Kaufen, wenn die Kanonen donnern?

Das Zitat wird einem Rothschild zugeschrieben. Er hat ja recht. „Buy low“ findet nicht dann statt, wenn sich alle gerade friedlich auf dem Ponyhof wähnen. So kann man das auch mit dem KanAm grundinvest sehen. Der im Fonds enthaltene Bargeldbestand liegt bei 14,22 EUR pro Anteil. Die vier Restimmobilien (auf Basis Verkehrswerte nochmal 2,30 EUR pro Anteil) gibt es da ohnehin gratis obendrauf. Es macht jedenfalls keinerlei Sinn, diesen Fonds jetzt zu Kursen um 13,30 noch zu verkaufen – im Gegenteil wären auf der Basis eher schon Käufe überlegenswert.

Mag die Verärgerung über die ungerechtfertigt hohen Liquiditätseinbehalte und die im jüngsten Abwicklungsbericht offenkundig gewordene eher geschmacklose Selbstbedienung von Fondsmanagement und Depotbank auch noch so groß sein: Was wir in unserem gestrigen Beitrag zu dem Thema kritisiert haben, ist Vergangenheit und im Anteilscheinpreis längst verarbeitet. Es sollte jedenfalls kein Anlaß sein, nachträglich den Kurs zusammenzuprügeln.

Trotzdem müssen wir heute noch einmal etwas mehr in ein spezielles Detail gehen, und das ist die offizielle Begründung, warum die hohen Liquiditätseinbehalte angeblich notwendig und unabdingbar sind.

Im Abwicklungsbericht des KanAm grundinvest heißt es dazu auf Seite 12: „Zur Sicherstellung der langfristigen Zahlungsfähigkeit und zum Schutz des KanAm grundinvest Fonds vor einer Zahlungsunfähigkeit wurde eine Risiko-Policy entwickelt, um die notwendigen Liquiditätseinbehalte so präzise wie möglich zu erfassen.“

Das klingt auf den ersten Blick wirklich seriös und fürsorglich. Wahrscheinlich hat das auch die BAFin den Fondsmanagern ohne weiteres Nachdenken abgekauft. Wer will schon die Insolvenz eines Fonds? Bei verständiger Würdigung der Fakten entpuppt es sich aber auch nur als gemeine Nebelkerze, mit der den Anlegern besondere Fürsorge vorgegaukelt werden soll – obwohl es in Wahrheit nur ganz egoistisch um den Selbstschutz der Fondsmanager zum Schaden und auf Kosten ihrer Anleger geht.

Dazu muß man wissen: Ein Fonds ist ein Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Geht er pleite, weil er zu früh oder zu viel Liquidität an die Anteilscheininhaber ausgeschüttet hat, dann kann uns Anlegern das vollkommen egal sein. Von den Anlegern könnte in diesem Fall nämlich niemand auch nur einen Pfennig zurückfordern.

„Dran“ wären in dem Fall die Kapitalverwaltungsgesellschaften. Und die sind, jedenfalls in Relation zur Höhe der von Ihnen verwalteten Vermögenswerte, kapitalmäßig sehr schwach auf der Brust. So hat zum Beispiel die KanAm grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH (vor allem KanAm grundinvest) ein Eigenkapital von 30,6 Mio. EUR. Die Credit Suisse Asset Management Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH (vor allem CS Euroreal) bringt es sogar nur auf 8,1 Mio. EUR und wird damit de facto sogar noch von der popligen, auf dem Rübenfeld in Wolfenbüttel beheimateten CS Realwerte AG deklassiert. Träte hier aus früheren Fonds-Ereignissen tatsächlich ein Haftungsfall ein, käme man angesichts früherer Milliarden-Immobilienvermögen mit dem bisschen Eigenkapital nicht mal um die nächste Straßenecke.

