Lieber ungenau richtig als exakt falsch

Mit dem Kollegen, von dem ich diese Weisheit habe, bin ich vor über 30 Jahren in einem Riesen-Krach auseinandergegangen. Aber das schließt ja nicht aus, daß er trotzdem in dem einen oder anderen Punkt recht hatte. So wie zum Beispiel mit der in der Überschrift zitierten Erkenntnis.

Wie die meisten Leser wissen dürften, ist unser Hauptmetier und der Ursprung unseres Geschäfts ja der Handel mit Historischen Wertpapieren als reine Sammlerstücke. Nur wackelt bei uns heute der Schwanz (die Tochter CS Realwerte AG) mit dem Hund (der Mutter Aktien-Gesellschaft für Historische Wertpapiere).

Da in der Sommer-Saure-Gurken-Zeit sonst wenig Neues zu berichten ist, an dieser Stelle wieder einmal eine Anekdote aus dem richtigen Leben:

Eine unserer Banken hat vor einigen Monaten eine vollständig neue Software bekommen. Eine Software, die auch das Kreditgeschäft computergestützt automatisieren soll. Daß die Umstellung ein echtes Disaster wurde und bis heute ist, das ist in diesem Bereich ja nicht so ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist nur, wie stupide bis strohdumm die angeblich arbeitssparende Computerunterstützung funktioniert.

Neuerdings muß mich mein Kundenberater nämlich auch fragen (was er gerade vor fünf Minuten pflichtgemäß getan hat), wie viele Lieferanten wir haben. Nun, theoretisch sind das 7 Milliarden Menschen, die auf irgendeinem Dachboden oder auch im Müllcontainer einen Stapel alter Wertpapiere finden könnten. Er muß mich weiter fragen, ob das Unternehmen eine eigene Produkt-Weiter- und Neuentwicklung betreibt – eine im Antiquitätenhandel wirklich bahnbrechend neue Denkweise. Und damit es beim Rating keine Punktabzüge gibt, will der Computer auch wissen, ob in der Geschäftsleitung ein Techniker vertreten ist. Also, wir verkaufen zwar Dinge, die schon jahrzehntelang irgendwo herumgelegen haben und die eigentlich keine Sau zum Leben braucht, aber jetzt fällt es mir auch wie Schuppen von den Augen: Wie konnten wir das nur 30 Jahre lang ohne einen Techniker in der Geschäftsleitung schaffen?

Mal ehrlich, liebe Leute: Wenn das der Beitrag der genossenschaftlichen Softwarefirma Fiducia zum Thema „künstliche Intelligenz“ ist, dann wäre es uns doch lieber, die Welt würde auch in Zukunft weiter von natürlicher Dummheit regiert.

 

An Gewinnmitnahmen ist noch niemand gestorben

Unter allen abwickelnden Offenen Immobilienfonds hat der AXA Immoselect im bisherigen Jahresverlauf die mit Abstand bemerkenswerteste Entwicklung hingelegt.

Er startete in das Jahr 2017 mit einem Kurs von 3,68 EUR und erreichte ein vorläufiges Hoch bereits am 6.1. mit 3,81 EUR. Anschließend wurde der Kurs im wesentlichen durch Dachfonds-Verkäufe (siehe vorheriger Beitrag) zusammengeschossen, bis er am 19.4. sein Jahrestief mit 3,463 EUR erreichte.

Anfang April sickerten aber auch die ersten Informationen über den erfolgreichen Verkauf des Einkaufszentrums in Malmö durch, eines der drei überhaupt nur noch im Fonds verbliebenen Restobjekte. Bekanntlich muß ja bis Okt. 2017 alles verkauft sein, denn dann ist die von der BAFin gesetzte 3-Jahres-Frist nach Übergang auf die Depotbank abgelaufen.

Die Informationen über den Malmö-Verkauf nahmen wir zum Anlaß, unsere Position im April wieder deutlich aufzustocken. In dem Maße, wie sich dann der Malmö-Verkauf manifestierte (die offizielle Bekanntgabe durch AXA/Caceis erfolgte Ende Mai), kam auch der Kurs des AXA Immoselect in’s Laufen: Bis zum 26.7., den Tag vor der letzten 1,80-EUR-Ausschüttung, zog der Kurs bis auf 4,60 EUR an. Gegenüber dem Tiefststand von 3,463 EUR waren das in nur einem Vierteljahr ungewöhnliche 32,8 %.

