Sour Cucumber Time
In der Tat, es ist Saure-Gurken-Zeit. Nix, worüber man sich vernünftiger Weise an dieser Stelle auslassen könnte. Keine Neuigkeiten von unseren abwickelnden Offenen Immobilienfonds – wie auch, wenn die seit einiger Zeit alle nur noch die Kontoauszüge ihrer Bankkonten aufschlitzen und sich nur ganz gelegentlich mal bequemen, ihren Anlegern auch ein bißchen was zurückzuzahlen? Corona ist kein Aufreger mehr – selbst der Verfasser dieser Zeilen ist inzwischen zwei Mal geimpft. Und trauert deshalb um so mehr dem gerade in’s Wasser gefallenen Schottland-Kurzurlaub nach, weil den Inselaffen (jawohl, auch hier vorbildlich korrekt:) und den Inseläffinnen jetzt die immer noch engen Verbindungen zu ihrer früher grössten Kolonie auf die Füsse gefallen sind. Der Bundestagswahlkampf ist eingeläutet, doch überall so brav, dass selbst das mörderische Duell Baerbock-Laschet mit Olaf Scholz als Muppet-Show-Balkon-Opa kaum Material für Satire bietet. Und schließlich: Wann haben Sie das letzte Mal etwas von oder über Donald Trump gehört? Da wollen wir doch mal wieder den Altsprachler raushängen lassen: Sic transit egomania mundi.
Also, was bleibt dem armen Verfasser dieser Zeilen übrig als es genau so zu machen wie die öffentlich-rechtlichen Sender? Wiederholungen. Mindestens sieben Mal hätten Sie sich dieses Jahr im öffentlich-rechtlichen Programm „Mit dem Schiff durch den Götha-Kanal“ bereits auf virtuelle Urlaubsreise begeben können. Das fiel dem Verfasser dieser Zeilen besonders auf, weil er erstens solche Filme durchaus liebt, und weil zweitens die Götha-Kanal-Bolag eine Aktiengesellschaft ist, deren wunderschöne, bereits 1833 ausgegebene historische Aktien im Sammlermarkt in ausreichender Zahl verfügbar sind. Innerhalb der letzten drei Tage hätten Sie alternativ auch gleich drei Mal den Polizeiruf 110 „Frau Schrödingers Katze“ ansehen können.
Vorhin radelte der Verfasser dieser Zeilen versonnen Richtung Finanzamt, auf dem Gepäckträger die restlichen Unterlagen, die der CS Realwerte AG den Weg für eine ansehnliche Steuererstattung bereiten mögen. Zwischen Mohnblumen und fast reifen Getreidefeldern kam die Erinnerung an einen Besuch auf der Anlegermesse in München, kurz nach der Jahrtausendwende. So etwas nutzten wir früher gerne, um mit unseren historischen Wertpapieren den Leuten zu sagen: Schaut her, irgendwann wird sowieso alles wertlos. Warum Zeit verschwenden? Sammeln Sie doch gleich historische Wertpapiere …
Die Lehmann-Pleite, die im September 2008 die Finanzwelt in den Abgrund riß und später auch für die Abwicklung diverser Offener Immobilienfonds ursächlich war, hatte noch nicht stattgefunden. Zertifikate waren gerade ein ganz heißes Thema, kaum etwas anderes präsentierten die diversen Anbieter dieser Anlegermesse. Nach Messeschluß musste der Verfasser dieser Zeilen zum Bahnhof. Taxis waren Mangelware, und so ergab es sich, dass mit der ansehnlichen jungen Dame in der Warteschlange vor mir – auch sie wollte zum Bahnhof – die vernünftige Lösung gefunden wurde, sich das Taxi zu teilen.
Wie gesagt, Zertifikate waren das alles beherrschende Thema dieser Anlegermesse. Ziemlich zum Schluß des lebhaften Smalltalks im Taxi fragte ich die ansehnliche Mitfahrerin also: „Und Du, was kaufst Du so für Zertifikate?“ – „Zertifikate? Ich bin doch nicht bescheuert! Meine Ersparnisse stecke ich ausschließlich in Bundesanleihen.“
Die Antwort hätte den Verfasser dieser Zeilen nicht ganz so sprachlos gemacht, wenn er nicht vorher gesprächsweise erfahren hätte, was die abteilungsleitende Dame beruflich so machte: Für die Société Générale leitete sie, mit Dienstsitz in London, den SG-Zertifikate-Vertrieb an die deutschen Sparkassen. Über die in weiten Teilen der sogenannten Finanzindustrie schon damals herrschende Moral darf man sich dann seinen Teil denken.
Aber wie kommt man an einem so schönen Sommertag bloß auf solche Gedanken aus der Vergangenheit? Nun, der Verfasser dieser Zeilen legte heute vormittag letzte Hand an das Grafiker-Manuskript für den Geschäftsbericht 2020 der CS Realwerte AG. Darin wird auch ein im Gründungsjahr 1989 ausgegebener Original-Investmentanteilschein des BfG:ImmoInvest (heute SEB ImmoInvest) abgebildet sein. Bei der Recherche der Daten und Fakten für die Bildunterschrift fiel dem Verfasser dieser Zeilen dann auf, daß selbst bei diesem „Methusalem“ der Immobilienfonds die Abwicklungsphase am Ende kaum weniger lang gewesen sein wird als die aktive Schaffensphase des Fonds. Etliche jüngere Fonds schaffen es sogar locker, dass ihre Abwicklung mehr als doppelt so lange dauern wird wie ihre aktive Zeit im Vertrieb. Und den Vogel schießt ganz gewiß der CS PROPERTY DYNAMIC ab, der überhaupt erst 2006 aufgelegt wurde, nach nur gut fünf Jahren im März 2012 die Rücknahme seiner Anteilscheine aussetzte und nun im Abwicklungsbericht erklärt, daß mit der endgültigen Auflösung des Fonds „nicht vor dem Jahr 2029“ zu rechnen sei. Sic transit gloria mundi …
Anlageprodukte? Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie am besten erst gar keinen (außer vielleicht den Verfasser dieser Zeilen, der Ihnen als besten Rat aber auch nur geben kann: am sichersten sind Sie vor Verlusten am Kapitalmarkt geschützt, wenn Sie gar kein Geld anzulegen haben).
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