Die KanAm grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH bringt das in ihrem im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschluß 2016 im Risikobericht auch ganz unverblümt auf den Punkt: „Risiken bestehen aufgrund von möglicher Weise schlagend werdende liquiditätswirksamen Risiken im KanAm grundinvest Fonds nach Übergang auf die Depotbank. Folge einer hierdurch verursachten Insolvenz des Sondervermögens wäre, aufgrund der Höhe der potenziellen Ansprüche und einer möglichen subsidiären Haftung der Kapitalverwaltungsgesellschaft, auch die Insolvenz der Gesellschaft. Zur Steuerung des Risikos wurde das vorhandene Risikomanagementsystem weiterentwickelt. Dieses sieht vor, dass die Liquidität des Sondervermögens erst nach Wegfall der betreffenden Risiken zur Ausschüttung an die Anleger vorgesehen wird.“ Böse Kommentatoren würden jetzt wohl sagen: Also am Sankt-Nimmerleins-Tag.

Den Fondsmanagern geht es ganz bestimmt nicht um das Wohl ihrer Anleger – die sind ihnen im Zweifel herzlich egal. Was den Fondsmanagern in Wirklichkeit schlaflose Nächte bereitet, ist das Gespenst „Durchgriffshaftung“. Geht nämlich die Kapitalverwaltungsgesellschaft pleite, könnte es ja sein, dass irgendwer die Herren Geschäftsführer in Regreß nimmt. Und denen fehlt das nötige Polster, denn von einem Jahresgehalt von lediglich einer Dreiviertel Million Euro pro Nase kann man ein solches ja unmöglich aufbauen.

Nur deshalb wurde beim KanAm grundinvest aus mehr als 1 Mrd. EUR zurückgehaltener Liquidität eine Panzerplatte geschmiedet, die schlussendlich nur eines schützt: Den Lebensstandard der Geschäftsführer.

Dass wir Anleger mit unserem Geld diese Panzerplatte zur Verfügung halten, bekommen wir aber nicht etwa honoriert. Nein, ganz im Gegenteil. Dafür dass wir die Geschäftsführer und die Geschäftsinhaber der Depotbank vor einer nur theoretisch denkbaren Durchgriffshaftung abschirmen, zahlen wir ihnen für unser allein zu ihrem Schutz zurückgehaltenes Geld auch noch eine Verwaltungsgebühr von 1,2 % p.a. und an die Depotbank außerdem noch ein „Verwahrentgelt“.

Das ist so, als ob Sie eine Haftpflichtversicherung abschließen, und anschließend trägt die Versicherung nicht nur das Risiko, sondern überweist Ihnen jedes Jahr aus Dankbarkeit für den Vertragsabschluß auch noch die Prämie. Im wirklichen Leben ist es leider umgekehrt. Nur bei den abwickelnden Immobilienfonds funktioniert diese verkehrte Welt tatsächlich. Ob es die BAFin eines Tages doch noch mitkriegt, wie hier die Anleger der abwickelnden Offenen Immobilienfonds über den Tisch gezogen werden?

Sucht man nach einem Motiv für die übertrieben hohen Liquiditätsrückbehalte, dann wird man in den im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüssen beider Gesellschaften fündig. Die Lektüre wäre auch der BAFin dringend anzuraten.

Die KanAm grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH erzielte im Geschäftsjahr 2016 Provisionserträge von 59,2 Mio. EUR, davon stammen deutlich mehr als 80 % aus dem KanAm grundinvest, und davon wiederum sind fast 60 % Provisionen, die aus Immobilienverkäufen generiert wurden.

Die Credit Suisse Asset Management Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH erzielte im Geschäftsjahr 2016 Provisionserträge von 36,2 Mio. EUR, von denen 29,5 Mio. EUR = 81,5 % aus dem CS Euroreal stammten, davon wiederum waren rund ein Drittel transaktionsabhängig.

Bei beiden Gesellschaften sind also unsere Fonds praktisch die einzige Muttersau, bei der die Ferkel noch säugen können. Und die Zitze mit der fetten Milch der transaktionsabhängigen Provisionen ist bei KanAm grund schon ausgetrocknet, bei Credit Suisse wird das in Bälde auch der Fall sein.

Es bleibt dann nur noch eine einzige Zitze, die Milch gibt: Die Berechnung von Verwaltungsgebühren auf in den Fonds zurückgehaltene Liquidität. Für beide Kapitalverwaltungsgesellschaften ist diese Einnahmequelle künftig so ziemlich das einzige, was ihr Überleben sichert. Ohne diese Einnahmequelle wären sie theoretisch pleite. Auch das geben sie in ihren veröffentlichten Jahresabschlüssen mehr oder weniger freimütig zu.

