Wer abrutscht darf noch mal

Der bei weitem größte Brocken im Restportfolio des SEB ImmoInvest war das sog. „Chesterbrook Portfolio“, ein Ensemble von hauptsächlich an Unternehmen der Pharmaindustrie vermieteten Bürogebäuden im Speckgürtel von Philadelphia. Genau gesagt handelt es sich dabei um zwei Portfolios, nämlich das eigentliche „Chesterbrook Portfolio“ mit 1,05 Mio. Quadratfuß vermietbarer Fläche und das benachbarte wesentlich kleinere „Glenhardie Portfolio“ mit 0,25 Mio. Quadratfuß.

Ende 2018 meldete die US-Fachpresse, daß das inzwischen etwas in die Jahre gekommene Portfolio (2006 vom ImmoInvest über eine Projektgesellschaft mit einem 10,6-%-Juniorpartner für 250 Mio. $ gekauft) an den Immobilienentwickler Rubenstein Partner verkauft werden sollte. Mit dem Deal vertraute Kreise veranschlagten den Preis mit 210 Mio. $ (hinterher stellte sich heraus, daß man nur über 190 Mio. $ gesprochen hatte). Doch wenige Wochen später zog sich Rubenstein zurück – der Deal platzte, zumindest vorläufig.

Mitte Januar wertete der SEB ImmoInvest das bis dahin noch mit rd. 160 Mio. EUR zu Buche stehende Portfolio um 23,2 Mio. EUR ab. Im Frühjahr wurde dann das kleinere Glenhardie Portfolio zu einem Preis unterhalb des letzten Verkehrswertes von 27,3 Mio. EUR an einen anderen Interessenten veräußert.

Für das größere eigentliche Chesterbrook Portfolio machte man mit dem alten Interessenten Rubenstein im Juni einen neuen Anlauf: 148,5 Mio. $ waren die Edel-Sanierer jetzt noch bereit zu zahlen. Heute früh kam in der Fachpresse die Meldung, daß bei diesem Deal das „Closing“ stattgefunden hat – schon heute abend bestätigte eine offizielle SEB/Savills-Meldung den Verkauf und begründete damit einen Rückgang des Anteilspreises um 0,20 EUR auf nun noch 5,57 EUR. Bei 116,5 Mio. umlaufenden Anteilen sind das (bei einem zuletzt noch vorhanden gewesenen Verkehrswert von 136,6 Mio. EUR) „nur“ gut 23 Mio. EUR Verlust – für SEB-Verhältnisse fast schon ein guter Verkauf, möchte man meinen. Wenn da nicht schon Anfang des Jahres die Abwertung um 23,2 Mio. gewesen wäre – zusammengerechnet sind beim „Chesterbrook-Portfolio“ zuletzt also noch über 46 Mio. EUR = 30 % des Verkehrswertes zu Jahresbeginn den Bach, pardon, den Schuylkill River runtergegangen.

Damit ist vom aktuell noch 278 Mio. EUR schwer gewesenen Restportfolio des SEB ImmoInvest die Hälfte und ein nicht unbeachtliches Klumpenrisiko weg. Die restlichen Objekte (zwei weitere Bürogebäude an der US-Ostküste, ein von der Telekom aufgegebenes Rechenzentrum in Frankfurt und eine innerstädtische Einkaufsgalerie in Hagen) bekommt man auf der gegenwärtigen Kursbasis fast umsonst. Vielleicht müssen wir uns den SEB ImmoInvest nun doch noch einmal näher anschauen …

Die immanente Dummheit von Blechgehirnen

Blechgehirne können schneller rechnen als Menschen. Besser entscheiden können sie nicht, und werden es auch nie können. Dies nicht zu begreifen ist der grundsätzliche Denkfehler von Menschen, die sich für einen solchen Schwachsinn wie angebliche Künstliche Intelligenz begeistern können. Denn die Dummheit der Blechgehirne holt uns im täglichen Leben ständig wieder ein. Und zwar in der Form, daß sich nicht etwa die Maschine dem Menschen anpassen muß, sondern daß man von den Menschen (und zwar gerade wegen ihrer größeren Intelligenz) verlangt, daß sie sich den öfter mal äußerst begrenzten Fähigkeiten von Maschinen anpassen – und mehr oder gar Besseres deshalb gefälligst nicht mehr zu fordern haben.

