Fähigkeit zur Einsicht? In deutschen Amtsstuben?

Viele Male haben wir uns in den letzten Monaten mit dem Thema „Zielfonds-Verkäufe über die Börse durch Immobilien-Dachfonds“ beschäftigt.

Bekanntlich hatten im Frühjahr 2016 einige Dachfonds begonnen, Anteile an abwickelnden Offenen Immobilienfonds zu Schleuderpreisen über die Börse zu verkaufen. Mit diesen (wirtschaftlich vollkommen unsinnigen) Verkäufen genügten die Dachfonds einer Auflage der BAFin, die unabhängig von der viel längeren Abwicklungsdauer der Zielfonds eine Komplett-Liquidation und Auflösung der Dachfonds binnen drei Jahren nach endgültiger Aussetzung der Anteilschein-Rücknahmen verlangte.

Durch diese Verkäufe der Dachfonds zu meist ungünstigen Zeitpunkten und teilweise zu historischen Tiefstkursen wurde den ohnehin gebeutelten Dachfonds-Anlegern – und zwar ganz unnötig – weiterer und nicht mehr rückgängig zu machender Schaden zugefügt.

Noch zu Beginn dieses Jahres hatte der von der DWS gemanagede Dachfonds db Immoflex sein Verkaufsprogramm bis zum Abwicklungstermin 31.05.2017 komplett durchgezogen. Der von Allianz Global Investors gemanagede Allianz Flexi Immo brachte es im Frühjahr sogar fertig, in einer Verzweiflungstat alle börsennotierten Zielfonds-Anteile ohne Rücksicht auf Verluste auf den Markt zu werfen, obwohl ihm als Auflösungstermin erst der 17.04.2018 vorgegeben war.

Dieses die Dachfonds-Anleger zusätzlich schädigende Verhalten war Gegenstand mannigfacher Kritik. Auch wir hatten uns mit einem umfassenden Schriftsatz an die BAFin gewandt und den wirtschaftlichen Sinn dieser Vorgehensweise kritisch hinterfragt. Auch wenn es mehrere Monate dauerte: Es kam tatsächlich eine Antwort von der BAFin, und zwar immerhin fünf DIN-A-4-Seiten lang.

Wie wir jetzt aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren, hat die von verschiedenen Seiten geäußerte Kritik an den Anteilsverkäufen der Dachfonds über die Börse bei der BAFin tatsächlich einen Denkprozess in Gang gebracht. Wer hätte das gedacht?

Die BAFin überlegt jedenfalls, zwar grundsätzlich an der 3-Jahres-Auflösungs-Frist festzuhalten, aber die Anleger selbst entscheiden zu lassen, ob sie sich durch möglicher Weise zur Unzeit erfolgende Anteilsverkäufe der Dachfonds zusätzlich schädigen lassen wollen. Konkret heißt das: Die Dachfonds sollen ihren Anlegern die Möglichkeit einzuräumen, eine Sachausschüttung des anteiligen Vermögens durch Übertragung der entsprechenden Anzahl Zielfonds-Anteile zu erhalten. Durch die Dachfonds verkauft werden sollen dann nur noch die Anteile, bei denen die Anleger auf eine Sachausschüttung verzichtet hatten.

Nach unserer Kenntnis sind die Dachfonds derzeit aufgefordert, zu dieser Änderung der Vorgehensweise Stellung zu nehmen. Und zwar in einer Form (die die BAFin inzwischen unnachahmlich beherrscht), die es jedenfalls sehr schwer macht, zu den Vorschlägen der BAFin „Nein“ zu sagen. Ein solches Vorgehen steht zwar, insbesondere bezüglich der dann zu organisierenden Mitübertragung der steuerlichen Anschaffungsdaten, schon rein technisch vor nahezu unüberwindlichen Hürden – aber zu viel Einarbeitung in Details schadet ja nur beim Blick auf das große Ganze.

Uns soll es recht sein. Sicher hätten wir noch die eine oder andere Position aus Verkaufsoperationen eines Dachfonds gern aufgenommen. Aber im Grundsatz sind wir bereits heute abschließend positioniert, und zwar gut positioniert – alles andere wäre nur „nice to have“ gewesen.

