Global Challenges
Man könnte als deutsches Handelsblatt natürlich auch sagen „Globale Herausforderungen“, und die treiben den zuständigen Handelsblatt-Redakteur um, der dann doch lieber „Global Challenges“ als Überschrift wählt. Man ist ja multikulti. Heute lässt er Ann-Kristin Achleitner zu Wort kommen, Co-Direktorin des Center for Entrepreneurial and Financial Studies (CEFS) an der TU München. Das klingt natürlich wesentlich wichtiger als „Zentrum für Unternehmens- und Finanz-Studien“. Vielleicht ist die Leitung der TU München aber auch nur besorgt, dass Hochdeutsch in Bayern nicht überall verstanden wird.
Jedenfalls, Frau Achleitner meint: „Die europäische Industrie muss gerade in Coronazeiten verstärkt mit Start-ups kooperieren. Sonst droht dem Kontinent technologisch der Rückfall.“
Da möchte das unbedarfte Männlein vom Rübenfeld gleich einmal einwerfen: „Ja und? Was wäre da das Problem?“
Das unbedarfte Männlein vom Rübenfeld hat nämlich in den letzten Wochen und Monaten sehr viel nachgedacht. Und sich die Frage gestellt, ob man nach Corona (wenn es ein „nach Corona“ überhaupt jemals gibt) einfach so weitermachen kann wie vorher. Oder ob man nicht viele bisher für selbstverständlich gehaltene Glaubenssätze unserer Wirtschafts- und Sozialordnung vorsichtshalber einmal hinterfragen muss.
Es gibt da beispielsweise im südlichen Afrika die San, eine aus der Savanne kommende Volksgruppe von heute noch schätzungsweise 100.000 Menschen. Die Savanne bot den in Gruppen lebenden San stets so viel Nahrung, dass auch der Lebensunterhalt arbeitsunfähiger, kranker und alter Gruppenmitglieder gesichert war. Die Gruppe, eine egalitäre Gesellschaft ohne politisches Führungssystem und ohne Jurisdiktion, teilt alles. Gearbeitet (vor allem gejagt) wird, solange die Strukturen noch traditionell sind, nur so lange, bis der Lebensunterhalt eines Tages gesichert ist. Dann ist Feierabend. Der nächste Tag bringt für die Gruppe stets genug neue Nahrung, Vorräte anzulegen ist überflüssig. Deshalb dauert der Arbeitstag der traditionellen San selten länger als 4 Stunden, weshalb einige arrogante Weiße sie irrtümlich für faul halten.
Mit dieser Lebensform waren die Volksgruppen der San mindestens 20.000 Jahre lang erfolgreich. Dagegen ist dem Verfasser dieser Zeilen keine auf dem Prinzip „altius, citius, fortius“ fussende Gesellschaftsordnung bekannt, die länger als gerade mal ein paar Jahrhunderte überlebt hätte. Grund genug also, mal darüber nachzudenken, wer eigentlich besser begriffen hat was tatsächlich der Sinn des Lebens ist: Die San oder wir.
Schade, dass diese wahrscheinlich dringend nötige neue Nachdenklichkeit spurlos vorbeizuziehen scheint an Menschen wie Frau Achleitner, die noch auf dem Höhepunkt der Krise nichts bessseres zu verkünden haben als ein stumpfes „Bloss immer weiter so – noch höher, noch weiter, noch schneller – bloss nicht zurückfallen“. Wahrscheinlich war Frau Achleitner im Gegensatz zum Verfasser dieser Zeilen auch in den letzten Wochen und Monaten noch so schwer beschäftigt, daß sie, anders als besagter Verfasser, nicht ganz erstaunt feststellen konnte: Weniger ist mehr.
Categories: Neuigkeiten