Nach einer so rasanten Entwicklung ist für uns natürlich eine Überprüfung unserer Position angesagt. Heute stellen sich die Fakten wie folgt dar: Das restliche Immobilienvermögen besteht noch aus einem Einkaufszentrum im italienischen Antegnate (Verkehrswert aktuell 76,8 Mio. EUR) und einem weitgehend leer stehenden Bürogebäude-Komplex im niederländischen Amersfoort (Verkehrswert aktuell 37,7 Mio. EUR). Der aktuelle Börsenkurs drückt eine Bewertung des Immobilienvermögens mit 75,0 Mio. EUR aus.

Diese 75,0 Mio. EUR sind exakt der Preis, den wir für Antegnate erwarten. Mit dem übrig gebliebenen Höchstbieter befindet man sich nach eigenen Angaben inzwischen in Exclusivität, d.h. mit einem Abschluß ist in Kürze zu rechnen.

So gesehen bekäme man nach dem Antegnate-Verkauf (mit dem Risiko, daß es doch nicht ganz 75 Mio. werden) zum gegenwärtigen Kurs Amersfoort dann gratis. Aber Amersfoort ist alles andere als ein Hoffnungsträger – unsere interne Verkaufspreis-Prognose für das immer noch zu 75 % leerstehende Objekt liegt bei lediglich 15,0 Mio. EUR. Das wären rd. 31 cent pro AXA-Immoselect-Anteil – also beim gegenwärtigen Kurs ein Wertaufholungspotential von lediglich noch 11,5 %. Im gesamten Jahresverlauf 2016 hatte dieses Potential noch zwischen 30 und 40 % gelegen, und bei der Bewertung hatten wir den AXA Immoselect in der zweiten Jahreshälfte 2016 für die attraktivste Kaufgelegenheit gehalten.

Doch inzwischen ist selbst der KanAm grundinvest attraktiver: Auch hier bekommt man die vier verbliebenen Restobjekte quasi zusätzlich zum Bargeldbestand gratis dazu – aber diese Objekte (zwei in Paris, zwei in Rotterdam) sind deutlich hoffnungsträchtiger als der AXA-Bunker in der holländischen Pampa.

Deshalb haben wir im August ein gutes Drittel unserer bisherigen AXA-Immoselect-Position aufgelöst und dabei mehr als 300 TEUR Bewertungsreserven in realisierte Kursgewinne verwandelt.

Manchmal muss man halt doch abgedroschene alte Börsenweisheiten zitieren: An Gewinnmitnahmen ist noch niemand gestorben.

Fähigkeit zur Einsicht? In deutschen Amtsstuben?

Viele Male haben wir uns in den letzten Monaten mit dem Thema „Zielfonds-Verkäufe über die Börse durch Immobilien-Dachfonds“ beschäftigt.

Bekanntlich hatten im Frühjahr 2016 einige Dachfonds begonnen, Anteile an abwickelnden Offenen Immobilienfonds zu Schleuderpreisen über die Börse zu verkaufen. Mit diesen (wirtschaftlich vollkommen unsinnigen) Verkäufen genügten die Dachfonds einer Auflage der BAFin, die unabhängig von der viel längeren Abwicklungsdauer der Zielfonds eine Komplett-Liquidation und Auflösung der Dachfonds binnen drei Jahren nach endgültiger Aussetzung der Anteilschein-Rücknahmen verlangte.

Durch diese Verkäufe der Dachfonds zu meist ungünstigen Zeitpunkten und teilweise zu historischen Tiefstkursen wurde den ohnehin gebeutelten Dachfonds-Anlegern – und zwar ganz unnötig – weiterer und nicht mehr rückgängig zu machender Schaden zugefügt.

Noch zu Beginn dieses Jahres hatte der von der DWS gemanagede Dachfonds db Immoflex sein Verkaufsprogramm bis zum Abwicklungstermin 31.05.2017 komplett durchgezogen. Der von Allianz Global Investors gemanagede Allianz Flexi Immo brachte es im Frühjahr sogar fertig, in einer Verzweiflungstat alle börsennotierten Zielfonds-Anteile ohne Rücksicht auf Verluste auf den Markt zu werfen, obwohl ihm als Auflösungstermin erst der 17.04.2018 vorgegeben war.

Dieses die Dachfonds-Anleger zusätzlich schädigende Verhalten war Gegenstand mannigfacher Kritik. Auch wir hatten uns mit einem umfassenden Schriftsatz an die BAFin gewandt und den wirtschaftlichen Sinn dieser Vorgehensweise kritisch hinterfragt. Auch wenn es mehrere Monate dauerte: Es kam tatsächlich eine Antwort von der BAFin, und zwar immerhin fünf DIN-A-4-Seiten lang.