Jedenfalls würde diese neue Information erklären, warum es nach den beiden oben beschriebenen Kamikaze-Aktionen der DWS und von AGI in den letzten Monaten keinerlei weitere Dachfonds-Verkäufe mehr gegeben hat – nicht einmal mehr von den Grobmotorikern SEB/Savills.

 

Nur das Vorzeichen stimmt nicht

Der ebenfalls abwickelnde Catella-Fonds Focus Nordic Cities stand nie im Fokus unseres Interesses – zu kleinteilig, Einzelobjektanalyse zu schwierig, im Börsenkurs ausgedrückter Bewertungsabschlag nicht attraktiv genug.

Daß wir über den Fonds heute dennoch berichten, ist einer aktuellen Meldung zum Verkauf eines Objektes im norwegischen Stavanger zu verdanken.

Das Maklerhaus UNION Norsk Næringsmegling AS wurde mit der internationalen Vermarktung des Objektes beauftragt. Die
Vermarktungsphase wurde mit der Aufforderung zur Gebotsabgabe beendet. Aus den eingegangenen Geboten (Abgabe bis Anfang April 2017) entschied ein norwegischer institutioneller Anleger den Ankauf für sich. Der vereinbarte Kaufpreis liegt bei 143.500.000 NOK und damit leicht unter dem aktuellen Verkehrswert von 147.150.000 NOK (Stand August 2017). Nach technischer und rechtlicher Prüfung von Seiten des Käufers liegt nun der finale Kaufvertrag vor, der am 22. August 2017 unterzeichnet werden soll. Das Objekt wird in Form eines Share Deals verkauft. Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ist für Anfang Oktober 2017 vorgesehen.“

„Der Verkaufspreis liegt ca. 3,7 MNOK unter dem aktuellen Verkehrswert des Gebäudes. Nach Abzug aller Verkaufsneben-
kosten würde dies zu einem Rückgang von ca. 0,03 EUR je Anteilschein führen. Über die gesamte Haltedauer des Objektes
(9,6 Jahre) ergibt sich ein Total Return von rd. -5,3 % p. a.“

Sehr bemerkenswert ist nicht nur, wie offen und umfassend hier über einen bevorstehenden Verkauf berichtet wird, sondern auch der verhältnismäßig frühe Zeitpunkt der Meldung. Wenn die Schwergewichte (allen voran die beim CS Euroreal offensichtlich mit einem Redeverbot belegte Commerzbank) sich von diesem Musterbeispiel eine Scheibe abschneiden würden, dann wäre schon viel gewonnen.

Aber wir haben nach allen mit der Halbstaatsbank gemachten Erfahrungen wenig Hoffnung, daß sich an unserer schon vor vier Jahren in einer Image-Broschüre verbreiteten Feststellung noch einmal etwas ändern könnte: Gegen das Benehmen der Commerzbank den Fonds-Anlegern gegenüber waren die DDR-Grenzer am Übergang Friedrichstrasse echte Hare-Krishna-Jünger.

Bleibt bei diesem Exkurs nur ein Wermutstropfen: Die Informationspolitik des Catella-Fonds ist löblich – die erzielten Resultate sind es nicht. Bei einem „total return“ in knapp 10 Jahren von -5,3 % p.a. stimmt zwar absolut gesehen die Zahl, was die Renditeerwartung bei Immobilien-Investitionen angeht – nur das Vorzeichen stimmt nicht.

Wieder einmal ein Beleg dafür, daß Investitionen in „Betongold“ alles andere als einfache Selbstläufer sind. Vernünftige Resultate können am Ende nur die Anbieter liefern, die sich bezüglich Sachverstand und Erfahrung deutlich von der Masse abheben.

Rauchzeichen aus der Mottenkiste

Glauben Sie, nur die BILD-Zeitung hätte ein Sommerloch? Nee, haben wir auch. Es gibt aus unseren abwickelnden Fonds um’s Verrecken nix Neues. Was sollen wir da also schreiben?

Deshalb heute mal, nur so zum Spaß, folgender Text – und Sie versuchen bitte gleich einmal, zu erraten, woher der stammt.

