morgen bei Lektüre des „Handelsblatt“ eine interessante Beobachtung: Was da mehr als ein halbes Dutzend offenbar noch junge Redakteur/innen (oder gibt es inzwischen wohl den Begriff „Redaktierende“?) zu Papier gebracht hatten, strahlte eine auffällige Aufgeregtheit aus, die sich der Verfasser dieser Zeilen zunächst gar nicht erklären konnte. „Sorge um US-Banken wächst“, „Zins-Stress am Häusermarkt“, „Am deutschen Immobilienmarkt drohen Notverkäufe und Privatinsolvenzen“, „Geschäft mit Baukrediten bricht ein“, das sind die Schlagzeilen der ersten Seiten im heutigen „Handelsblatt“. Ehe es auf Seite 6 endlich wieder in die Niederungen des alltäglichen Lebens geht: „Anklage gegen Ex-US-Präsidenten: Gefängnis oder Weißes Haus?“

Die Zinsen 10-jähriger Hypotheken sind, wie man der entsprechenden Grafik im heutigen „Handelsblatt“ entnehmen kann, von 0,75 % Anfang 2021 inzwischen auf 3,77 % p.a. gestiegen. Der Verfasser dieser Zeilen sieht da eigentlich keinen Grund, in Panik zu verfallen. Als er 1977/78 seine erste Eigentumswohnung kaufte und finanzierte, hatte er das unverschämte Glück, in einem absoluten Zinstal zu landen und „nur“ etwas über 6 % p.a. für eine 10-jährige Hypothek zu zahlen. Kurz davor 1973/74 und kurz danach 1980/81 betrugen die Effektivzinsen für Hauskäufer jeweils 11,5 % p.a. Dennoch ist nicht überliefert, dass mehr als eine verschwindend geringe Minderheit der Häuslebauer der 1980er Jahre aus der Not geboren in Zelten im Stadtpark campieren musste, weil sie sich die Hütte ihrer Träume nicht mehr leisten konnte.

Es dauerte ein bißchen, bis der Verfasser dieser Zeilen endlich begriff, warum die jungen Handelsblatt-Redakteure heute verbal herumflatterten wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Sie sind ja ausschließlich geprägt von den Erfahrungen nach der Jahrtausendwende (als die Hypothekenzinsen zum ersten Mal in der Nachkriegszeit überhaupt unter 6 % p.a. zu liegen kamen und schließlich bis fast Null fielen). Sie sind, ohne das geringste dafür zu können, Kinder des Geistes der unseligen Immer-nur-aufwärts-Oekonomie. Eines (Zeit)Geistes, der inzwischen eine Generation lang erheblichen Teilen der Gesellschaft eine vollkommen absurde Wirtschafts- und Kapitalmarktfixierung beschert hat, als ob das ganze Glück des Lebens davon abhinge.

So möchte der Verfasser dieser Zeilen den aufgeregten jungen Handelsblatt-Redakteuren zurufen: Ruhe bewahren! Es geht nicht immer nur aufwärts. Was Ihr da gerade erlebt, nennt man „Zyklus“. Davon stirbt man nicht. Und selbst der Zusammenbruch mehrerer Banken wäre kein Drama. Das Geld ist ja nicht weg. Es fand lediglich eine Umverteilung statt, deren Spielregeln anders waren als es sich der ein oder andere Akteur zuvor gedacht hatte. Spätestens seit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS dürfte auch jedem in Wirtschaftsfragen nicht so versierten Leser einleuchten, wie ich das meine.

Lasset Euch also vom Rübenfeld den ultimativen Trost spenden: Die Welt geht nicht unter. Sie arbeitet nur gerade an der Erschaffung interessanter neuer Möglichkeiten.

Entwarnung

Ihre Immobilienbestände hatten unsere abwickelnden Offenen Immobilienfonds schon vor Jahren verkauft. Einige, wie der TMW Immobilien Weltfonds, sind inzwischen auch tatsächlich final aufgelöst. Andere, wie der SEB Immoportfolio Target Return oder der DEGI Europa, haben ihre finale Auflösung für 2023 bzw. 2024 angekündigt. Bei etlichen anderen Fonds und insbesondere auch den „Big Three“ CS Euroreal, KanAm grundinvest und SEB ImmoInvest aber wird sich die Abwicklung – aus den unterschiedlichsten Gründen – und damit auch die finale Auflösung noch bis Ende dieses Jahrzehnts hinziehen.

Auch wir werden mit dem Thema also viel länger beschäftigt sein als man sich das bei Implementierung unseres Geschäftsmodells Ende 2014 auch nur näherungsweise hätte vorstellen können. Das wirft bei einigen unserer stakeholder die Frage auf, ob in dieser langen Zeit das Restvermögen der Fonds und damit der Rücknahmepreis resp. Nettoinventarwert nicht noch in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.

Am Beispiel einiger in der Abwicklung bereits damals weit fortgeschrittener Fonds hatten wir uns mit dieser Frage schon Ende 2021 in einer ausführlichen Studie beschäftigt. Dabei kamen wir zu dem nachprüfbaren Ergebnis: Nein, auf den letzten Metern geht bei den abwickelnden Fonds nichts mehr verloren. Negative und positive Veränderungen des Fondsvermögens heben sich in der Schlußphase bei allen betrachteten Fonds weitgehend auf, sogar mit einer leichten Tendenz zu einer per Saldo positiven Wertentwicklung.

Ende letzter Woche dann (offenkundig im Zusammenhang mit Abschlußbuchungen zum Geschäftsjahresende 31.03.2023) gab es beim SEB ImmoInvest einen Anstieg des Rücknahmepreises, also des Nettoinventarwertes von 0,76 EUR um 11,8 % auf 0,85 EUR, der vor allem mit Rückstellungsauflösungen begründet wurde. Es bestätigt sich also das Ergebnis, zu dem unsere Studie schon vor einiger Zeit kam: Über die Wertstabilität unserer Fonds brauchen wir uns in der Schlußphase der Abwicklung keine besonderen Sorgen zu machen.

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