Vielleicht haben Sie schon einmal den Begriff „Zielmarktdefinition“ gehört. Seit mehr als einem Jahr muß der Emittent eines Wertpapiers eine Zielmarktdefinition liefern, aus der zu erkennen ist, ob das Papier von der Risikoklasse her zum Risikoprofil des Anlegers passt, der es kaufen möchte. Und das gleicht dann irgendein Computer ab.

Eigentlich kann uns das völlig schnurzpiepe sein, denn als professioneller Anleger dürfen wir alles kaufen was die Höllenschlunde der Kapitalmärkte so toxisches ausspucken, selbst den giftigsten Giftmüll. Wenn, ja wenn es da nicht so etwas bescheuertes wie angebliche Künstliche Intelligenz gäbe, die sich mit unserem Wertpapier-Kaufwunsch beschäftigt.

Da passiert dann genau das, was der gesunde Menschenverstand nicht mehr nachvollziehen kann. Bei unseren abwickelnden Offenen Immobilienfonds haben sich die faulen Säcke von Kapitalverwaltungsgesellschaften nämlich selbst dieses bißchen Arbeit einfach mal gespart und haben gesagt: Die Produkte werden ja gar nicht mehr vertrieben (sprich: wir haben keinen Profit mehr), deshalb machen wir uns damit auch nur noch so wenig Arbeit wie möglich. Dass wir damit den ehemals heiß umworbenen Anlegern die uns ihr Geld anvertraut hatten noch mal so richtig in’s Knie schiessen, das ist uns herzlich egal. Investmentgesellschaften und Verantwortungsgefühl? Seit wann denn das, bitte schön? Und deshalb stellen wir mal auf jeden Fall keine Zielmarktdefinition mehr in die Systeme ein.

Ein Mensch bei der Orderannahme würde jetzt messerscharf schließen: Wenn die CS Realwerte AG als Professioneller sowieso ohne jede Ausnahme alles kaufen darf, dann ist es völlig egal, was bei einem abwickelnden Fonds in der Zielmarktdefinition steht – die CS Realwerte AG darf ihn ja sowieso kaufen. So vernünftig würde wie gesagt ein Mensch denken. Ein Computer leider nicht. Der stellt bei der Ordereingabe fest: Da ist keine Zielmarktdefinition, mit der ich vergleichen könnte. Auch wenn im Falle der CS Realwerte AG das Ergebnis immer wäre: Dürfen ’se kaufen – wenn ich, der dumme Computer, mangels Daten erst gar nicht vergleichen kann, dann route ich den Auftrag eben nicht durch. Ende Gelände.

Das ist der ganz banale Grund, warum wir seit Anfang 2018 nur noch über eine einzige unserer Banken Kaufaufträge abgewickelt bekamen. Diese einseitige Abhängigkeit war uns natürlich nicht sehr angenehm. Wobei eine Lösung denkbar einfach war: Für viele „normale“ Banken ist das Fehlen der Zielmarktdefinition zwar ein unlösbares Problem. Und wegen eines einzigen betroffenen Kunden, wo das zu einem unerwünschten Ergebnis führt, programmiert auch keine Bank ihre Handelssoftware um. Aber einem Discountbroker z.B. ist das völlig egal, der macht ja keinerlei Beratung und kann deshalb jeden Auftrag durchrouten. Witziger Weise und vollkommen unerwartet ist es z.B. aber auch einer örtlichen Sparkasse egal: Die könnte Kaufaufträge für abwickelnde Offene Immobilienfonds nach wie vor entgegen nehmen.

Insofern können wir Ihnen heute die erfreuliche Mitteilung machen, daß die einseitige Abhängigkeit von dem erwähnten Institut nicht mehr fortbesteht.

By the way, sollten Sie auf der Suche nach einem wirklich tollen Buch für sich oder eine(n) Ihrer Lieben sein: Der Verfasser dieser Zeilen kann Ihnen da wirklich QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling empfehlen. Eine großartige Zukunftssatire über die Verheißungen und die Fallstricke der Digitalisierung. Aus dem Klappentext:

In der Zukunft läuft alles rund. Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. QualityPartner weiß, wer am besten zu Dir passt. Das selbstfahrende Auto weiß, wo Du hinwillst. Und wer bei TheShop angemeldet ist, bekommt alle Produkte, die er haben will, zugeschickt, ganz ohne sie bestellen zu müssen. Superpraktisch! Kein Mensch ist mehr gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen. Denn in QualityLand lautet die Antwort auf alle Fragen: OK.