Vor diesem Hintergrund ist es rein menschlich gesehen ja sogar verständlich, daß die Kapitalverwaltungsgesellschaften sich an das Geld ihrer Anleger so viel und so lange wie nur möglich klammern und an sich darstellbare Auszahlungen so weit wie nur irgendwie möglich verhindern oder mindestens verzögern.

Auch wenn Investmentfonds-Anleger nach den derzeit geltenden Bestimmungen des Investment-Gesetzes der Willkür eines Fondsmanagements völlig schutzlos ausgeliefert sind, und auch wenn sich Kapitalverwaltungsgesellschaften ihren Anlegern gegenüber nach geltender Rechtslage selbst für noch so absurde und nicht nachvollziehbare Aktionen noch nicht einmal rechtfertigen müssen: Das kann in dieser Angelegenheit nicht das letzte Wort gewesen sein.

Es ist schon zu hoffen, daß die zuständigen Behörden irgendwann doch auf diese Unregelmäßigkeiten und die mit System betriebene Ausplünderung der Fondsvermögen aufmerksam werden und dann entsprechend handeln.

Ende mit Schrecken, oder Schrecken ohne Ende?

Der eine oder andere Leser mag finden, daß wir heute insgesamt zu negativ drauf sind. Erst kriegt der KanAm wegen seiner Gebührenschinderei ordentlich Haue, und dann wird auch noch (was hier ja ohnehin in schöner Regelmäßigkeit passiert) SEB/Savills-Bashing betrieben. Aber da muß die verehrte Leserschaft durch – jeder, auch der Verfasser dieser Zeilen, hat das Recht auf depressive Momente. Vor allem jetzt im Herbst, wo es abends so früh dunkel wird, daß man zu Hause im Garten fast jeden Tag auf die Schnauze fällt bei der Suche nach dem blöden Rasenroboter, der sich mal wieder irgendwo festgefahren hat (ein italienisches Produkt, selber schuld).

Aber darüber wollten wir uns doch gar nicht beklagen. Sondern lieber wieder SEB/Savills durch den Kakao ziehen. Wohlan denn:

Gestern gab es sowohl beim SEB ImmoInvest wie auch beim SEB ImmoPortfolio Target Return wieder mal Reduzierungen der Anteilscheinpreise. Begründet, wieder einmal, mit dem Abgang weiterer Objekte aus einem schon im April gemeldeten großen, fondsübergreifenden Portfolio-Verkauf an die Schrotthändler von GoldmanSachs. Wobei wir zugeben müssen, daß wir nach einem halben Jahr Hängepartie so langsam den Überblick verlieren, welche der damals gemeldeten Portfolio-Objekte inzwischen tatsächlich NAV-wirksam abgegangen sind und bei welchen hinter der nächsten Ecke noch die eine oder andere negative Überraschung lauert.

Also, erst mal zum SEB ImmoInvest. Er verlor von 12,04 auf 11,97 EUR. Klingt nicht dramatisch, sind aber auch 8,0 Mio. EUR. Für das Objekt Frankfurt/Main, Stützeläckerweg 12-14. Das zuletzt noch mit 14,7 Mio. Verkehrswert in den Büchern stand, demnach für 6,7 Mio. an die Goldmänner verschenkt wurde. Gut, Frankfurt-Rödelheim ist jetzt nicht der hippe Büro-Standort in der Mainmetropole. Gut, Baujahr 1989 ist nicht mehr ganz taufrisch. Gut, 2,8 Jahre Restlaufzeit der Mietverträge sind nicht wirklich der Hit. Aber immerhin, die Deutsche Flugsicherung und eine Berufsgenossenschaft unter den Mietern sind ja auch nicht so schlecht, und der Bunker liefert trotz fast 40 % Leerstand 717 Tausend Brutto-Mieteinnahmen im Jahr.

Und das jetzt für 6,7 Mio. verscherbelt. Eines der ewig ungelösten Rätsel der Menschheit wird dabei bleiben, warum der allwissende Gutachterausschuß im März 2006 in all seiner Unfehlbarkeit zu der Erkenntnis kam, der Bunker sei 24,75 Mio. wert. In gut 10 Jahren können doch nicht 75 % des Verkehrswertes den Main runtergehen?