„Anlageziel des Sondervermögens ist vordergründig die Verwaltung eines Immobilienportfolios unter ertragsorientierten Aspekten sowie der Erzielung langfristiger Wertsteigerungen der im Portfolio gehaltenen Objekte . Der Schwerpunkt liegt hierbei auf einer Investition in Immobilien in Europa. Der Fokus liegt hierbei auf Büro- und Verwaltungsimmobilien, gemischt genutzten Objekten, Einzelhandelsflächen sowie multifunktionalen Büro- und Serviceflächen. Zusätzlich kann die Kapitalanlagegesellschaft für den Fonds in Lager-, Logistik- und Hotelimmobilien investieren. Dabei wird darauf geachtet einen ausgewogenen Ländermix zu erzielen, der jedoch auch die Verfassung der jeweiligen Märkte und ihre Chancen und Risiken berücksichtigt. Bei der Auswahl der Immobilien wird der Bonität der Mieter eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.“

Des Rätsels Lösung: Wenn Sie heute bei comdirect (oder auch einem beliebigen anderen Informations-Anbieter) die Kurs-Info-Seite aufrufen und nach „AXA Immoselect“ suchen, dann erscheint immer noch der zitierte Text. Obwohl er in Wirklichkeit schon seit fast 10 Jahren obsolet ist. Das nennt man „aktuelle Anlegerinformation“.

Aber gerade in der Rückschau offenbart es eine spezielle Art von Lustigkeit. Bisher haben wir es für unsere Domäne gehalten, Nichtssagendes in überaus bedeutungsschwangere Sätze zu kleiden. Frei nach der Spracherfindung eines uns gut bekannten Aktionärsschrecks, der auf Hauptversammlungen Vorstände auch gerne einmal als „Durchlauferhitzer für Sprechblasen“ tituliert. Nichts könnte das obige Zitat aus der uralten AXA-Selbstdarstellung besser beschreiben. Und, wenn wir ehrlich sind: Schauen Sie mal in die Verkaufsunterlagen der heute neu an den Markt kommenden Immobilienfonds-Produkte: Klingt auch nicht wesentlich anders.

Aber besonders lustig ist der letzte Satz: „Bei der Auswahl der Immobilien wird der Bonität der Mieter eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.“ Nachdem das Einkaufszentrum in Italien praktisch schon verkauft ist, bleibt dem AXA Immoselect nämlich nur noch eine Büro-Immobilie im niederländischen Amersfoort. Mit zur Zeit noch 100 % Leerstand. Da hat man dann die Aufmerksamkeit bezüglich der Bonität der Mieter wohl so weit perfektioniert, daß Mietausfälle jetzt denknotwendig hundertprozentig ausgeschlossen sind. Wenn auch nur mangels Vorhandensein von Mietern.

Union Investment: Investoren-Umfrage Sommer 2017

Alle halbe Jahre macht Union Investment traditionell eine Umfrage bei den (aktuell 168) größten professionellen Immobilien-Investoren in Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

„In den letzten Monaten haben die hohen Preise für Büroimmobilien und Einzelhandelsobjekte in den Kernmärkten die Kreativität professioneller Investoren bereits beflügelt und sie dazu gebracht, den Markt in größerer Breite zu betrachten. Diese Entwicklung schlägt sich bereits in neuen Fondskonzepten nieder“, kommentiert Olaf Janßen, Chef des Immobilien-Research bei Union Investment.

Risikoscheuer werden die Investoren in Deutschland und Großbritannien: 71 % bzw. 74 % folgen dem Ansatz „Gleiches Risiko – kleinere Rendite“. In Frankreich nehmen diese vorsichtige Haltung nur 59 % der professionellen Investoren ein, während 41 % dem Ansatz „Mehr Risiko – gleiche Rendite“ folgen. Interessant ist die Veränderung innerhalb eines Jahres. Schwer zu sagen, ob die Deutschen und die Briten risikoscheuer geworden sind, oder ob man sich inzwischen einfach nur besser an dauerhaft niedrige Renditen gewöhnt hat: Vor einem Jahr war nämlich auch in Deutschland und Großbritannien der Anteil „Mehr Risiko – gleiche Rendite“ noch auf dem Niveau wie heute in Frankreich.

