Ein neuer Finanzgigant entsteht (Teil I)

Jeder der Beteiligten wusste es von Anfang an: Das mit der CS Realwerte AG ist nichts für die Ewigkeit. Je näher die Schlussausschüttungen der abwickelnden Offenen Immobilienfonds rücken, desto mehr nähert sich auch die aktuelle Betätigung der CS Realwerte AG ihrem vorhersehbaren Ende. Schon seit einiger Zeit hat der Verfasser dieser Zeilen deshalb ein großes Fragezeichen auf der Stirn. Am Ende, wenn die Fonds abgewickelt sind und schlussausgeschüttet haben, liegen bei uns unsere 12 Mio. Euro Eigenkapital wieder auf dem Konto. Was um Himmels willen machen wir damit später denn mal?

Das Warten und Grübeln hat jetzt ein Ende. Schon länger hat der Verfasser dieser Zeilen die Banque Nationale de Belgique S.A. im Auge. Eine der letzten bis heute börsennotierten Notenbanken (wie übrigens auch die Schweizerische Nationalbank oder die Bank von Griechenland). Die Bilanzsumme der Banque Nationale de Belgique per 31.12.2021 beträgt 359,4 Mrd. Euro (die 2022er Zahlen gibt’s erst Ende Mai). Das Eigenkapital der Bank: 7,2 Mrd. Euro.

Von den 400.000 Aktien der Banque Nationale de Belgique gehören seit Ende des 2. Weltkriegs 50 % dem belgischen Staat, die restlichen 200.000 werden an der Börse Brüssel gehandelt. Zu einem Kurs von zuletzt unter 600 Euro, was der belgischen Nationalbank eine Börsenbewertung von lächerlichen 240 Mio. Euro verleiht. Unsere 12 Mio. Euro, mit denen wir demnächst ja irgendwo hin müssen, sind also gerade genug, um uns mit 5 % an der Banque Nationale de Belgique zu beteiligen und damit nach dem belgischen Staat deren zweitgrößter Aktionär zu werden.

Willkommen in der schönen bunten Welt von IFRS, den International Financial Reporting Standards (mit denen der 2001 in der US-Steueroase Delaware gegründete private „International Accounting Standards Board“ seitdem die Bilanzen dieser Welt in Mickey-Mouse-Hefte verwandelt und beispielsweise in Folge von 2005 in Kraft getretenen EU-Vorschriften auch den deutschen Gesetzgeber nötigte, die hierzulande bis dahin übliche solide Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch über Bord zu werfen).

Die Teilkonzernbilanzsumme der CS Realwerte AG beträgt jetzt 18 Milliarden Euro. Sie haben ganz richtig gehört. 18 Milliarden. Mehr als das dreifache der 5,35 Mrd. Euro, die Wirecard zuletzt auf die Waage brachte. Ganz unbemerkt von der Öffentlichkeit ist auf dem Rübenfeld bei Wolfenbüttel über Nacht ein neuer Gigant der Finanzbranche entstanden. Mit gerade mal einem einzigen teilzeitbeschäftigten Rentner als Gesamtbelegschaft.

Es ist anzunehmen, daß sich die geneigte Leserschaft jetzt verdutzt die Augen reibt. Wie soll das denn gehen? Die Antwort ist mehr als simpel. Ein Markus Braun und ein Jan Marsallek werden in diesem Moment vermutlich dunkelgrün vor Neid, nachdem sie ihren Scheinriesen Wirecard mit fein gedrechselten, aber eben leider auch nicht ganz sauberen Kunstgriffen wie dem Drittpartnergeschäft mit heißer Luft aufgeblasen hatten. Anstatt wie die klugen Menschen vom Rübenfeld völlig im Rahmen des Legalen zu bleiben und einfach nur die Gesetzmäßigkeiten der Hebelmechanik anzuwenden, die die schöne bunte IFRS-Welt den neunmalklugen Schlaumeiern dieses Planeten an die Hand gibt.

