Des Kaisers neue Kleider

Heute beschäftigt sich das Handelsblatt unter dem Titel „Die 297-Milliarden-Euro-Blase“ in großer Aufmachung mit dem immensen Berg ungedeckter Firmenwerte (der sog. „Goodwill“), der sich in den letzten Jahren in den Bilanzen deutscher Firmen aufgebaut hat. Allein bei den 30 DAX-Firmen sind da in der letzten Zeit 297 Mrd. EUR an Bilanzpositionen auf der Aktivseite zusammengekommen, also angebliche Vermögenswerte, die in Wahrheit nichts weiter sind als heiße Luft.

Seit 2005 in den IFRS die Pflicht abgeschafft wurde, solche Firmenwerte über 10-15 Jahre abzuschreiben, haben die Konzernlenker diese Abschreibungen fast vollständig unterlassen und die Beträge statt dessen weidlich für extensive Bilanzkosmetik und den künstlichen Ausweis angeblicher Gewinnsteigerungen genutzt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, daß dieser Mechanismus natürlich auch die Bonus-Zahlungen für die Vorstände ordentlich befeuert hat.

Aber darüber wollte ich ja gar nicht sprechen. Nein, sprechen wollte ich über ein winziges Detail des Handelsblatt-Beitrages. Ein Detail, das uns wieder einmal vor Augen führt, wie man den Leuten mit Schönsprech Sand in die Augen streuen und olle Kamellen als den letzten Schrei des Fortschritts verkaufen kann.

In besagtem Beitrag über die Firmenwert-Problematik schreibt das Handelsblatt zum DAX-Aufsteiger Vonovia:  „Boom in Bochum: Der Immobilienkonzern hat im Ruhrgebiet sein erstes seriell gebautes Wohnhaus in modularer Bauweise errichtet.“

Der Spielverderber vom Rübenfeld übersetzt das jetzt mal in die Sprache einfacher Leute. Offensichtlich wollte man uns mitteilen: Der gute alte Plattenbau feiert in Bochum sein comeback. Vonovia sei Dank.

Erfahren wir bald mehr?

Einer der größten Geheimniskrämer unter den abwickelnden Offenen Immobilienfonds ist der CS Property Dynamic. Der nur noch zwei Restobjekte im Bestand hat, nämlich einen Bürokomplex in Krakau mit 17.870 m2 Nutzfläche (letzter Verkehrswert 44,1 Mio. EUR, im Sept. 2018 leichte Aufwertung um 0,9 Mio. EUR) und ein Fachmarktzentrum an der Peripherie von Warschau mit 25.500 m2 Nutzfläche (letzter Verkehrswert 32,1 Mio. EUR, bei Nachbewertung im Febr. 2018 unverändert geblieben).

Wer hier aufmerksam mitliest, der weiß ja schon, daß der Hauptmieter im Rondo Business Park in Krakau, der internationale Beratungsgigant Capgemini, seinen nächstes Jahr auslaufenden Mietvertrag für 11.850 m2 = 2/3 der Gesamtfläche im Sept. 2018 verlängert hat. Vom CS Property Dynamic selbst hat man dazu bisher natürlich noch kein Sterbenswörtchen gehört.

So muß man halt weiter mit mühsamer Recherche hier und da versuchen, etwas Licht in’s Dunkel zu bringen. Zum Beispiel, was die Leerstände angeht. Im Fachmarktzentrum Zielony Targowek stehen seit längerem vier Teilflächen leer, das macht 15,1 % Leerstand. Als wir uns das im Mai vor Ort selbst mal angesehen hatten, waren in den leeren Läden keinerlei Aktivitäten zu erkennen, die auf den möglichen Einzug eines neuen Mieter hingedeutet hätten. Und auch heute noch zeigt die offizielle Website des Objektes die vier Flächen als unvermietet.

Im Rondo Business Park standen laut letztem Abwicklungsbericht 4,4 % leer. Die größte Gefahr die hier bestand, nämlich eine Nichtverlängerung des Capgemini-Vertrages, ist ja jetzt gebannt und das Objekt steht weiter mit einer sehr guten und vor allem langlaufenden Vermietungsquote da. Der Makler Cushman & Wakefield bietet auf seiner Internet-Plattform „remobile“ eine Fläche von 662 m2 als zu vermieten an – das wären 4 % und damit (weil Leerstände bei Fonds nicht in Fläche sondern in % von den Nettosollmieten gerechnet werden) wohl ganz exakt das, was auch schon im letzten Abwicklungsbericht stand.

