Dummheit mit Pensionsanspruch

54-56 Rue la Boétie im 8. Arrondissement von Paris ist schon eine Nobel-Adresse. Über ein Jahrzehnt lang hatte der Gebäudekomplex im Haussmann-Stil mit 20.000 m2 Nutzfläche dem KanAm grundinvest gehört. Im Jahr 2011 hatte KanAm das Gebäude komplett repositioniert und anschließend an den Pharmakonzern Sanofi vermietet, der hier jetzt seine Hauptverwaltung unterhält.

2014 hatte der KanAm grundinvest im Zuge seiner Liquidation das Objekt als Teil des „Capital portfolio“ gemeinsam mit Objekten in Montreal und Washington verkauft. Erwerber war ein Konsortium südkoreanischer Lebensversicherer, das vom ebenfalls südkoreanischen Vermögensverwalter IGIS koordiniert wurde. Der auf das Objekt in Paris entfallende Kaufpreisteil soll 350 Mio. EUR betragen haben, finanziert durch 280 Mio. EUR Darlehen der Hessischen Landesbank.

IGIS ist auf dem europäischen Immobilienmarkt keine unbekannte Größe. Kürzlich kauften sie für 87 Mio. EUR die Nestlé-Dependance im spanischen Barcelona, und erst letzte Woche den Trianon Tower mitten in Frankfurt (u.a. Sitz der Deka Bank) für sagenhafte 670 Mio. EUR. Es war nach unserer Erinnerung das erste Mal, daß ein Frankfurter Bürohochhaus einen Quadratmeterpreis von annähernd 10.000 EUR erreichte – Verhältnisse, die man bis dahin nur aus London gewohnt war, und in wenigen Ausnahmefällen auch mal aus Paris.

Aber zurück nach Frankreich. Soeben wurde 54-56 Rue la Bótie schon wieder verkauft. Erwerber ist die Norges Bank, im Auftrag des aus den Öleinnahmen finanzierten norwegischen Staatsfonds. Fast 900 Milliarden Euro haben die norwegischen Asset-Manager derzeit unter’s Volk zu bringen. Da konnte man das Nobel-Objekt in Paris ja fast noch aus der Portokasse bezahlen. Rund 450 Mio. EUR sollen die Norweger für die Sanofi-Hauptverwaltung hingeblättert haben.

Wir lernen daraus zweierlei. Erstens: Den KanAm grundinvest damals in die Liquidation geschickt zu haben war mehr als überflüssig. In puncto Objektauswahl und Fondsmanagement lieferte dieser Fonds absolut überzeugende Leistungen, wie wir jetzt im Nachhinein immer klarer erkennen. Doch alles wurde vom Gesetzgeber und von der BAFin, sich streng an den Buchstaben der Vorschriften klammernd, vollkommen ohne Not in die Tonne getreten. Es zeigt sich an diesem Beispiel besonders deutlich, was der Pferdefuß der allermeisten Gesetze in diesem ach so großartigen Land mit seiner ach so großartigen Regierung ist: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

Zweitens lernen wir: Den Wert eines Objektes machen zwei Faktoren aus. Zum einen der altbekannte Dreiklang Lage, Lage, und noch mal Lage. Zum anderen das timing. Weil der KanAm grundinvest durch unsinnige Anwendung der für diesen eigentlich undenkbaren Fall gar nicht gemacht gewesenen Gesetze unter Auflösungsdruck stand, konnten sich die Südkoreaner am Ende eins in’s Fäustchen lachen und noch mal 100 Mio. EUR obendrauf verdienen. 30 % in vier Jahren ist ohne Frage eine auskömmliche Rendite – und wenn man so stark gehebelt war wie die Südkoreaner mit ihrer 80-%-Finanzierung, dann sieht’s noch schöner aus.

Man gönnt es ihnen ja. Andererseits muß man eben auch klar sehen: Durch Sturheit und Dummheit des Behördenapparates sind hier allein in diesem Einzelfall ganz ohne Not eben mal so 100 Millionen Euro deutsches Volksvermögen durch den Schornstein gegangen. Wenn Dummheit weh täte, dann würde in Bonn aus der Graurheindorfer Straße 108 jeden Werktag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ein entsetzliches vielstimmiges Gebrüll ertönen. Und das allerschlimmste ist: Die Dummheit hat in Deutschland auch noch Pensionsanspruch.

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