Kleinvieh macht auch Mist

Nur der Vollständigkeit halber erwähnt: Am 1.10. zahlt der SEB ImmoInvest Target Return 3,50 EUR je Anteil zurück. Das sind bei diesem inzwischen immobilienfreien Fonds gut 20 % des restlichen Fondsvermögens. Wir haben aber lediglich 13.610 Stück – der Zufluß deckt also gerade einmal unsere Zinsbelastungen zum Monatsende und das bescheidene Gehalt des Vorstands.

Der Blick über den Tellerrand

Vorhin habe ich anläßlich eines ARD-Beitrages über den Zertifikate-Vertrieb in der Sparkassen-Organisation in den Jahren 2007/08 die Fakten noch einmal ein bißchen aus der Sicht des Finanzhistorikers und Sammlers Historischer Wertpapiere erzählt. Der Vorteil dieses Berufes und dieses Hobbys ist nämlich, daß man gewohnt ist, in sehr langen Zeiträumen zu denken. Wenn man dann noch ein einigermaßen funktionierendes Gedächtnis hat, ist man eigentlich davor sicher, von den Blasenbildungen des Augenblicks auf’s Glatteis geführt zu werden.

Kaum war der Beitrag vorhin veröffentlicht, gab es auch schon eine Handvoll Reaktionen unserer Leser. Weshalb mir dann noch ein paar mehr Details aus dieser Zeit in Erinnerung kamen.

Die ARD hatte ja (wohl nicht zu Unrecht) besonders die Sparkassen auf’s Korn genommen, die da besonders eifrig „Produkte“ unter’s Volk brachten. So verwundert es nicht, daß damals auch die NORD/LB (bei der ich selbst vor über 40 Jahren mal eine Banklehre gemacht hatte) resp. die Braunschweigische Landessparkasse bei diesem Spiel mitspielen wollte. Nun ist Südniedersachsen nicht gerade für eine übermäßige Häufung börsennotierter Aktiengesellschaften bekannt, aber wir haben ja die Salzgitter AG.

Mein Kundenbetreuer bei der NORD/LB ist seit Jahrzehnten ein guter Freund von mir. Nebenbei bemerkt ist er auch der aktuelle Ehegatte meiner geschiedenen ersten Frau. Das erzähle ich Ihnen aber nur, um zu unterstreichen, daß wir uns wirklich sehr gut kennen. Auch die Wertpapierberater der NORD/LB hatten damals ihre Vertriebsvorgaben und ihre Rennlisten, wonach sie ihre Kunden abtelefonieren mussten, um „Produkte“ zu verkaufen. In dieser Beziehung waren die Szenen im genannten ARD-Beitrag übrigens fast beklemmend realistisch. So gut wie wir uns kennen wusste mein Freund deshalb schon vorher ganz genau, daß er mit diesem Anruf bei mir voll in die Scheiße fasst – aber der Computer hatte ihm eine Liste möglicher Opfer unter seinen Kunden ausgespuckt, auf der ich gefälligst abzuhaken war.

Die Salzgitter-Aktie stand damals, 2007/08, mit einer kurzen Unterbrechung weit über 100. Ohne große Umschweife kam mein Freund auf den Punkt. Er hatte nämlich eine von der NORD/LB aufgelegte Aktienanleihe auf die Salzgitter AG unter’s Volk zu bringen. Es heißt zwar, um den ohnehin dummen Kunden endgültig in Sicherheit zu wiegen, fälschlicher Weise „Anleihe“, aber in Wirklichkeit ist dies so etwas wie eine Verkaufsoption für Salzgitter-Aktien, die der Kunde der Bank verkauft. In Wahrheit bekomme ich hier keine Zinsen, sondern eine Optionsprämie, die der Bank das Recht gibt, mir statt Bargeld wertlose Salzgitter-Aktien zurückzugeben, wenn diese entsprechend gefallen sein sollten. Es ist eine Schande, daß diese verkappten Börsentermingeschäfte mit ahnungslosen Privatkunden bis heute legal zu sein scheinen …