Nun, Herrschaften, das war die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht ist: Dem Schwesterfonds SEB ImmoPortfolio Target Return erging es noch übler. Von den drei in besagtem Goldman-Sachs-Paket enthaltenen Polen-Immobilien gingen jetzt die beiden größeren in Warschau mit zusammen 85 Mio. Verkehrswerten auch offiziell raus. Mit 30 Mio. Discount (in unserem grenzenlosen Optimismus hatten wir früher nur mit 20 Mio. gerechnet). Das ließ den offiziellen Anteilscheinpreis gestern um fast 5,00 EUR von 38,28 auf 33,37 EUR schrumpfen. Zur Erinnerung: Hoffnungslose Optimisten zahlten im Frühjahr und Sommer dieses Jahres an der Börse noch zwischen 32,00 und 35,00 EUR. Sie werden ihren Einsatz wohl schwerlich wiedersehen.

Die Euphorie über den im April gemeldeten großen Paket-Verkauf ist längst verflogen. Zwar muß beim SEB ImmoPortfolio Target Return schließlich noch ein mit 12,8 Mio. EUR vergleichsweise kleines Objekt im polnischen Lodz übergehen, aber das wird die Bilanz nicht mehr groß verändern. Bei Ankündigung des Paketverkaufs im April 2017 war der Nettoinventarwert noch 45,65 EUR. Nach fast vollständiger Abwicklung und zusätzlich dem schlechten Verkauf der beiden Studentenwohnheime in Florida sind wir inzwischen bei 33,37 EUR angekommen.

Es hätte einem ja auch früher auffallen können. „Target return“. Target ist ja ein ziemlich militärischer Ausdruck – und wo ein Ziel ist, da ist dann eben auch so etwas wie Zerstörung. Nicht unbedingt in unserer friedlich-humanistischen Logik hier auf dem Rübenfeld, aber SEB/Savills kann das …

Ich gehe jetzt meinen Scheiß-Rasenroboter suchen.

Jedem das Seine, mir das Meiste

Lange Zeit hatten wir vom KanAm grundinvest und seinen scheinbar anerkennenswerten Verkaufs-Leistungen in der Abwicklungsphase eine gute Meinung. Nach Lektüre des gestern veröffentlichten Abwicklungsberichts zum 30.06.2017 der Depotbank M. M. Warburg & Co. hat das aber einen kleinen Knacks bekommen.

Am Beginn des Berichtszeitraums (01.07.2016) lag das Fondsvermögen noch bei 2,06 Mrd. EUR, zum 30.06.2017 waren es 1,16 Mrd. EUR.

Im gleichen Zeitraum konnten bis auf vier kleinere (zwei in den Niederlanden, zwei in Frankreich) alle Restobjekte des KanAm grundinvest verkauft werden. Deshalb ging das Immobilienvermögen von 1,29 Mrd. EUR auf 0,16 Mrd. EUR zurück. Gleichzeitig stiegen die Bankguthaben von 0,19 Mrd. EUR auf 1,00 Mrd. EUR an (nachdem es im Juni 2017 eine vor diesem Hintergrund mehr als mickrige Ausschüttung von 0,21 Mrd. EUR gegeben hatte).

Zwar wird mit blumigen Worten in ständiger Wiederholung gleich an mehreren Stellen des Berichts beteuert, wie richtig und sinnvoll die Liquiditätseinbehalte seien. Doch hier dürfte eher die alte Erfahrung gelten: Wer sich zu vehement verteidigt, klagt sich nur selbst an. Wir halten diese gebetsmühlenartigen Beteuerungen jedenfalls für nichts weiter als verbale Nebelkerzen, mit denen der eigentliche Zweck der unverhältnismäßig hohen Liquiditätsrückbehalte verschleiert werden soll: Sich auf Kosten der Anleger in der Endphase noch mal ordentlich die Taschen zu füllen.