Wie wir jetzt aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren, hat die von verschiedenen Seiten geäußerte Kritik an den Anteilsverkäufen der Dachfonds über die Börse bei der BAFin tatsächlich einen Denkprozess in Gang gebracht. Wer hätte das gedacht?

Die BAFin überlegt jedenfalls, zwar grundsätzlich an der 3-Jahres-Auflösungs-Frist festzuhalten, aber die Anleger selbst entscheiden zu lassen, ob sie sich durch möglicher Weise zur Unzeit erfolgende Anteilsverkäufe der Dachfonds zusätzlich schädigen lassen wollen. Konkret heißt das: Die Dachfonds sollen ihren Anlegern die Möglichkeit einzuräumen, eine Sachausschüttung des anteiligen Vermögens durch Übertragung der entsprechenden Anzahl Zielfonds-Anteile zu erhalten. Durch die Dachfonds verkauft werden sollen dann nur noch die Anteile, bei denen die Anleger auf eine Sachausschüttung verzichtet hatten.

Nach unserer Kenntnis sind die Dachfonds derzeit aufgefordert, zu dieser Änderung der Vorgehensweise Stellung zu nehmen. Und zwar in einer Form (die die BAFin inzwischen unnachahmlich beherrscht), die es jedenfalls sehr schwer macht, zu den Vorschlägen der BAFin „Nein“ zu sagen. Ein solches Vorgehen steht zwar, insbesondere bezüglich der dann zu organisierenden Mitübertragung der steuerlichen Anschaffungsdaten, schon rein technisch vor nahezu unüberwindlichen Hürden – aber zu viel Einarbeitung in Details schadet ja nur beim Blick auf das große Ganze.

Uns soll es recht sein. Sicher hätten wir noch die eine oder andere Position aus Verkaufsoperationen eines Dachfonds gern aufgenommen. Aber im Grundsatz sind wir bereits heute abschließend positioniert, und zwar gut positioniert – alles andere wäre nur „nice to have“ gewesen.

Jedenfalls würde diese neue Information erklären, warum es nach den beiden oben beschriebenen Kamikaze-Aktionen der DWS und von AGI in den letzten Monaten keinerlei weitere Dachfonds-Verkäufe mehr gegeben hat – nicht einmal mehr von den Grobmotorikern SEB/Savills.

 

Nur das Vorzeichen stimmt nicht

Der ebenfalls abwickelnde Catella-Fonds Focus Nordic Cities stand nie im Fokus unseres Interesses – zu kleinteilig, Einzelobjektanalyse zu schwierig, im Börsenkurs ausgedrückter Bewertungsabschlag nicht attraktiv genug.

Daß wir über den Fonds heute dennoch berichten, ist einer aktuellen Meldung zum Verkauf eines Objektes im norwegischen Stavanger zu verdanken.

Das Maklerhaus UNION Norsk Næringsmegling AS wurde mit der internationalen Vermarktung des Objektes beauftragt. Die
Vermarktungsphase wurde mit der Aufforderung zur Gebotsabgabe beendet. Aus den eingegangenen Geboten (Abgabe bis Anfang April 2017) entschied ein norwegischer institutioneller Anleger den Ankauf für sich. Der vereinbarte Kaufpreis liegt bei 143.500.000 NOK und damit leicht unter dem aktuellen Verkehrswert von 147.150.000 NOK (Stand August 2017). Nach technischer und rechtlicher Prüfung von Seiten des Käufers liegt nun der finale Kaufvertrag vor, der am 22. August 2017 unterzeichnet werden soll. Das Objekt wird in Form eines Share Deals verkauft. Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ist für Anfang Oktober 2017 vorgesehen.“

„Der Verkaufspreis liegt ca. 3,7 MNOK unter dem aktuellen Verkehrswert des Gebäudes. Nach Abzug aller Verkaufsneben-
kosten würde dies zu einem Rückgang von ca. 0,03 EUR je Anteilschein führen. Über die gesamte Haltedauer des Objektes
(9,6 Jahre) ergibt sich ein Total Return von rd. -5,3 % p. a.“

Sehr bemerkenswert ist nicht nur, wie offen und umfassend hier über einen bevorstehenden Verkauf berichtet wird, sondern auch der verhältnismäßig frühe Zeitpunkt der Meldung. Wenn die Schwergewichte (allen voran die beim CS Euroreal offensichtlich mit einem Redeverbot belegte Commerzbank) sich von diesem Musterbeispiel eine Scheibe abschneiden würden, dann wäre schon viel gewonnen.

