Geschäftsmodell üble Nachrede
Unter dieser Überschrift beschäftigt sich heute das Handelsblatt auf zwei ganzen Seiten mit den Attacken agressiver Hedgefonds auf deutsche Unternehmen. Der Aufmacher auf der Titelseite beginnt mit dem Absatz:
„Nach drei Tagen war der Spuk vorbei. Der Hedgefonds Gotham City hatte am Dienstag den Vorstand der Beteiligungsgesellschaft Aurelius mit einer vernichtenden Analyse des Unternehmens attackiert und die Bilanzierung infrage gestellt. Der Aktienkurs reagierte prompt und verlor bis Donnerstag zeitweise knapp 50 %. Ein Marktwert von fast einer Milliarde Euro wurde vernichtet. Die Strategie des Hedgefonds war aufgegangen. Parallel zur Veröffentlichung des Reports hatte er mit geliehenen Aktien von Aurelius auf einen Kurseinbruch gewettet und damit Millionen verdient.“
Selbst bankenfreundliche Anwälte bestreiten nicht, daß das nach Marktmanipulation riecht. Ist es aber nach herrschender Rechtslage nicht. Solche Schweinereien dürfen die Gangster in Nadelstreifen unter den Augen einer schläfrigen Finanzaufsicht in Deutschland ungeniert abziehen, das ist legal.
Dagegen ist es nicht legal, wenn ein und derselbe Auftraggeber ohne jeden bösen Hintergedanken und zum aktuellen Marktwert Fondsanteile von Depot A in Depot B überträgt. Denn damit erscheint ein Börsenumsatz, und dieses rein statistische Ereignis betrifft oder schädigt zwar niemanden auch nur um einen cent, aber der zusätzliche Umsatz verfälscht ja die Signale, die der Markt bezüglich der Handelbarkeit eines Wertpapiers sendet. Und das ist Marktmanipulation. Und da erwacht dann die BaFin aus ihrem Schlaf der Ahnungslosen und schlägt mit der vollen Härte des Gesetzes zu. Für eine solche Banalität verschwendet man Monate an Zeit und produziert eine Ermittlungsakte mit mehreren hundert Seiten Inhalt, bei deren Lektüre selbst der abgekochteste Stasi-Spitzel noch blaß vor Neid geworden wäre. Einschließlich aller ehrenamtlichen Tätigkeiten des Vorstands („Er ist Präsident des Rotary Clubs …“) wird da, wohl gemerkt wegen einer völlig belanglosen internen „linke-Tasche-rechte-Tasche-Börsentransaktion“, ein ganzes Menschenleben fein säuberlich seziert und dem Staatsanwalt zum Fraße vorgeworfen. Und nebenbei wird mit monatelang geheim geführten Ermittlungen auch noch das Vertrauensverhältnis zur Hausbank irreparabel zerstört.
Diesen ungeheuerlichen Vorgang hatten wir an dieser Stelle schon einmal am 11.06.2016 öffentlich gemacht. Vor wenigen Tagen erhielten wir dazu folgende Zuschrift eines Anlegers aus Berlin:
Sehr geehrter Herr Benecke,
mit Interesse habe ich den folgenden Artikel auf Ihrer Homepage gelesen: „Gefährdet Wolfenbüttel die Finanzmarktstabilität?“
Ihr Fall ist kein Einzelfall, sondern es sind hunderte von Anlegern gleichermaßen betroffen, von denen die Staatsanwaltschaften auf Betreiben der BaFin Geldauflagen und Geldstrafen in erheblicher Größenordnung einfordern. Insbesondere seit dem Zusammenbruch des Marktes für Mittelstandsanleihen ist es üblich, dass Anleger entsprechende Anleihen über die Börse zum aktuell niedrigen Kurs verkaufen und gleichzeitig zurückkaufen, ohne dass es dabei zu Marktmanipulationen kommt. Ziel solcher Wertpapiergeschäfte ist es zum einen, steuerliche Verluste zu realisieren, und zum anderen sollen die Wertpapiere in der Hoffnung auf eine Insolvenzquote noch behalten werden. Anderen Anlegern geht es wiederum – so wie in Ihrem Fall – um reine Depotüberträge, beispielweise im Familienkreis. Der „Staat“ geht gegen diese Anleger wie gegen Schwerkriminelle vor. Es erfolgen Hausdurchsuchungen, Strafprozesse, Verfallsanordnungen – und es werden Geldstrafen und Geldauflagen in horrenden Größenordnungen verhängt.
Anlässlich des angefügten Falles „AG Leonberg“, der noch nicht rechtskräftig und derzeit in zweiter Instanz vor dem LG Stuttgart anhängig ist, sind Anleger dank des Presseartikels des Journalisten Bartek Langer darauf aufmerksam geworden, dass die BaFin in den letzten Jahren ein Geschäftsmodell aufgebaut hat, das auf eine systematische Kriminalisierung und ein Abkassieren von Anlegern abzielt. In einem anderen angefügten Fall hat ein Anleger gar eine Geldauflage i.H.v. 250.000 EUR akzeptiert. Inzwischen haben sich zahlreiche betroffene Anleger organisiert um sich gegen diese Kriminalisierung zu wehren.
In meinem Fall hatte ich vor 3 Jahren Windreich-Anleihen verkauft – um die Verluste zu realisieren – und zeitgleich zurückgekauft, da noch eine Insolvenzquote zu erwarten ist. Hierfür sollte ich eine Geldstrafe in Höhe von 10.350 EUR zahlen; die juristische Aufarbeitung des Falls dauert an.“
Ist das nicht ein Skandal? Arglose Kleinanleger werden von der BaFin zu Schwerkriminellen gemacht – aber die großen Gangster (wie in unserem eingangs zitierten aktuellen Handelsblatt-Artikel) können mit Duldung durch die gleiche ansonsten so messerscharfe BaFin ihre Raubzüge ungeniert und unbehelligt durchziehen. Und wenn man sich mal weiter erinnert, was der Staat da so alles toleriert: Cum-Ex-Geschäfte mit Milliardenschäden für die Staatskasse werden geduldet und sogar gedeckt, obwohl Herrn Schäuble’s Truppe das Problem schon seit Jahren genau kennt, und und und …
Am Ende stellt man resigniert fest, daß es auch hier so ist wie so oft im Leben: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.
Der Finanzhistoriker hätte übrigens für das eingangs beschriebene „Geschäftsmodell üble Nachrede“ eine verblüffend einfache Lösung: Am 11.06.1931 verbot in Deutschland eine Notverordnung die Praxis von Leerverkäufen und jegliche Form von Termingeschäften. Der enorme Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg fand allein auf der Grundlage ehrbarer Kassageschäfte statt – überflüssigen Unsinn wie Leerverkäufe oder Termingeschäfte brauchte das Wirtschaftswunder nicht. Erst fast 60 Jahre später fiel das Verbot und Anfang 1990 ging die DTB Deutsche Terminbörse an den Start. Und weil seitdem für die sogenannte Finanzindustrie der Instrumentenkasten zum Bescheißen der Mitmenschen ungeheuer groß geworden ist, taumelt seitdem auch die Finanzaufsicht völlig überfordert durch den Dschungel – mit, siehe oben, völlig surrealen Ergebnissen ihrer Arbeit.
Kurz vor Ostern möchte man noch ein Stoßgebet gen Himmel schicken: „Herr, laß in Bonn über der Graurheindorfer Straße 108 Hirn vom Himmel regnen.“ Denn Hirn ist im Dienstgebäude der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Mangelware.
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