Die Depotbank und damit letzlich KanAm bekommen auf das verwaltete Fondsvermögen ohnehin einen der höchsten in der Branche vorkommenden Gebührensätze: 1,2 % p.a. Das brachte den Akteuren im abgelaufenen Geschäftsjahr 18,3 Mio. EUR Ertrag. Doch damit nicht genug: Als transaktionsabhängige Vergütung für die rd. 1,1 Mrd. EUR (Summe Verkehrswerte) Verkäufe des Berichtsjahres kassierte KanAm noch mal 37,1 Mio. EUR obendrauf, also etwa 3,5 % der Verkaufspreise.

Das sind in Summe 55,4 Mio. EUR (die 0,5 Mio. EUR zusätzliche Depotbankvergütung für Warburg sind da beinahe schon eine vernachlässigenswerte Marginalie) – 55,4 Mio. EUR bei einem Fondsvolumen am Geschäftsjahresende von 1,15 Mrd. EUR. Oder, anders ausgedrückt, 77 cent pro Anteilschein = 5,6 % vom Börsenkurs.

Die traurige Rechnung für die Anleger sieht im Geschäftsjahr 2016/17 demnach so aus: Aus den Veräußerungsgeschäften wurden 268,6 Mio. EUR Gewinne und 133,9 Mio. EUR Verluste realisiert, macht in Summe ein positives Ergebnis aus Veräußerungsgeschäften von 134,7 Mio. EUR. Im laufenden (Vermietungs-)geschäft schrieb man – kein Wunder bei der üppigen Ausgabenpolitik – rote Zahlen, sprich 12,0 Mio. EUR Verlust. Als Ergebnis des Geschäftsjahres bleiben damit 122,7 Mio. EUR Gewinn.

Bis dahin würde man sich als Anleger in diesem Fonds gefreut haben. Das „dicke Ende“ kommt in Form der am Schluß abgerechneten Transaktionskosten: 121,9 Mio. EUR. Von all den tollen Wertzuwächsen im dreistelligen Millionenbereich (für die sich das Fondsmanagement auch bei jeder Gelegenheit selbst überschwenglich gefeiert hatte) bleiben für die armen Anleger gerade noch 0,8 Mio. EUR übrig. Selbst der Begriff „Krümel“ wäre dafür immer noch eine schamlose Übertreibung.

121,9 Mio. EUR Transaktionskosten (davon 37,1 Mio. EUR an KanAm selbst und 84,8 Mio. EUR an „family and friends“) sind übrigens gut 11 % der Summe der Verkehrswerte der im Berichtsjahr veräußerten Objekte. Allein diese Zahl dokumentiert schon eine scheinbar hart an der Grenze der Legalität liegende Selbstbereicherungsmentalität.

Das Drama ist damit aber noch gar nicht zu Ende: Turnusgemäß und nach dem von der BAFin an sich verlangten Halbjahresrhytmus wäre spätestens im Dezember 2017 die nächste Ausschüttung fällig. Doch KanAm bzw. Warburg erklären dem verdutzten Anleger mit allergrößter Chuzpe, daß heute noch nicht einmal ansatzweise abzusehen sei, wann man überhaupt wieder etwas ausschütten könne. Damit setzt sich bei der Ausschüttungspolitik nahtlos die Veralberung der Fondsanleger fort, mit der der Fonds bereits im Frühjahr unangenehm aufgefallen war.

Natürlich hat dieser Wahnsinn Methode: Je länger man sich an die im Fonds vorhandene Liquidität klammern kann, desto länger kann man die mit 1,2 % p.a. des Fondsvermögens ohnehin unanständig hohe Verwaltungsgebühr kassieren. Zur Erinnerung: Das Fondsvermögen von 1,16 Mrd. EUR besteht inzwischen zu über 1,00 Mrd. EUR aus Bankguthaben. 1,2 % von 1,00 Mrd. EUR sind 12 Mio. EUR im Jahr – ein wirklich schönes Salär für das sicher unglaublich schwierige und Heerscharen akademisch gebildeter Spezialisten erfordernde Aufschlitzen von Kontoauszügen.

Dass den Anlegern da nebenbei auch noch ein Schaden von 2,5 Mio. EUR p.a. in Form der „Verwahrentgelte“ der beteiligten Kreditinstitute entsteht, muß man halt in Kauf nehmen.