Aber wir haben nach allen mit der Halbstaatsbank gemachten Erfahrungen wenig Hoffnung, daß sich an unserer schon vor vier Jahren in einer Image-Broschüre verbreiteten Feststellung noch einmal etwas ändern könnte: Gegen das Benehmen der Commerzbank den Fonds-Anlegern gegenüber waren die DDR-Grenzer am Übergang Friedrichstrasse echte Hare-Krishna-Jünger.

Bleibt bei diesem Exkurs nur ein Wermutstropfen: Die Informationspolitik des Catella-Fonds ist löblich – die erzielten Resultate sind es nicht. Bei einem „total return“ in knapp 10 Jahren von -5,3 % p.a. stimmt zwar absolut gesehen die Zahl, was die Renditeerwartung bei Immobilien-Investitionen angeht – nur das Vorzeichen stimmt nicht.

Wieder einmal ein Beleg dafür, daß Investitionen in „Betongold“ alles andere als einfache Selbstläufer sind. Vernünftige Resultate können am Ende nur die Anbieter liefern, die sich bezüglich Sachverstand und Erfahrung deutlich von der Masse abheben.

Rauchzeichen aus der Mottenkiste

Glauben Sie, nur die BILD-Zeitung hätte ein Sommerloch? Nee, haben wir auch. Es gibt aus unseren abwickelnden Fonds um’s Verrecken nix Neues. Was sollen wir da also schreiben?

Deshalb heute mal, nur so zum Spaß, folgender Text – und Sie versuchen bitte gleich einmal, zu erraten, woher der stammt.

„Anlageziel des Sondervermögens ist vordergründig die Verwaltung eines Immobilienportfolios unter ertragsorientierten Aspekten sowie der Erzielung langfristiger Wertsteigerungen der im Portfolio gehaltenen Objekte . Der Schwerpunkt liegt hierbei auf einer Investition in Immobilien in Europa. Der Fokus liegt hierbei auf Büro- und Verwaltungsimmobilien, gemischt genutzten Objekten, Einzelhandelsflächen sowie multifunktionalen Büro- und Serviceflächen. Zusätzlich kann die Kapitalanlagegesellschaft für den Fonds in Lager-, Logistik- und Hotelimmobilien investieren. Dabei wird darauf geachtet einen ausgewogenen Ländermix zu erzielen, der jedoch auch die Verfassung der jeweiligen Märkte und ihre Chancen und Risiken berücksichtigt. Bei der Auswahl der Immobilien wird der Bonität der Mieter eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.“

Des Rätsels Lösung: Wenn Sie heute bei comdirect (oder auch einem beliebigen anderen Informations-Anbieter) die Kurs-Info-Seite aufrufen und nach „AXA Immoselect“ suchen, dann erscheint immer noch der zitierte Text. Obwohl er in Wirklichkeit schon seit fast 10 Jahren obsolet ist. Das nennt man „aktuelle Anlegerinformation“.

Aber gerade in der Rückschau offenbart es eine spezielle Art von Lustigkeit. Bisher haben wir es für unsere Domäne gehalten, Nichtssagendes in überaus bedeutungsschwangere Sätze zu kleiden. Frei nach der Spracherfindung eines uns gut bekannten Aktionärsschrecks, der auf Hauptversammlungen Vorstände auch gerne einmal als „Durchlauferhitzer für Sprechblasen“ tituliert. Nichts könnte das obige Zitat aus der uralten AXA-Selbstdarstellung besser beschreiben. Und, wenn wir ehrlich sind: Schauen Sie mal in die Verkaufsunterlagen der heute neu an den Markt kommenden Immobilienfonds-Produkte: Klingt auch nicht wesentlich anders.

Aber besonders lustig ist der letzte Satz: „Bei der Auswahl der Immobilien wird der Bonität der Mieter eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.“ Nachdem das Einkaufszentrum in Italien praktisch schon verkauft ist, bleibt dem AXA Immoselect nämlich nur noch eine Büro-Immobilie im niederländischen Amersfoort. Mit zur Zeit noch 100 % Leerstand. Da hat man dann die Aufmerksamkeit bezüglich der Bonität der Mieter wohl so weit perfektioniert, daß Mietausfälle jetzt denknotwendig hundertprozentig ausgeschlossen sind. Wenn auch nur mangels Vorhandensein von Mietern.

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