SEB ImmoInvest: Preiswert oder nicht preiswert?

Im Vergleich zu vergleichbaren Fonds hat der SEB ImmoInvest seine ganz eigene Geschichte geschrieben.

Im Jahr 2016 konnten unsere beiden stärksten Depotpositionen kräftig zulegen, der CS Euroreal um 11,0 % und der KanAm grundinvest sogar um 13,0 % – der SEB ImmoInvest dagegen (von dem wir uns in weiser Voraussicht schon im Frühjahr 2016 vollständig getrennt hatten) rutschte noch einmal um 3,6 % ab.

Der Jahresbeginn war kaum erfreulicher: Von 13,95 € am 30.12.16 fiel der Kurs bis 17.3.17 noch einmal um 7,5 % auf 12,90 €. Dann gab es (endlich) wieder einmal ein paar neue Nachrichten über getätigte Verkäufe. Bis heute konnte der Kurs deshalb mehr als die Hälfte der erneuten Verluste im laufenden Jahr wieder egalisieren. Aktuell stehen wir bei 13,64 €. Wir selbst waren übrigens mit einer Anfangsposition nach einem Jahr Abstinenz bei 12,95 € wieder eingestiegen.

Angesichts der bevorstehenden großen Ausschüttungen des CS Euroreal und später auch des KanAm grundinvest muß demnächst einiges Geld reinvestiert werden. Schon wegen eines zunehmenden Mangels an Alternativen rückt nun auch der SEB ImmoInvest wieder in’s Fadenkreuz.

Deshalb haben wir uns im Augenblick verstärkt mit der Frage zu beschäftigen: Ist der SEB ImmoInvest auf der heutigen Kursbasis preiswert oder nicht?

Diese Frage hat auch deswegen Bedeutung, weil in den nächsten Wochen und Monaten weitere ca. 1,8 Mio. Anteilscheine des SEB ImmoInvest (von 116,6 Mio. umlaufenden Stücken) von Dachfonds  in den Markt gedrückt werden müssen. Schon mit nur der Hälfte dieser Menge hatten die Dachfonds in den letzten 12 Monaten den Kurs des SEB ImmoInvest teilweise mächtig unter Druck gebracht.

Selbst wenn der SEB ImmoInvest heute mit einem im Börsenkurs ausgedrückten Abschlag von ca. 40 % auf die Verkehrswerte des Restportfolios als preiswert anzusehen wäre – die drohenden Dachfonds-Verkäufe können hier im 1. Halbjahr weiterhin jede sinnvolle wirtschaftliche Betrachtung konterkarieren.

Schauen wir uns die wesentlichen Bestandteile des Restportfolios mit addierten Verkehrswerten von aktuell 1,3 Mrd. € also etwas genauer an:

22,8 % verteilt auf 15 Objekte im Wert von 296 Mio. € liegen in Deutschland. Ein sehr unspektakulärer Rest ohne Highlights und fast vollständig in B- und C-Städten abseits der Hochglanz-Lagen. Weitere 20 % Abschlag rechnen wir hier mal vorsichtshalber rein.

20,0 % verteilt über 17 Objekte im Wert von rd. 260 Mio. € in den Niederlanden ist vergleichsweise extrem viel. Nach bisher unbestätigten Berichten soll ein Portfolio-Verkauf im Wert von 100 Mio. € kurz vor dem Abschluß stehen. Das dürften in SEB-typischer Manier die eher unproblematischen Bestandteile sein, wo wir glauben, daß man mit 8 % Abschlag auskommen wird. Für den Rest rechnen wir mit 20 %.

Ebenfalls 20,0 % oder rd. 260 Mio. € machen die sechs Objekte des „Chesterbrook Portfolios“ sowie ein Bürogebäude in Herndon aus.

Chesterbrook ist ein in den 1980er Jahren entstandener Bürokomplex in der Nähe von Philadelphia mit Mietern vor allem aus der Pharma-Branche. Der Office-Markt ist schnelllebig, und inzwischen fast 40 Jahre sind (vor allem in den USA) für ein Bürogebäude auf dem platten Land ein nahezu biblisches Alter. Wir sind da mal durchgefahren: Über dieses Ensemble ist inzwischen die Zeit hinweggegangen, und auf eine Trendwende besteht kaum mehr Aussicht. Die Leerstandsraten klettern beständig und übersteigen inzwischen 15 %. „Bloß irgendwie weg“, dürfte hier die Devise lauten, und das wird nach unserer Einschätzung noch mal 25 % Abstriche kosten.