In der Quintessenz heißt es jedenfalls: In Deutschland und Großbritannien ist der Anteil der Investoren, die für Spitzenobjekte auch historische Spitzenpreise zu zahlen bereit sind (und dafür eine niedrigere Rendite in Kauf nehmen) inzwischen deutlich gestiegen.

Interessant ist eine signifikante Veränderung bei den gesuchten Objekten: 83 % der Investoren bevorzugen Logistik-Objekte, und je 61 % können sich ebenso für Hotels und Wohnblöcke erwärmen. Dagegen sieht ein Drittel der Befragten bei Büroimmobilien in den nächsten 12 Monaten eine Negativ-Entwicklung, bei Einzelhandelsobjekten liegt der Anteil der Pessimisten sogar bei 51 %.

Das dürfte vor allem dem Umstand geschuldet sein, daß sich die Preise für Büros und Konsumtempel inzwischen so weit nach oben vom langjährigen Durchschnitt entfernt haben, daß kaum noch jemand einen weiteren Anstieg und damit eine nochmalige Rendite-Kompression für möglich hält. Ein interessanter Kontrast übrigens zu der Tatsache, daß mindestens in Deutschland und Großbritannien der Anteil der Investoren, die eher niedrigere Renditen als ein höheres Risiko in Kauf nehmen wollen, binnen Jahresfrist deutlich gestiegen ist.

Insgesamt aber bleibt das Immobilien-Investitionsklima positiv, mit einem nochmals gestiegenen Optimisten-Anteil von 67,7 % in Deutschland und 70,3 % in Frankreich. Selbst in Großbritannien erwarten 46 % verbesserte und 49 % gleichbleibende Marktbedingungen – mit einem Abschwung rechnen nur 5 %.

Bei der für uns wichtigen Frage „Wann könnte der Markt drehen?“ signalisiert die Union-Investment-Umfrage übrigens Entwarnung: 75 % der befragten Investoren glauben, daß das gegenwärtige Rendite- und Preisniveau noch bis mindestens 2019 anhalten wird – und fast die Hälfte (43 %) glauben, daß selbst 2019 noch zu kurz gedacht ist und der Trend, wenn überhaupt, nur noch später kippen könnte. Und bis dahin haben unsere abwickelnden Fonds, abgesehen von dem einen oder anderen Restobjekt, längst alles verkauft.

Thema Steuern, die zweite.

Erst vor wenigen Tagen haben wir uns an dieser Stelle beklagt, daß bei Immobilienfonds die „steuerlichen Hinweise“ inzwischen fast genau so viel Platzbedarf haben wie der Rechenschaftsbericht für ein komplettes Geschäftsjahr.

Colorandum causa können wir da gleich noch einen aus der Praxis beisteuern:

Letzte Woche haben wir bei unserem Wirtschaftsprüfer/Steuerberater mal nachgefragt, wann wir mit den 2016er Steuererklärungen rechnen dürfen. Immerhin haben wir wegen Kapitalertragsteuer einen fünfstelligen Erstattungsanspruch, damit möchte man dann ja auch nicht zu lange warten.

Heute die Antwort: „Die Steuererklärungen der aufgeführten Gesellschaften sind bereits seit Juni fertiggestellt. Allerdings ist der Druck, sowie die elektronische Datenübermittlung momentan noch nicht möglich. Erst in der 35. Kalenderwoche wird das benötigte Programmupdate vorliegen.“

Auch das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Ehe die Finanzverwaltung in der Lage ist, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß jemand für 2016 seine Steuererklärungen abgeben kann, ist fast schon das Jahr 2017 vergangen. Könnte es daran liegen, daß die damit befassten Pappnasen in den ersten Monaten des Jahres zu viel Zeit darauf verschwendet haben, erst mal ihren eigenen Pensionsanspruch auszurechnen?

Auf der anderen Seite hält das die genialen Strategen in den Finanzämtern aber keineswegs davon ab, bei der Einkommensteuer mit ganz anderem Maß zu messen: Wer da seine 2016er Erklärung noch nicht abgegeben hat, bekommt inzwischen locker mal eine Schätzung angedroht …

Sag‘ ich doch: Es ist etwas faul im Staate Dänemark.

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