Wobei, ein großes Geheimnis bleibt beim Rondo Business Park ungelüftet. Der CS Property Dynamic gibt in seinen Berichten die Nutzfläche mit 17.869 m2 an. Andererseits soll das Hochhaus eine Geschossfläche von 1.700 m2 haben. Was wieder ganz exakt mit der damaligen hochoffiziellen Angabe übereinpaßt, daß Capgemini in 2013 zusätzlich 1.700 m2 gemietet hat, nämlich eine ganze Etage. Das Hochhaus hat aber, wie wir uns im Mai 2018 persönlich überzeugen konnten, 14 Etagen. Und 14 mal 1.700 sind ??? Sehen Sie? Wir sind auch immer noch sprachlos. Zumal es neben dem Hochhaus noch zwei weitere Baukörper gibt, nämlich die in den unteren zwei Etagen anschließende Tagesklinik und einen im 2. Bauabschnitt angefügten viergeschossigen Anbau, der laut Wikipedia allein 8.000 m2 Fläche haben soll (was ebenfalls auch unserer Wahrnehmung bei der Ortsbesichtigung entspricht).

Nur all zu gern würde man die Commerzbank als Abwicklungsstelle ja mal fragen, wie sich diese ganz erheblichen Diskrepanzen erklären. Aber nach allen bisherigen Erfahrungen ist vollkommen auszuschließen, daß sich die Bank zu einer Antwort herabläßt auf diese gewiß berechtigte Frage eines besorgten Anlegers, der immerhin rd. 7 % aller Fonds-Anteile hält.

Nur ein Hoffnungsschimmer bleibt: Der nächste Abwicklungsbericht dieses Fonds ist per 31.08.2018 fällig. Für die Erstattung dieses Berichts hat die Commerzbank nach dem Gesetz 3 Monate Zeit – und diese 3 Monate nutzt man nach allen Erfahrungen auch restlos aus. Wozu sollte man sich den nervigen Altanlegern gegenüber denn auch noch besonders beeilen? Der Bericht wird also vermutlich am 30.11.2018 um 23:57 Uhr veröffentlicht werden. Ob wir dann wohl zu den hier geschilderten großen Mysterien von Martin Zielkes‘ unschlagbar famoser Truppe erleuchtet werden?

Abwarten und Tee trinken.

Der Staatsfeind Nr. 1 (Enemy of the State)

Läuft mal wieder, Sonntag abend auf RTL II. Mit Will Smith und Gene Hackman. „Grandios besetzter Reißer“, urteilt die Hör Zu, der ich diese Ankündigung heute beim Frühstück entnahm. Die beste Ehefrau von allen hat es leider abgelehnt, sich diesen Film mit mir Sonntag abend anzusehen. Ihn drei Mal gesehen zu haben reicht, befand sie unverständlicher Weise. Und sehr kurz und knapp, obwohl sie heute früh sonst ganz gut gelaunt war.

Dem einen oder anderen Leser hier ist meine überaus skeptische Einstellung zu einigen erst jüngst entwickelten Fernmeldetechniken, zur Digitalisierung oder zum Thema Künstliche Intelligenz möglicher Weise bisher unverständlich geblieben. Hier können Sie also jetzt etwas sehr Wichtiges zum Thema Persönlichkeitsbildung erfahren. Denn ich verrate Ihnen mal ein Geheimnis: Der Film „Enemy of the State“ ist der ganz maßgebliche Grund, warum ich diese skeptische Einstellung entwickelt habe. Eine Welt, wie sie in diesem Film beschrieben ist, wollte ich niemals haben.

Als er vor 20 Jahren in die Kinos kam, war es ein grandioser Film mit grandioser Action – aber für den durchschnittlich vorstellungskräftigen Zuschauer halt eher eine Art Science-Fiction-Film. Heute würde „Enemy of the State“ ohne jede Diskussion als erstklassig gemachter Dokumentarfilm durchgehen.

