Herr „Hätte“, Herr „Wenn“ und Frau „Wäre“

Mit seiner vor allem in dieser Höhe, aber auch zu diesem Zeitpunkt unerwarteten Ausschüttungsankündigung (0,60 EUR = fast die Hälfte der verbliebenen Börsenkapitalisierung zum 15.03.2018) hat der AXA Immoselect in den einschlägigen Internet-Foren für reichlich Diskussionsstoff gesorgt. Die einen beklagen sich, sie wären ja auch noch mit auf den Zug aufgesprungen, wenn sie das nur rechtzeitig mitbekommen hätten. Die anderen bemerken amüsiert, noch vor zwei Wochen habe den Fonds bei 1,24 EUR keiner haben wollen, und jetzt würden 1,40 EUR als „fairer Kurs“ herumgereicht.

Unsere geschätzten Leser und Aktionäre werden bei Lektüre des nächsten Monatsberichts feststellen, daß wir hier schon ganz gut positioniert waren. Aber dieser Drops ist jetzt sozusagen erst mal gelutscht. Es bleibt jedoch stets die spannende Frage: What happens next?

Um wieder einmal einen Einblick in unsere diesbezüglichen Überlegungen zu geben, zitieren wir uns deshalb der Einfachheit selber aus einem unserer Beiträge im Internet-Diskussionsforum Xobor OIF:

Herr „Hätte“, Herr „Wenn“ und Frau „Wäre“ sind bekanntlich die reichsten Leute an der Börse. Wir diskutieren das aus gegebenem Anlaß ja gerade wieder beim AXA Immoselect. Wie dort schon erwähnt habe ich schon mehrfach die erstaunliche Tatsache beobachtet, daß es immer erst einer „Initialzündung“ (wie der unerwarteten Ausschüttungsankündigung des AXA Immoselect) bedarf, ehe ein Kurs ein vorher zementiert erscheinendes Niveau verläßt. Wie andere Forumsteilnehmer schon richtig bemerkten: Bei 1,24 wollte den AXA keiner, und jetzt hält man ihn bis 1,40 für kaufenswert. Wobei man fairer Weise auch dazu sagen muß: Wäre da nicht in den letzten 1-2 Wochen richtig „Suppe“ gekommen (wahrscheinlich vom Berenberg?), dann wären alle noch so schönen Überlegungen ja trotzdem in’s Leere gegangen.

Erstaunlich ist die Beobachtung deswegen, weil ja eigentlich klar war, daß es weiterhin Ausschüttungen geben würde (nur so viel und so schnell hat keiner erwartet), und da kann man ja angesichts der immer klarer werdenden Zeithorizonte zur Abwicklungsdauer auch schon im Vorfeld selber alle möglichen „was wäre wenn“-Berechnungen anstellen.

Ich rechne jetzt einfach mal exemplarisch für zwei Positionen, wo es sich immer noch lohnt, Gehirnschmalz zu investieren.

Erstes Beispiel: KanAm grundinvest. Hat aktuell (Stand 28.02.) 812,9 Mio. EUR Liquidität = 11,35 EUR je Anteil. (NAV ist 13,21 und Börsenkurs 10,52). Letzte große Verkäufe vor einem Jahr (und es scheint üblich zu sein, daß größere Rückbehalte nach 12 Monaten entfallen). Gehe also mal von einer eher guten Ausschüttung bis Mitte des Jahres aus. Behalte dabei im Hinterkopf, daß der AXA Immoselect sagt, bis Q2 2021 (letzter Immobilienverkauf Ende 2017), also nach rd. 3 1/2 Jahren, habe sich das mit den Rückbehalten endgültig erledigt. Kann man nicht 1:1 auf den KanAm übertragen, ist aber ein Indikator.

Alles in einen Topf gerührt erwarte ich also mal, daß die nächste Ausschüttung 3,50 EUR betragen wird. Dann sind wir bei NAV 9,71 und Börsenkurs 7,02. Ich erwarte dann weiterhin (ganz, ganz vorsichtig), daß zum Ende des Jahres nochmals 2,50 EUR kommen. Dann sind wir bei NAV 7,21 und Börsenkurs 4,52. Nur, bei NAV 7,21 wäre der „logische“ Börsenkurs unter Berücksichtigung aller Umstände (auch der Tatsache des Vorhandenseins eines winzigen Restportfolios) etwa 5,40 EUR – und nicht die 4,52 die sich aus der Fortschreibung des heutigen Niveaus ergäben. Also: Wenn ich hier auf dem aktuellen Kursniveau etwas kriege kaufe ich.

Zweites Beispiel: CS Euroreal. NAV 10,09 und Börsenkurs 8,48. Auch da wird es Ausschüttungen geben, ja. Mit im Prinzip natürlich der gleichen Wirkung wie beim KanAm, ja. Vorab muß ich hier aber anders denken. Hier haben wir noch ein Immobilienvermögen von 723 Mio. EUR. Dabei sind natürlich auch einige „lahme Gäule“, allen voran die beiden Glasgow-Objekte und das kleine EKZ in Italien. Aber auch die Porsche-Galerie in Essen, mit 126,3 Mio. EUR Vw inzwischen das mit Abstand größte Fondsobjekt, ist eine echt in die Jahre gekommene alte Jungfer und macht mir durchaus Sorgen. Es ist alles andere als auszuschließen, daß beim Verkauf des Restportfolios am Ende Abstriche i.H.v. 10 % gemacht werden müssen (es gibt ja schließlich auch noch Veräußerungsnebenkosten etc. etc.) Dann sind 72,3 Mio. = 70 cent je Anteil futsch. (Unsere internen Verkaufspreisprognosen mit Bewertungen für jedes einzelne Objekt ergeben aktuell eine Verlustwahrscheinlichkeit von 58 Mio. EUR.) Und dann schreibe ich die heutige Relation mal gedanklich fort auf NAV 9,39 und Börsenkurs 8,48. Selbstverständlich, es gibt auch noch Chancen wie aus der Auflösung der Mietgarantie beim T8, was bis zu 20 cent/Anteil ergeben könnte.

Nun rechne ich auch hier noch in die Zukunft. Der Fonds hat aktuell 420 Mio. = 4,09 EUR/Anteil Liquidität. Ohne weitere Verkäufe werden davon bis Jahresende sicher nicht mehr als 2,00 EUR ausschüttbar sein. Dann lande ich am Jahresende, wieder alles in einen Topf gerührt, perspektivisch bei 7,59 NAV zu 6,48 Börsenwert. Also 14,6 % Abschlag. Das ist dann immer noch kein echtes Schnäppchen – jedenfalls nicht, wenn ich auf Sicht Ende Jahr einen KanAm mit 37,3 % Abschlag kriege.

Wenn aber der CS Euroreal in den nächsten paar Monaten ein paar 100 Mio. EUR an Verkäufen zustande bringt, dann ist das wieder ein „game changer“, bei dem man völlig neu bewerten muß. Aber, wenn man so an die Sache herangeht, gibt das immer ganz klare Wenn-Dann-Beziehungen, auf die man vorbereitet ist und auf deren Basis man in der jeweiligen Situation dann blitzschnell und entschlossen reagieren kann.

Was da nun jeder einzelne für sich selbst draus macht, das muß jeder für sich entscheiden. Gott sei Dank hat ja ein jeder von uns so seine eigenen Denkansätze, und „den“ richtigen Ansatz wird es sowieso nie geben. Das wäre ja auch zu einfach.

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