20 Millionen sind relativ
Bei Durchsicht des gerade veröffentlichten Abwicklungsberichtes des CS Euroreal per 30.09.2023 stolperten wir über die Position „Rückstellungen“. Von den zurückgestellten 22,0 Mio. EUR entfallen allein 21,9 Mio. EUR auf eine Position „Rückstellungen für Ertragsteuern im Ausland“. Das sind nahezu 10 % des Fondsvolumens von derzeit noch 234 Mio. EUR, also nicht ganz wenig. Folglich legte sich die Stirn des Verfassers dieser Zeilen in Falten, auf der Stern erschien ein Fragezeichen und der Satz vor diesem Fragezeichen lautete: Wat is dat?
Rückblende: Bei Übergang des Verwaltungsmandats auf die Depotbank (Commerzbank), also am 30.4.2017, hatte der CS Euroreal noch ein Volumen von 1,55 Mrd. EUR. Die Rückstellungen waren zu dem Zeitpunkt mit 173 Mio. EUR dotiert. Darin enthalten: Gerade erst gebildete 23,7 Mio. EUR für Steuern aus realisierten Verkäufen des abgelaufenen Geschäftsjahres. In Relation war das kein Betrag den man damals hinterfragen wollte: Auf der anderen Seite standen ja noch 29 zu veräußernde Objekte mit einem Verkehrswert von rd. 1,4 Mrd. EUR. Die Imponderabilien daraus betrugen ein Vielfaches des Betrages der in Rede stehenden Rückstellung.
Doch heute haben wir ganz andere Relationen: Seit dem Zeitpunkt der Rückstellungsbildung ging das Fondsvolumen von 1,55 Mrd. auf 234 Mio. EUR zurück. Die in Rede stehende Rückstellung dagegen veränderte sich mit 21,9 Mio. EUR so gut wie gar nicht. Damals im Gesamtkontext kaum beurteilungsrelevant, heute aber sind’s eben fast 10 % des Fondsvolumens.
Ziemlich schnell (unsere Aktenführung ist schon ganz ordentlich) ließ sich die Frage beantworten: Wo kam das denn mal her? Im Geschäftsjahr 2016/17 gab es bei den Verkäufen nur ein einziges ausländisches Objekt, dessen Größenordnung dazu taugte, eine derart hohe Rückstellung zu veranlassen: Das Einkaufszentrum Le Befane im italienischen Rimini (Verkehrswert damals: 241 Mio. EUR), Ende 2016 im Paket mit der Rathaus-Galerie in Leverkusen und dem Mercado in Nürnberg zu einem rückschauend betrachtet phantastischen Paketpreis an Union Invest verkauft.
Gebildet wurde die Rückstellung zur Jahreswende 2016/17. Heute haben wir Anfang 2024. Und kein italienisches Finanzamt hat scheinbar in der Zwischenzeit den Finger gehoben und Geld haben wollen. Die ganze Sache sieht irgendwie aus nach dem Kamel, das man sich dringend wegwünscht, damit es ja nicht das Gras von so einer alten Sache runterfrißt. Rechnen wir mal weiter: Steuerliche Verjährungsfristen würden hier wohl 2027/28 ablaufen. Und das passte dann irgendwie wieder zu der Aussage im Abwicklungsbericht: Finale Auflösung nicht vor dem Jahr 2029.
Ob es wirklich so ist? Wir können darüber nur spekulieren. Auch wenn es abgesehen von den Bankguthaben heute die mit Abstand größte Bilanzposition des Fonds ist: Die Verwahrstelle (Commerzbank) hält es keineswegs für notwendig, die Fonds-Investoren über die Hintergründe einer derart bedeutsamen Position auch nur ansatzweise aufzuklären.
So können wir das Thema zum gegenwärtigen Zeitpunkt und ohne wirklich belastbare Informationen nur in einen Bilanzposten buchen, den außer der CS Realwerte AG nicht so viele andere Firmen haben dürften: Der Posten heißt „Phantasie und Träume“. Stellen wir uns nur mal vor, die Rückstellung würde tatsächlich nicht benötigt und in einigen Jahren aufgelöst: In Anbetracht der Höhe unserer Beteiligung am CS Euroreal würde das später mal allein für uns einen a.o. Ertrag von etwa 2 Mio. EUR bedeuten.
Prosit Neujahr.
Categories: Neuigkeiten