Die Welt, die ich niemals haben wollte, ist längst Realität. Nach allem, was man so hört, werden durch erfolgreiche Manipulation via Social Media ja inzwischen sogar Wahlen gewonnen. Ich rege deshalb die Rehabilitierung von Erich Mielke an. Denn gegen den weltweit lückenlos organisierten Abhör- und Manipulations-Apparat von Google, Facebook & Co. war seine Stasi nun wirklich ein kreuzbraver, völlig harmloser Männergesangverein.

Doch mein schwacher Protest dagegen wird auf dem hiesigen Rübenfeld irgendwann sang- und klanglos untergehen. Mein Enkel, der nächste Woche seinen dritten Geburtstag feiert, wird ganz bestimmt nicht mehr verstehen, warum Opa die uns rund um die Uhr und selbst wenn sie angeblich ausgeschaltet sind zum Zwecke späterer Manipulation belauschenden Smartphones und Alexas Scheiße fand.

Die manipulative Alexa wird unserem Enkel einhämmern: Ich bin nicht böse. Opa ist böse. Denn der geht gleich nach Hause und futtert eine Kartoffelsuppe, die die Oma mit selbst geernteten Kartoffeln aus dem eigenen Garten gekocht hat. Wie asozial ist das denn. Anstatt sich eine Kochbox bei Hello Fresh zu bestellen, wie sich das für den ordentlich erzogenen und manipulierten Konsumenten und Digitalbürger ja wohl gehört.

Kartoffeln ohne Verwendung eines Monsanto-Präparates selbst anbauen. Eine Kartoffelsuppe noch ganz allein selber kochen. Mit aus Knochen selbst hergestellter Rinderbrühe. Was sind diese Wesen auf dem Rübenfeld bloß für ignorante Fortschritts-Verweigerer. Wovon soll die arme Alexa denn da leben?  Und die chinesischen Hersteller von Plastikverpackungen und Einweggeschirr? Und die Hungerlöhne zahlenden Paketdienste, die wegen unserer Internet-Bestellungen die Luft unserer Städte und Dörfer verpesten?

Opa ist wirklich böse. Und Opa wurde ganz schlecht, als er neulich in der Zeitung las, die Bundesregierung werde 3 Milliarden Euro locker machen zur Förderung Künstlicher Intelligenz. Ja, haben die denn noch alle Tassen im Schrank? Und zwar Tassen aus Mehrweggeschirr?

Entweder werden wir von absolut hirnlosen Schwachköpfen regiert. Oder die Politiker sind sogar noch viel, viel schlauer als der Opa sich das bisher vorstellen konnte: Wenn man 3 Milliarden Euro Steuergelder spendiert und damit die manipulativen Methoden von Trumps‘ Social-Media-Wahlkampfmaschinerie weiterentwickelt, dann könnte man am Ende ja sogar noch wiedergewählt werden …

Adios Madrid

Eines der kleineren, aber hoch problematischen Objekte des CS Euroreal war ein 13.300 m2 Nutzfläche umfassender Büro- und Hotelkomplex in Madrid. Vor drei Jahren stand das Objekt noch mit 30,0 Mio. EUR in den Büchern und hatte fast 50 % Leerstand. Der Leerstand erwies sich als überaus hartnäckig: Zuletzt waren es immer noch über 42 %. Entsprechend war das Objekt dann weiter abgewertet worden, zuletzt im Juli 2017 auf 27,7 Mio. EUR.

Vor diesem unerfreulichen Hintergrund hatte unsere interne Schätzung für den erzielbaren Verkaufspreis schon seit Jahren nur bei 20 Mio. EUR gelegen.

Soeben meldet der CS Euroreal, daß Madrid „leicht unter dem zuletzt festgestellten Verkehrswert“ verkauft wurde. Der damit begründete Rückgang des Anteilpreises um 2 cent entspricht auf Fondsebene einem Wertverlust von 2 Mio. EUR. Je nach Höhe der Verkaufsnebenkosten dürfte der Verkauf also für 25-26 Mio. EUR erfolgt sein. Vor dem Hintergrund der eher zweifelhaften Objektqualität ist das ein durchaus erfreuliches Ergebnis.