Trotzdem beschleicht den Maschinenverschrotter Peter immer mehr das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System wirklich so perfekt ist, warum gibt es dann Drohnen, die an Flugangst leiden, oder Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung? Warum werden die Maschinen immer menschlicher, aber die Menschen immer maschineller?

Erfahren Sie, warum der Android John of Us zum Präsidenten von QualityLand gewählt wurde und es doch nicht lange blieb. Freuen Sie sich auf ein ganz tolles Buch, das der Verfasser dieser Zeilen nicht mehr aus der Hand legen konnte und gleich mal am Stück verschlungen hat. Wobei nicht unerwähnt bleiben darf, daß QUALITYLAND dem Verfasser dieser Zeilen wiederum von einem CS-Realwerte-Aktionär empfohlen wurde, dem die unverhohlene Fortschrittsfeindlichkeit in diesem Blog nicht verborgen geblieben war.

Der Gipfel der Erleuchtung

Eine in ihrer Strahlkraft kaum noch zu übertreffende Erleuchtung wird dem von so viel Aussagekraft schlicht überwältigten Leser im Abwicklungsbericht von M. M. Warburg & Co. für den KanAm SPEZIAL grundinvest zuteil:

„Die Verbindlichkeiten aus anderen Gründen (o,1 Mio. EUR) betreffen im Wesentlichen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten.“

Dieser Satz spielt in einer Liga mit dem berühmten Zitat von George W. Bush, an dessen unübertroffene intellektuelle Brillianz sich die Welt bis heute gern erinnert:

„Most of our imports come from other countries.“

Neues von der Aufräumfront

Der geneigten Leserschaft ist ja bereits bekannt, daß der Verfasser dieser Zeilen gerade ein bißchen aufräumt. Heute waren zwei Kartons dran, die hartnäckig bereits vier Umzüge unausgepackt überstanden hatten.

Es wird zwar niemanden interessieren, aber der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Leicht angewidert lehnten sowohl die beste Ehefrau von allen wie auch das Töchterlein dankend ab, als ihr Interesse an einem kompletten Satz von vier Weisheitszähnen abgefragt wurde, die dem Verfasser dieser Zeilen vor über 40 Jahren sein damaliger Schwiegervater eigenhändig gezogen hatte. Sie liegen inzwischen im Vorgarten verstreut und werden nach ihrer Wiederauffindung künftigen Generationen von Kriminalbiologen entsprechende Rätsel aufgeben.

Nicht entsorgt wurde dagegen ein 1982 von der Stadt Braunschweig ausgestellter Reisepaß, und zwar wegen eines 1985 eingestempelten China-Visums. Heute reist da ja Kreti und Pleti hin und schlürft auf der Chinesischen Mauer einen Sundowner. Aber damals war das noch Abenteuer pur. Auf der Straße war man ständig von einer Menschentraube umringt. Die Leute wollten einen anfassen und prüfen, ob diese Haut wirklich echt war. Der Wunsch, einen Kamm zu kaufen, hatte zur Folge, daß das städtische Kaufhaus vollständig geräumt wurde, damit der ausländische Besucher von einer handverlesenen Schar Verkäufer beim Erwerb der passenden Läuseharke bedient werden konnte. Und im vollbesetzten Speisewagen des Eilzuges nach Kanton kriegten alle Chinesen erst serviert, nachdem die Gwei-Loos ihre Mahlzeit beendet hatten. Schon lassen wir wieder lässig den Altsprachler raushängen und stellen fest: „Tempora mutantur, nos et mutamur in illis“, das kriegt man an Tagen wie diesen mal wieder hammerhart mit.

Um noch einmal auf besagte beste Ehefrau von allen und das Töchterlein zurückzukommen: Das auf der China-Reise vor 34 Jahren erworbene handgefertigte Prachtsiegel mit meinem Namen in lateinischer und chinesischer Schrift vermochte, da wundersamer Weise sogar das leuchtrote chinesische Stempelkissen noch erstklassig funktionierte, die Damenwelt im Gegensatz zu den Weisheitszähnen durchaus zu beeindrucken.

