Die Toten werden am Ende gezählt – die Lebenden auch
In unserem letzten Beitrag hatten wir am Beispiel des CS Euroreal recht ausführlich besprochen, welchen Einfluß Veränderungen des Anteilwertes auf das schlußendliche Anlageergebnis bei Investitionen in abwickelnde Offene Immobilienfonds haben können.
Gerade in der Schlußphase der Abwicklung, wenn ein Fonds inzwischen immobilienfrei ist, verlagert sich unsere analytische Arbeit immer mehr in diese Richtung. So lange noch ein Rest-Immobilienbestand vorhanden ist, haben wir natürlich vor allem dessen voraussichtliche Verkaufserlöse einzuschätzen, um am Ende zu einer belastbaren Prognose für das Abwicklungsergebnis zu kommen.
Sind aber erst einmal alle Immobilien weg, reduziert sich unsere Arbeit auf einigermaßen treffsichere Prognosen bei der Beantwortung der Frage: „Wie viel Luft ist bei Bewertungsfragen und -spielräumen in den Zahlen des Fondsmanagements noch enthalten?“
Ein wesentlicher Aspekt sind dabei die vom Fondmanagement gebildeten Rückstellungen. Bei immobilienfreien Fonds können sie schnell mal einen zweistelligen Prozentsatz des Restvermögens ausmachen. Es liegt bei einem Sondervermögen (für das am Ende der Verwalter voll in der Haftung ist) in der Natur der Sache, daß hier bei Rückstellungen mit einem sehr breiten Daumen gearbeitet wird, um ja nicht selbst in irgendwelche Haftungsrisiken hineinzulaufen. Nach unseren bisherigen Beobachtungen bei in der Abwicklung schon weit fortgeschrittenen Fonds erwiesen sich die Rückstellungen am Ende (nach ihrer Auflösung) als um Faktor zwei bis Faktor drei zu hoch. Außerdem gilt hier das Imparitätsprinzip: Chancen auf Vereinnahmung nicht hundertprozentig sicherer Vermögenswerte (wie z.B. in bestimmten Fallkonstellationen Steuererstattungen) bleiben bei der Bewertung der Fonds völlig außen vor.
„Das“ klassische Beispiel dafür ist der TMW Immobilien Weltfonds. Nach dem Ende 2016 gemeldeten gruselig schlechten Verkauf seiner letzten Immobilie in Rotterdem war der Anteilwert / Net Asset Value bis Mitte 2017 auf 1,93 € zusammengebröselt. Der Börsenkurs ging (ausschüttungsbereinigt) bis auf 1,22 € runter. Heute liegt der Kurs bei 2,05 €. Das ist, ausgehend vom Tiefstkurs, in weniger als einem Jahr eine Performance von grandiosen 68,0 %. Und, mehr noch: Der heutige Börsenkurs liegt bereits 6,2 % höher als vor weniger als einem Jahr der NAV. Grund dafür ist, daß sich bei der endgültigen Abwicklung früherer Verkäufe und bei der Entrümpelung der Fondsbuchhaltung schließlich in fast jeder Schublade noch ein Extra-Taler fand, der den Antweilwert erhöhte.
Die von unseren Aktionären und Banken immer wieder gestellte Frage: „Lässt sich in diesem weit fortgeschrittenen Stadium der Abwicklungen denn überhaupt noch Geld verdienen?“ können wir deshalb bis auf weiteres mit „Ja“ beantworten. Denn in dem Maße, wie die vermeintlichen Risiken aus den Zahlenwerken verschwinden, kommt es zu Wertaufholungen, die, wie am Falle des TMW beschrieben, sogar spektakulär werden können. Das paradoxe dabei ist, daß dieser Fonds zu Lebzeiten mit Immobilien-Verkaufspreisen von im Durchschnitt kaum mehr als 50 % der früheren Verkehrswerte zu den größten Wertvernichtern unter der Sonne gehört hatte.
So überraschte uns auch der (stückzahlmäßig sehr stark bei uns vertretene) AXA Immoselect Ende der Woche noch mit einem netten NAV-Anstieg: 3 cent hoch. Klingt erst mal nicht viel, aber ausgehend von den vorherigen 0,90 € Anteilwert sind das gleich mal 3,3 % Plus. Die letzten Stücke hatten wir uns übrigens erst vor wenigen Tagen zu Kursen von 0,77 € eingeladen – und hatten auch gar kein so besonders gutes Gefühl dabei. Der neue Anteilwert aber gibt selbst zu unseren letzten Einstandskursen noch ein Wertaufholungspotential von 20,8 % – und damit können wir mehr als gut leben.
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