Für den Betrunkenen die Laterne

In unserem speziellen Geschäft ist die klassische Gliederung einer Gewinn- und Verlustrechnung nur sehr bedingt aussagekräftig. Vor allem die Veränderungen stiller Bewertungsreserven in unseren Beständen gehen in die G+V nicht ein, haben aber großen Einfluß auf das wirtschaftlich tatsächlich erzielte Ergebnis. Die „offiziellen“ Zahlen nach HGB, die wir veröffentlichen (müssen) sind also in gewisser Weise wie für den Betrunkenen die Laterne: Nicht zur Erleuchtung, sondern zum Festhalten.

Für unseren gerade in Arbeit befindlichen Geschäftsbericht 2018 haben wir deshalb erstmals eine Übersicht konzipiert, die den Erfolg des Geschäftsjahres sehr viel präziser darstellt als nur die Gewinn- und Verlustrechnung. Daraus wird auch deutlich, daß das Jahr 2018 für die CS Realwerte AG noch wesentlich erfolgreicher verlaufen ist als es die „offiziellen“ Zahlen dann zeigen.

Eine originelle Begründung

Wir sind von der Commerzbank AG ja bereits einiges gewohnt. Aber die heute erschienene Begründung für den gestrigen Anstieg des Anteilwertes beim CS Euroreal um 0,12 EUR auf 7,55 EUR schlägt dem Faß nun wirklich den Boden aus.

„Ursache für diese nachträgliche Änderung der Anteilwerte war ein Fehler in der Berechnung der Anteilwerte vom 24. und 25. April 2019.“

Schüchtern erhebt sich das Stimmchen vom Rübenfeld und möchte bemerken: 0,12 EUR pro Anteil sind bei Stück 102,69 Mio. umlaufenden Anteilen mal eben 12,32 Mio. EUR. Geschätzter Herr Zielke, mindestens bis zu Ihnen sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben, daß die angedachte Fusion mit der Deutschen Bank geplatzt ist und daß das copyright für „peanuts“ deshalb weiter ganz allein bei den Blauen liegt …

Die Echternacher Springprozession

Erst letzte Woche hatten wir beim CS Euroreal wegen der heftigen Abwertung des Einkaufszentrums im tschechischen Olmütz einen Rückgang des Anteilwertes (Net Asset Value) von 7,81 EUR um rd. 6 % auf 7,43 EUR zu beklagen.

Heute geht es schon wieder in die andere Richtung: Plus 1,6 % auf 7,55 EUR.

Aus dem Hause KanAm gab es schon vor etlichen Jahren zu solchen Volatilitäten (die dort nämlich nicht stattfinden) die Aussage: „Es kann uns bei der Ermittlung des Anteilwertes ja keiner verbieten, da mal unsere Kalender übereinanderzulegen.“ Natürlich, bei einer solchen Vorgehensweise wird eben auch vieles nicht ganz so Angenehme für den Außenstehenden dann gar nicht erst sichtbar. Und das ist auch nicht wirkliche Transparenz. Aber ein dermaßen hin- und herfliegender Teppich wie bei den beiden CS-Fonds ist ebenso wenig der Weisheit letzter Schluß.

CS Euroreal: Schlimmer geht immer

Bereits im April 2018 hatte der CS Euroreal sein 31.360 m2 großes Einkaufszentrum „Olympia“ im tschechischen Olmütz von 74,2 Mio. EUR ziemlich kräftig auf 56,0 Mio. EUR abgewertet. Begründung damals: „Erhebliche Reduzierung des Bodenwertes, Erhöhung des Liegenschaftszinssatzes sowie angesetzter Abschlag für Investitionskosten für den Hypermarkt.“

Das hatte uns schon etwas mißtrauisch gemacht, und wir hatten unsere für die Berechnung des Wertaufholungspotentials maßgebliche interne Verkaufpreiserwartung auf 35,0 Mio. EUR heruntergeschraubt. Das war aber noch längst nicht vorsichtig genug, wie wir heute wissen.

Einen kräftigen Rückgang des Anteilswertes um rd. 6 % auf 7,43 EUR je Anteil begründet die Verwahrstelle Commerzbank AG gestern mit einer weiteren Abwertung von Olmütz auf, halten Sie sich fest, jetzt nur noch 19,0 Mio. EUR. Der schon vor einem Jahr kräftig reduzierte Verkehrswert wurde also jetzt noch einmal gedrittelt. Mit „erhebliche Reduzierung des Bodenwertes sowie Erhöhung des Liegenschaftszinssatzes“ werden zwei alte Bekannte der letztjährigen Begründung wiederholt, „gestiegener Leerstand sowie erhebliche Reduzierung der nachhaltig erzielbaren Miete und der Restnutzungsdauer“ kommen heuer noch neu dazu.

Man fragt sich bei solch erratischen Ausschlägen in den Verkehrswerten allen Ernstes, was der für die Bewertung zuständige Sachverständigenausschuß bei seinen Sitzungen raucht – gesund kann es auf keinen Fall sein.