Damit wir nicht mißverstanden werden: Wir haben nichts dagegen, wenn jemand für ordentliche Arbeit auch ordentliches Geld verdient. Es gibt auch keinen Zweifel, daß KanAm grund hier ordentliche Arbeit geleistet hat. Die Gebührenschinderei zu Lasten der ohnehin gebeutelten Anleger sprengt hier aber jedes Maß und überschreitet die Grenzen des guten Geschmacks.

Zum Schluß noch ein kleiner Schlenker und ein Blick auf die unterschiedliche Größe der Fleischhappen, die die Beteiligten bei dieser Mahlzeit im Geschäftsjahr 2016/17 bekamen:

37.100.000,00 EUR transaktionsabhängiges Entgelt für KanAm grund

18.377.431, 31 EUR Verwaltungsgebühren für das Fondsmanagement

473.048,19 EUR Depotbankvergütung

39.671,62 EUR Vergütung für die Sachverständigenausschüsse

Knapp 40 TEUR Vergütung für die regelmäßige Bewertung eines anfangs noch milliardenschweren Immobilienvermögens: Es bleibt Ihrer Phantasie überlassen, wie viel Arbeitsqualität man für diesen Hungerlohn erwarten darf. Aber das ist dann schon wieder ein anderes Thema und ein Problem praktisch aller Immobilienfonds, auch der noch lebenden …

Clevere Schlitzaugen

Dieser Deal betrifft keinen unserer Fonds, aber wir berichten trotzdem, weil er ein ausgezeichnetes Schlaglicht auf die gegenwärtige Marktverfassung und die Marktentwicklung in den letzten Jahren wirft.

Jeder unserer Leser dürfte das Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin kennen. Dabei handelt es sich auf einem 2,4 ha großen Grundstück de facto um acht einzelne Gebäude mit 112.000 qm Nutzfläche. Dominiert wird diese Architektur vom allein 85.000 qm umfassenden „Bahn Tower“. Besuchern der Stadt wird vor allem der große überdachte Innenhof mit dem Cinestar bekannt vorkommen.

Stellen Sie sich vor, Sie würden vom Reichstag oder vom Tiergarten aus Richtung Potsdamer Platz laufen. Bei dem heutigen Deal sprechen wir über das, was in Ihrer Laufrichtung vor der Potsdamer Straße liegt.

Die Hochhäuser auf der anderen Straßenseite gehörten zuletzt dem SEB ImmoInvest, der die 17 Gebäude mit insgesamt etwa 267.000 qm vermietbarer Fläche erst kurz vor Ausbruch der Finanzkrise von DaimlerBenz gekauft hatte. Der inzwischen in Abwicklung befindliche Fonds fand im Spätsommer 2015 mit einem Joint Venture zwischen dem kanadischen Immobilienkonzern Brookfield Property Partners und einem asiatischen Staatsfonds einen Interessenten, der bereit war, einen auf 1,3 bis 1,5 Mrd. EUR geschätzten Kaufpreis zu bezahlen, also mehr als 5.000 EUR pro Quadratmeter.

Das Sony Center ging jetzt an Oxford Properties (ein Teil des kanadischen Pensionsfonds Ontario Municipal Employees Retirement System OMERS), und zwar für 1,1 Mrd. EUR, also fast 10.000 EUR pro Quadratmeter.

Das war sozusagen ein Deal unter Kollegen: Verkäufer ist die nationale Rentenversicherung von Korea. Und die hat einen wirklich guten Schnitt gemacht. Die cleveren Schlitzaugen hatten nämlich den Mut, dieses Ausnahme-Objekt im Mai 2010 zu kaufen, als jedermann sonst in den letzten Ausläufern der Finanzkrise die Hosen noch gestrichen voll hatte. Preis damals: 575 Mio. EUR.

Es sei den Koreanern von Herzen gegönnt, daß sie den Zyklus meisterhaft geritten haben und in gut sieben Jahren ihren Einsatz praktisch verdoppeln konnten. Aber sie haben ja auch nur den alten Investoren-Grundsatz beherzigt: „Buy low, sell high.“ Ob das timing der Betriebsrentner von OMERS noch ebenso geschickt war, wird die Zukunft erweisen.

