Richtig uralt
Etliche Immobilienfonds, die in der letzten Finanzkrise in’s Trudeln gerieten und dann abgewickelt werden mussten, waren überhaupt erst einige Jahre vorher aufgelegt worden. Entsprechend groß waren hier üblicher Weise die Blessuren. Ohne überhaupt mal wenigstens einen Zyklus komplett durchlebt zu haben und deshalb mit ungünstigem timing bei den erst kurz zuvor getätigten Käufen konnten diese Fonds kein Gramm Speck ansetzen. Entsprechend brutal waren für die Anleger die Verluste während der Abwicklung – bis zu 50 % des angelegten Geldes und mehr.
Von ganz anderem Kaliber ist da der DEGI Europa. Ein Produkt ehemals aus dem Hause Dresdner Bank, das die Commerzbank nach der Fusion (im Gegensatz zu den eigenen Immobilienfonds mit Commerzbank-Wurzeln) wie auch die anderen DEGI-Immobilienfonds vor die Wand fahren ließ. Verantwortung einer Großbank sieht nach unserem Weltverständnis zwar anders aus. Aber darum, was die Einfaltspinsel hier auf dem Rübenfeld so denken, hat sich die Commerzbank ja noch nie groß geschert.
Also wieder zum DEGI Europa. Der überraschte gestern nämlich mit einem Anstieg des Rücknahmewertes um immerhin 7,6 % von 1,18 EUR auf 1,27 EUR. Auch hier konnte man auf den letzten Metern ein paar zu reichlich bemessene Rückstellungen auflösen (in dem Fall waren es knapp 2 1/2 Mio. EUR Steuerrückstellungen, die nach Abschluß entsprechender Betriebsprüfungen nicht mehr benötigt wurden) – eine Situation, die uns bei einigen Fonds wohl noch öfter begegnen wird.
Beim Nachschauen im Abwicklungsbericht, wo dieser unerwartete Geldsegen wohl vom Himmel gefallen sein konnte, stießen wir auf eine sehr aufschlußreiche Grafik. Der DEGI Europa ist nämlich ein richtig uralter Fonds. Es gab ihn bereits, als der Verfasser dieser Zeilen in grauer Vorzeit seine Banklehre begann – und das ist jetzt 45 Jahre her! Genauer gesagt gibt es den DEGI Europa schon seit 1972.
Zu Anfang dieses Beitrages hatten wir die Situation bei erst kurz vor der Finanzkrise aufgelegten Fonds beschrieben, wo die Anleger bei der Abwicklung dieser Fonds Wertverluste von teilweise über 50 % erlitten. Bei einem so uralten Fonds wie dem DEGI Europa sieht das Bild dagegen ganz anders aus:
Wer in den DEGI Europa im Jahr 1972 den Gegenwert von 10.000 € investierte, konnte sich bis 2009 über eine Wertsteigerung bis auf 85.000 € freuen. Dann kam die Finanzkrise, der (von der Commerzbank fahrlässig hingenommene) Absturz und schließlich die Abwicklung. Die ging nicht ohne blaue Flecken: Heute sind noch 50.000 € übrig, nach dem gestrigen NAV-Anstieg aber schon wieder 7,6 % mehr. Die letzten 10 Jahre waren für Alt-Investoren also kein Zuckerschlecken; wer aber von Anfang an dabei war (ganz so viele Leute werden das wohl nicht sein), konnte sein Geld in fast einem halben Jahrhundert trotzdem noch verfünffachen. Daraus lernen wir jetzt zweierlei:
Erstens: Offene Immobilienfonds mit einem einigermaßen brauchbaren Management sind offenbar gar kein so schlechtes Finanzprodukt.
Zweitens: Wenn es hart auf hart kommt und ein Fonds unter Zwang aufgelöst werden muß, erweisen sich im Schnitt 20 – 30 % des von hochmögenden Sachverständigen festgestellten angeblichen Wertes als heiße Luft. Im Umkehrschluß heißt es aber auch: 70 – 80 % des Vermögens sind für die Anleger selbst im Falle einer Abwicklung eines offenen Immobilienfonds augenscheinlich zu retten. Im Vergleich zu anderen Anlagen, mit denen man im Laufe seines Lebens so auf die Schnauze fallen kann, ist das doch gar keine so schlechte Quote … o:)
In dem Sinne: Ein schönes, erholsames und sonnenreiches Wochenende.
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