Keine andere Einschätzung haben wir für das Objekt in Herndon. Das ist eine Büro- und Wohnvorstadt von Washington, und wer sie kennt (was wir tun, weil wir dort regelmäßig beruflich zu tun haben), wird uns beipflichten: Hier möchstest Du nicht tot über dem Zaun hängen …

13,5 % sind ein buntes Sammelsurium von 8 Objekten im Wert von 175 Mio. € verteilt über den Rest Europas. 1 Objekt in Belgien (6 Mio.), 2 in Finnland (37 Mio.), 1 in Frankreich (20 Mio.), 1 in Österreich (43 Mio.), 1 in Polen (28 Mio.) und 2 in Ungarn (41 Mio.). Hier würden wir im Schnitt Abschläge von 12 % erwarten.

Der aufmerksame Leser (und wir wissen, daß wir viele aufmerksame Leser haben) wird jetzt mitgerechnet haben und fragen: Und wo sind die restlichen 23,0 %, sprich gut 300 Mio.?

Ja, das ist das besondere Problem bei der Analyse dieses Fonds. Das ist Italien. Auch das geht überall sonst inzwischen wieder wie geschnitten Brot (siehe der jüngste Objektverkauf beim DEGI International zweistellig über Verkehrswert). Doch das Portfolio des SEB ImmoInvest ist, fachchinesisch ausgedrückt, „nicht granular“. 72 Mio. verteilen sich auf zwei etwas abseitige Bürogebäude und ein (praktisch schon verkauftes) Hotel in Mailand sowie ein Einkaufszentrum in Udine, das um’s Überleben kämpft. Alles nicht toll, aber alles irgendwie verschmerzbar.

Doch der ganze Rest von 235 Mio., also allein 18 % vom Wert des Restimmobilienbestandes des Fonds, stecken in nur einem einzigen Objekt: Das ist der Bürokomplex Via Laurentina 449 in Rom, derzeit noch Konzernzentrale des italienischen Energieriesen ENI (zu dem u.a. die Tankstellenkette Agip gehört). Dazu vernehmen wir dem Fondskommentar vom 07.03.2017 etwas weinerlich: „Der aktuelle Mietvertrag läuft bis 31.08.2018 und trotz Sanierung sämtlicher Gebäude in den Jahren 2009-2015 wird der Mieter voraussichtlich das Gebäude aus strategischen Gründen verlassen.“ Schöne Scheiße. 47.000 qm Bürofläche musst Du erst mal wieder neu vermietet kriegen. Und das auch noch nach dem Übergang des Restportfolios auf die Depotbank am 30.04.2017? Schlimmsten Falls könnte das eine ziemlich üble Hängepartie werden …

Unsere aktuelle Rechnung ist deshalb wie folgt:

Für den ganzen Rest ohne Via Laurentina rechnen wir mit Brutto-Verkaufserlösen von 850 Mio. €. Das ist kaum mehr als die 800 Mio. €, mit denen der gegenwärtige Börsenkurs das Restportfolio des SEB ImmoInvest bewertet. Wenn man dann auch noch Transaktionskosten von 2-3 % im Hinterkopf berücksichtigt, und die in etlichen Ländern (z.B. den Niederlanden mit ihrem immer noch großen Portfolio-Anteil) anfallende Grunderwerbsteuer bei Übergang des Fonds auf die Depotbank am 30.04.2017, dann ist das Ertragspotential ohne die Via Laurentina mehr oder weniger Null.

Ausgerechnet bei dem Fonds mit den mit Abstand meisten Restobjekten wird über Wohl oder Wehe des Abwicklungs-Erfolges am Ende nur von einer einzigen Immobilie entschieden. Die Frage, ob man am SEB ImmoInvest noch etwas verdienen kann, reduziert sich nämlich ganz allein auf die Frage: Bekommt der Fonds für die Via Laurentina in absehbarer Zeit eine Anschlußvermietung hin? Und wann, wie und zu welchem Preis kann er sie danach verkaufen?

Die Antwort wird nach unserer Einschätzung noch eine Weile auf sich warten lassen. Vielleicht kommen demnächst noch einmal (wie in der zweiten März-Hälfte) Kurse, bei denen auch wir nicht mehr „Nein“ sagen können – vor allem, wenn in nächster Zeit der eine oder andere Dachfonds mit seinen erzwungenen Verkäufen zeitlich unter Druck gerät. Bis dahin aber gilt die kasachische Börsenweisheit: „Vom Füße stillhalten kriegst Du keine Pestbeulen an den Beinen.“

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