Die CS Realwerte AG bilanziert ihre gerade erst für poplige 12 Mio. Euro erworbene 5 %-Beteiligung an der Banque Nationale de Belgique jetzt nämlich völlig legal „at equity“. Oder, um einen wenigstens den Älteren unter uns noch geläufigen schönen deutschen Begriff zu verwenden, sie betreibt Quotenkonsolidierung. Will also heißen: Alle Bilanzpositionen der Banque Nationale de Belgique gehen mit unserer Beteiligungsquote von 5 % in die Teilkonzernbilanz der CS Realwerte AG ein. Das macht übrigens besonderen Spaß bei den Goldreserven der belgischen Nationalbank, die dort mit 11 Mrd. Euro auf der Aktivseite stehen. „At equity“ bei uns künftig mit 550 Mio. Euro ausgewiesen verleihen sie der Bilanz der CS Realwerte AG erst ihren ganz besonderen Glanz.

Wie schon erwähnt beträgt die letzte bekannte Bilanzsumme der Banque Nationale de Belgique 359,4 Milliarden Euro. Danach ist es eine Zwangsläufigkeit geltender Rechnungslegungsstandards, dass die Teilkonzernbilanzsumme der CS Realwerte AG mit ihrer „at equity“ bilanzierten 5 %-Beteiligung künftig schwindelerregende 18 Milliarden Euro betragen wird. Zugegeben, ein paar Milliarden Euro Schulden laden wir uns dabei auf der Passivseite natürlich automatisch auch mit ein, muß ja aufgehen die Bilanz. Doch was soll’s, mit derartigen Beträgen ist die One-Man-Show vom Rübenfeld in unserem Finanzsystem ja schon längst  „too big to fail“.

Die Krönung des Ganzen: Die „at equity“-Bewertung bedeutet für unsere Aktionäre Manna vom Himmel. Nachdem das Eigenkapital der Banque Nationale de Belgique von zuletzt bekannten 7,2 Milliarden Euro an der Börse mit weniger als 240 Mio. Euro bewertet wird, haben wir demzufolge für einen Euro BNB-Eigenkapital lediglich drei cent bezahlt.

Damit die Teilkonzernbilanz der CS Realwerte AG aber am Ende wieder aufgeht, ist in solchen Fällen auf der Passivseite beim Eigenkapital ein entsprechender Konsolidierungsausgleichsposten einzustellen. Ein sperriger Begriff, aber eine wunderbare Sache: Auf geradezu magische Weise steigt das Eigenkapital der CS Realwerte AG durch den Konsolidierungsausgleichsposten auf rd. 370 Mio. Euro. Und ihre Aktionäre haben, ganz im besten Fielmann’schen Sinne, keinen Pfennig dazubezahlt.

Die Welt ist nicht genug, wusste schon zwei Jahre vor IFRS-Einführung ein gewisser Pierce Brosnan alias James Bond. Unsere geschätzten Damen und Herren Aktionäre sind herzlich eingeladen und aufgefordert, uns zu diesem genialen Plan zur künftigen Positionierung der CS Realwerte AG ihre Meinung mitzuteilen. Dabei sind Ehrenbezeugungen und Danksagungen aller Art für den Vorstand der Gesellschaft nicht nur willkommen, sondern auch absolut angebracht. Die Postanschrift für den Versand von Devotionalien, gern zum Beispiel ein Kistchen Puffbrause, entnehme man dem Impressum.

Disclaimer zur Offenlegung eines möglichen Interessenkonflikts: Die Vermögensverwaltungsgesellschaft der Fam. Benecke besitzt Aktien der Banque Nationale de Belgique S.A. Denn auch wenn man es kaum glauben mag: Die Aktien der belgischen Nationalbank können tatsächlich von jeder Pappnase einfach so gekauft werden. Allerdings ist der Verfasser dieser Zeilen momentan auf der Verkäuferseite. Warum, das erfahren Sie an dieser Stelle im Laufe der nächsten Woche. Bleiben Sie dran!

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