Saure-Gurken-Zeit

Wir hätten Ihnen ja zu gern mal wieder etwas Neues erzählt. Zum Beispiel, daß der CS Euroreal weitere Verkäufe melden konnte. Oder wie viel der CS Euroreal oder der KanAm grundinvest oder der DEGI International oder sogar der TMW Immobilien Weltfonds im Oktober ausschütten werden. Können wir aber nicht. Es herrscht überall Schweigen im Walde, oder aber, mit anderen Worten, wir befinden uns in der Saure-Gurken-Zeit.

Wegen der ständig steigenden Anzahl unserer Leser hier haben wir inzwischen aber so etwas wie einen Volksbildungsauftrag. Mit anderen Worten, wir können nicht einfach nichts mitteilen.

Warum also nicht ein bißchen über den Tellerrand der abwickelnden Offenen Immobilienfonds hinausblicken? Möglicher Weise interessiert es vereinzelte Leser ja sogar, was es mit der Saure-Gurken-Zeit auf sich hat.

Sauregurkenzeit (auch Saure-Gurken-Zeit) ist als sprichwörtlicher Ausdruck seit dem späten 18. Jh. in Gebrauch. Ursprünglich bezeichnete er eine Zeit, in der es nur wenige Lebensmittel gab; ähnliche Ausdrücke sind das englische „season of the very smallest potatoes“ („Jahreszeit der kleinsten Kartoffeln“) und „cucumber time“ („Gurkenzeit“).

Die Herkunft des erstmals in Berlin belegten Ausdrucks ist unklar. Eine volkstümliche Erklärung verbindet ihn mit dem spätsommerlichen Angebot frisch eingelegter sauerer Gurken aus dem Spreewald. Nach anderer Lesart hat er aber mit sauren Gurken gar nichts zu tun, sondern es ist eine womöglich über das Rotwelsch gekommene Verballhornung der jiddischen Zóres- und Jókresszeit (von hebräisch zarót und jakrút; jiddisch zoro und joker), der Zeit der Not und der Teuerung.

Wenn Ihr Wissensdurst damit für heute gestillt ist, ist es gut. Sollten Sie aber aus dem Lexikon des unnützen Wissens weiteren Input benötigen, können wir Ihnen nur noch empfehlen, sich mit dem Thema Historische Wertpapiere zu beschäftigen. Das ist nämlich der Urprung unseres Geschäfts und eigentlich das, womit wir uns hauptberuflich beschäftigen – abwickelnde Immobilienfonds sind erst später eher zufällig dazugekommen.

Letztes Wochenende hatten die Freunde Historischer Wertpapiere in Frankfurt/Main ihre 112. Auktion. Einige Zuschläge waren durchaus sensationell. So wurde ein bisher völlig unbekanntes Muster der Gründeraktie der Bayerischen Motoren-Werke aus dem Jahr 1918 im Auktionssaal bis auf 21.000 EUR hochgeboten; eine 1874 ausgegebene Obligation der Neuen Zoologischen Gesellschaft Frankfurt war einem Bieter 20.000 EUR wert. Klingt gut, und ist sicher gerechtfertigt – bei beiden Stücken handelt es sich schließlich um Unikate. Die berühmte Blaue Mauritius ist verglichen damit eher häufig.

Deutlich mehr als die Hälfte der 1.500 Auktionslose hat bei der Versteigerung am Wochenende schon einen Käufer gefunden. Viele interessante Historische Wertpapiere sind im Nachverkauf bis zum 13.11.2017 aber auch noch erhältlich. Wer Lust und Zeit hat, in der Saure-Gurken-Zeit da mal reinzustöbern: Der Auktionskatalog ist im Internet auf der Seite www.FHW-online.de zu finden (linke Leiste Katalog / 112. Auktion, oder einfach zum Blättern im online-Katalog in der Mitte der Startseite klicken).

PS: Nach soeben durchgeführtem Praxistest ist das mit „einfach Blättern“ so eine Sache. Liegt aber wahrscheinlich nur an dem hoffnungslos veralteten Browser des Verfassers dieses Beitrages, der schließlich bekennender Fortschrittsfeind ist. Vielleicht geht es mit Ihrer Technik ja besser?

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