Nur dass Sie schon mal einen Überblick haben …

Im Zusammenhang mit dem hier vor drei Tagen schon gemeldeten Verkauf der „Flensburg Galerie“ durch den CS Euroreal zu einem sehr enttäuschenden Preis gut 20 % unter unserer Erwartung werden wir uns in Kürze hier auch noch einmal grundsätzlich mit dem Thema Einzelhandel/Einkaufszentren in Europa beschäftigen. Diese Anlageklasse scheint nicht mehr unbedingt „hip“ zu sein und das Investoren-Interesse nur noch in Maßen auf sich zu ziehen. Aber, wie gesagt, dazu in Kürze dann mehr.

Heute erst einmal nur schlaglichtartig ein paar Fakten aus jüngsten Marktstudien großer Maklerfirmen, die eindrucksvoll beleuchten, wie gespalten und völlig heterogen dieses Segment ist, je nach Standort. Deshalb darf man keinesfalls alles in einen Topf werfen. Einkaufszentren sind jetzt nicht plötzlich über Nacht grundsätzlich schlecht geworden. Es kommt halt nur, wie immer im Leben, auf den Einzelfall an: Die Lage ist das alles Entscheidende.

Der weltweit teuerste Standort für Einzelhändler ist und bleibt Causeway Bay in Hong Kong. Durchschnittlich 2.050 EUR pro Quadratmeter Monatsmiete muß hier berappen, wer einen Laden aufmachen will. Es folgt die Upper 5th Avenue in New York mit 1.725 EUR und auf Platz 3 die New Bond Street in London mit 1.340 EUR. Wenn Sie zu Niedrigkosten eine Resterampe betreiben wollen, sind Sie am besten im litauischen Kaunas aufgehoben: Hier sind Sie für ein Ladengeschäft in allerbester Innenstadtlage bereits mit 15 EUR Monatsmiete pro Quadratmeter im Rennen.

Während sich übrigens zum Thema „Deutschland“ am Immobilienmarkt sonst alles überschlägt (und selbst eine Logistikimmobilie in Peine zu unter 4 % Anfangsrendite über den Tisch geht), kochen deutsche Einzelhandelsimmobilien inzwischen doch eher auf Sparflamme – wie der enttäuschende Verkauf der „Flensburg Galerie“ ja wieder einmal belegt hat.

Apropos „kochen“: Zu den Ausweichstrategien der Center-Betreiber gehört übrigens, in ihren Einkaufsmeilen mehr Erlebniswert zu schaffen, indem man Einzelhandel durch „Food & Beverage“ ersetzt. Bis zu 25 % der Flächen einschlägiger Objekte werden inzwischen mit F&B-Mietern besetzt. Was den Durchmarsch lukullischer Ausnahme-Erscheinungen wie „Asia Hung“ erklärt, die den Verfasser dieser Zeilen inzwischen selbst auf dem zugigen ICE-Bahnhof Göttingen verfolgen. Besagter Verfasser bezweifelt allerdings, daß es der Anlageklasse dauerhaft wieder auf die Beine hilft, wenn durch deutsche Einkaufspassagen nur noch der Duft von Frittenfett und Bier zieht, angereichert mit einem Hauch Knoblauch aus dem „Asia Hung“, und sich mit den Ausdünstungen des obligatorischen Douglas-Ladens zu einer an gewisse osteuropäische Metropolen erinnernden Melange vereint.

Unter den teuersten zehn Standorten in Europa liegt wie zu Beginn gesagt die New Bond Street ganz vorn, die Kaufinger Straße in München schafft es als einzige deutsche „High Street“ mit Ach und Krach gerade so auf Platz 10. Interessanter Weise und auch für uns überraschend wird die Hälfte der zwischen dem europäischen Platz 1 und Platz 10 liegenden Standorte von italienischen Städten besetzt: Mailand, Rom, Venedig und Florenz.

Das wiederum beruhigt uns, denn neben der „Rathaus Galerie“ in Essen und einem Konsumtempel im tschechischen Olmütz besitzt der CS Euroreal nur noch zwei Einkaufszentren in Italien – und dann ist für diesen Fonds das Thema Einzelhandelsobjekte „durch“.

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