Wirtschaft fordert Flexibilität
Titelt heute das „Handelsblatt“, um in der Unterzeile fortzufahren: Deutsche Firmen verlangen von ihren Beschäftigten Änderungsbereitschaft bei der Digitalisierung der Arbeitswelt.
Ausdrücklich zitiert wird da Janina Kugel, Personalvorstand bei Siemens. Mit der apokalyptischen Ansage, daß es nicht gelingen werde, alle Mitarbeiter ins digitale Zeitalter mitzunehmen. Eine bei Lichte besehen ziemlich unverschämte Drohung gegenüber Leuten, die über den Sinn von Fortschritt und, wenn man einen solchen bejahen würde, das notwendige Tempo einfach nur anders denken.
Da wundert sich der hinterwäldlerische, allerdings trotzdem auch humanistisch erzogene arme Tropf hier auf dem Rübenfeld dann doch. Wo sind wir denn inzwischen hingekommen, daß eine angeblich gebildete Frau auf der Titelseite einer renommierten Zeitung allen Ernstes fordern darf, die Menschen hätten sich dem digitalen System anzupassen?
Besagter armer Tropf dachte bisher eigentlich immer, es sei eine typisch chinesische Denkweise, daß sich der Mensch dem System anpassen müsse. Sind wir inzwischen so weit gekommen, daß der Siemens-Vorstand glaubt, typisch chinesisch denken zu sollen? Na dann, Gute Nacht Deutschland, Gute Nacht Abendland.
Auch wenn ich irgendwann der letzte Mensch mit dieser altmodischen Denke sein sollte: Ich bin fest davon überzeugt, daß es in einer in der Tradition von Humanismus und Aufklärung stehenden Gesellschaft dem Zweck menschlichen Daseins wesentlich näher kommt, daß sich die Systeme nach den Menschen richten und nicht umgekehrt. Wir sind nämlich, anders als Sie, verehrte Frau Kugel, sich die Funktionsweise einer größeren Menge Mensch scheinbar vorstellen, kein Ameisenvolk.
Ich würde ja gern mal bei einer Tasse Kaffee mit Ihnen diskutieren, welchem Leitbild ein deutscher Manager in der Tradition von Humanismus, Aufklärung und Kaufmannsehre folgen sollte. Ich fürchte nur, Frau Kugel, für so wichtige Gespräche haben Sie in Ihrer durchdigitalisierten Scheinwelt überhaupt keine Zeit. Mal ganz davon abgesehen, dass die von Ihnen so stark propagierte Künstliche Intelligenz ja auch mit dem Begriff „Ehre“ nichts anfangen kann und wir insofern wohl sowieso aneinander vorbei reden würden.
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