Bei dieser Entwicklung muß man auch schon einmal eine Variante rechnen, die den für Olmütz erzielbaren Erlös mit Null ansetzt. In dem Fall müsste das zweite übrig gebliebene Objekt (die Rathaus-Galerie in Essen, die übrigens zufällig fast auf den Quadratmeter genau so groß ist wie Olmütz) mindestens 30,0 Mio. EUR bringen, ehe die Anleger des CS Euroreal auf der gegenwärtigen Kursbasis „Nasse“ machen. Bei einem Verkehrswert von aktuell noch 123,3 Mio. EUR sollte man das erwarten können.

Dennoch ist durch diese Entwicklung fast alle Phantasie, die in diesem Fonds noch dringesteckt hatte, verloren gegangen – und viel Vertrauen in das Fondsmanagement außerdem.

Als Wirtschaftsflüchtling in Ägypten

Ich muß doch noch mal auf den vorletzten Beitrag zurückkommen und die dort aufgeworfenen Fragen nach der wirtschaftlichen Stärke oder Schwäche einzelner Länder.

Solche Dinge schreibe ich nicht, ohne das begleitend zu recherchieren und den Wahrheitsgehalt der bei Dritten aufgeschnappten Informationen einigermaßen gründlich zu überprüfen. So stieß ich bei der Recherche zu den größten Volkswirtschaften der Welt schon wieder auf Dinge, die ich kleiner Wicht vom Rübenfeld mir so gar nicht hätte vorstellen können.

Es gibt Institutionen auf dieser Welt, die mit geradezu krankhaftem Forscherdrang weit in die Zukunft zu blicken versuchen. Unsereiner, aber wie gesagt, wir sind ja nur Rübenfeldler, begnügt sich da mit der Erkenntnis „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“. Die Standard Chartered Bank denkt da anders. Sie hat schon ziemlich genaue Vorstellungen, wie die Welt im Jahr 2030 aussehen wird. Doch, Ihr lieben Leute, trotzdem fehlt diesen miefigen anglophonen Bankern noch ein gerüttelt Maß an Phantasie: PriceWaterhouseCoopers, kurz pwc, kennt schon heute die stärksten Wirtschaftsnationen des Jahres 2050.

In einem Punkt unterscheiden sich die Jahre 2030 und 2050 überhaupt nicht: China, Indien und die USA (und zwar beide Male in dieser Reihenfolge) werden auch künftig die Weltwirtschaft dominieren. Und in beiden Prognosen (auch schon 2030!) wird Indonesien die Nr. 4 sein. Der Rest der Welt liefert sich dann nur noch das Rennen um die billigen Plätze. Großbritannien, schon heute hinter (!) Indonesien nur noch die Nr. 9, kommt dann in keiner Statistik mehr vor. Die auf der Insel gegenwärtig herrschende Selbstüberschätzung ihrer verbliebenen Bedeutung schreit förmlich nach professioneller Hilfe.

Bereits 2030 werden nach Ansicht der Standard Chartered Bank neben Indonesien auch die Türkei, Brasilien und Ägypten (Plätze 5-7 der größten Volkswirtschaften der Erde) die Länder Russland, Japan und Deutschland (Plätze 8-10) überrundet haben. Ich schwanke jetzt noch, ob ich als Wirtschaftsflüchtling in wenigen Jahren dann lieber in die Türkei gehe oder doch gleich nach Ägypten. Beide Länder haben eine ordentliche Hotel-Infrastruktur (kann man, wenn die Touristen aus den schwach gewordenen Ländern wegbleiben, problemlos in Senioren-Residenzen umbauen, Thailand macht das schon seit Jahren vor). Und man sollte hoffen, daß diese Länder uns Wirtschaftsflüchtlingen auch Sprachkurse anbieten werden, damit man sich gut integrieren kann.

Besonders gespannt bin ich schon, wie die Ägypter dann mit Flüchtlingen aus der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien umgehen werden. Hoffentlich sind sie nicht all zu nachtragend. Vor allem sollte man Gott (oder dann vielleicht Allah) auf Knien bitten, daß auf keinen Fall plötzlich ein ägyptischer Seehofer aufsteht und fordert, daß man die als Asylbewerber nicht anerkannten Wirtschaftsflüchtlinge aus Deutschland oder Großbritannien schnellstmöglich zurück in ihre Heimat abschiebt.

Wenn Historiker versuchen, in die Zukunft zu kucken, kommen da halt genau so merkwürdige Beiträge heraus wie bei ihrer Bereisung der Vergangenheit. Wir hoffen, es bringt Sie trotzdem ein bißchen zum Nachdenken. Vielleicht sollten wir zu den Menschen, die heute zu uns kommen, generell etwas netter sein. Es ist ja nicht auszuschließen, daß wir sie schon in überschaubarer Zeit um ihre Gastfreundschaft bitten müssen.

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