In unserer heutigen Wegwerfgesellschaft bleibt schließlich am Schluß noch als bemerkenswert zu bemerken: Im Jahr 1979 zog sich der Verfasser dieser Zeilen als jugendlicher, gerade erst frisch eingestellter Finanzfuzzi der Luther-Werke in Braunschweig die lebenslange Feindschaft des Chefs der Einkaufsabteilung zu, als er diesen über die Eskalationsstufe des kaufmännischen Leiters dazu nötigte, für mehrere hundert Deutsche Mark einen elektronischen Taschenrechner zu beschaffen. Auch dieses Teil fand sich soeben wieder an, und, siehe da, es war eine wirklich lohnende Investition gewesen. Neue Batterien, und schon rechnet der Rechner wieder wie ein Weltmeister. Die integrierte Uhr funktioniert noch, und sogar der ebenfalls eingebaute Wecker. Unkaputtbar. Sollten Sie gelegentlich erwägen, irgendein Produkt der Firma Sharp zu erwerben, so kann man Ihnen nur zuraten.

Nach diesen weiteren unnötigen Einträgen in das Lexikon des unnützen Wissens bleibt uns nur noch, der verehrten Leserschaft ein angenehmes und erholsames Wochenende zu wünschen.

Blaupapier

Erinnern Sie sich noch? Hatte man damals im Büro. Vor allem dieses grüne von Pelikan, das so einen ganz eigenen, unverwechselbaren Geruch nach süßlicher Kohle hatte. Habe ich sogar noch bis vor 3-4 Jahren bei meinen Steuererklärungen benutzt – weil das Fotokopieren der DIN-A-3-Einkommensteuererklärung auch blöd war. Schöngeister wie der Verfasser dieser Zeilen brauchten immer mehrere Anläufe, bevor Vorder- und Rückseite endlich passten. Da war das Durchschreiben auf das Vordruckdoppel mit Blaupapier tatsächlich ein bißchen einfacher – jedenfalls für Methusalems wie mich.

Augenblicklich ist bei unseren abwickelnden Offenen Immobilienfonds absolute Sommerflaute. Es passiert nichts, aber auch gar nichts, worüber man etwas schreiben könnte. Sie kennen das sicher auch: Bei solchen Gelegenheiten kriegt man dann alle paar Jahre mal einen Rappel und fängt an aufzuräumen. Meinen Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden, der seit Jahr und Tag mahnend den Finger hebt, wenn er in mein bis vor kurzem noch völlig unaufgeräumtes Büro kommt, wird nächsten Montag beim jour fixe der Schlag treffen. Er hatte sich nach meiner Einschätzung nämlich langsam damit abgefunden, daß alles Mahnen vergeblich blieb und (sein Lieblingswort für den Verfasser dieser Zeilen) „der Himmelhund“ irgendwann unter einem Berg Altpapier und Akten ersticken würde.

Heute waren die Schreibtischschubladen dran. Da herrschte eigentlich ohnehin einigermaßen Ordnung, aber eben die Ordnung von vor ungefähr zehn Jahren. So lange zurück liegen nämlich einige Vorgäge, die ich beim Aufräumen meines Büros wiederfand und dann – das ist der unbestrittene Vorteil eines chaotischen Büros – nach wenigen Sekunden ohne großes Federlesen in den Papierkorb befördern konnte. Also, schon mal aus Prinzip, auch die Schublade mit Formularen und Briefpapier neu durchsortiert. Ein Fach wurde dabei tatsächlich frei: Das Fach, in dem ich bisher in einer Plastikhülle immer noch ein paar Bögen Blaupapier aufbewahrt hatte. Ich glaube, das werde ich tatsächlich nie mehr brauchen. Wieder ein Fall für die interessante Fernsehsendung: „Das war dann mal weg.“

Bei näherem Nachdenken über diesen Beitrag macht sich beim Verfasser desselben übrigens gerade ein gewisses Entsetzen breit. Wenn mein(e) Nachfolger(in) in weiteren zehn Jahren dann wieder mal das Büro aufräumt, wird er/sie über mich ja auch sagen: „Der war dann mal weg.“ Bei Lichte besehen besteht zwischen mir und Blaupapier also gar kein so großer Unterschied. Und dann wird es nur noch einen Scheißdreck wert sein, daß ich (neben der Fähigkeit, gelegentlich sehr gründlich aufzuräumen) vor einem halben Jahrhundert sogar mal Latein gelernt habe. Sic transit gloria mundi.

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