Wie gesagt, die Salzgitter-Aktie stand gerade weit über 100. Das eingeübte Verkaufsgespräch, das auf Menschen ohne Gedächtnis setzte, begann. „Kannst Du Dir vorstellen, daß die Salzgitter-Aktie innerhalb der nächsten x Jahre unter 50 fällt??“ – „Aber natürlich kann ich mir das vorstellen, und mehr noch: Das kann ich mir nicht nur vorstellen, das wird sie auch.“ Damit war das Verkaufsgespräch zu Ende. Wie bereits gesagt, das wusste mein Freund auch schon vorher, aber der Vertriebsdruck auf die Wertpapier-Berater (von denen nicht wenige damals daran zerbrochen sind) zwang ihn zu diesem Telefonat. Die meisten Banken und Sparkassen haben damals, von Gier getrieben, als System versagt, und sie tun es bis heute.

Weshalb war ich vor 10 Jahren schon beratungsresistent? Nun, der Finanzhistoriker wusste eben aus dem Gedächtnis, daß es die Salzgitter-Aktie bis 2005 jahrelang zu Kursen zwischen 6 und 12 Euro zu kaufen gegeben hatte. What goes up, must come down. So kam es dann auch. Mit der tollen Aktienanleihe hätte man ziemlich in’s Klo gefaßt. Nach der Finanzkrise gab es die Salzgitter-Aktie über Jahre immer mal wieder zu 25. Den Mindestkurs von 50, unter dem der stolze Besitzer der „Aktienanleihe“ kein Bargeld mehr wiederbekam, sondern Salzgitter-Aktien mit Kurs 50 abgerechnet, diesen Kurs hat die Aktie seit dessen Unterschreiten im Jahr 2011 (mit einer denkbar knappen Ausnahme nur für wenige Tage zur Jahreswende 2017/18) nie wieder gesehen …

Bei Lichte betrachtet hat meine Sammlung Historischer Wertpapiere eigentlich überhaupt nichts gekostet. Sie hat mir auch für meine heutigen Börsengeschäfte so viel finanzgeschichtliche Erfahrung gebracht, daß sie sich durch das nicht verlorene Geld aus nicht gemachten Fehlern finanziert hat.

Übrigens, nächsten Samstag ist in Frankfurt/Main im NH-Hotel in der City die große Herbst-Auktion der Freunde Historischer Wertpapiere mit dem feinsten Angebot, das dieser Anbieter jemals vorzustellen hatte.

Schauen Sie doch gleich einmal in den Katalog rein: https://www.fhw-online.de/

Viel Spaß beim Blick über den Tellerrand!

10 Jahre Finanzkrise: Eine Nachlese

Vor 10 Jahren suchte die letzte Finanzkrise die Welt mit voller Wucht heim. Dem ein sin Uhl is dem annern sin Nachtigall. An den Folgen der Finanzkrise verdient die CS Realwerte AG bis heute glänzend.

Sonntag abend lief in der ARD ein ausgesprochen sehenswertes Dokudrama mit dem Titel „Lehman. Gier frisst Herz“. Ein ziemlich präzises Sittengemälde der Exzesse an den Finanzmärkten dieser Zeit, garniert mit vielfältigen Statements des damaligen Lehman-Deutschland-Chefs Karl Dannenbaum, des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück und des damaligen EZB-Präsidenten Claude Trichet.

Alarmieren muß das Schlußwort von Claude Trichet in seinen Kommentaren: „Ich glaube nicht, dass man aus diesen Vorgängen irgend etwas gelernt hat. Ich glaube nicht, dass sich nach dem Lehman-Zusammenbruch irgend etwas geändert hat.“

Betroffenes Kopfschütteln erntet das Schlußwort von Karl Dannenbaum. „Eine Schuld – moralisch? – nein. Es ist ein Verhängnis gewesen. Ist es eine Schuld? Nein.“

Dazu eine kleine Anekdote: Unsere eigentliche Profession ist bekanntlich der Handel mit Historischen Wertpapieren. Das ließ es damals sinnvoll erscheinen, Börsentage, Finanzmessen und Investmentkongresse mit einem kleinen Stand zu bestücken und dort für unser Sammelgebiet Werbung zu machen. So waren wir Anfang 2008 auch auf einem Investmentkongreß in München vertreten. Zertifikate waren damals das überragende Thema, dem sich alle anderen Aussteller fast ausnahmslos widmeten.

Am Ende der Veranstaltung gab es zu wenig Taxen. So ergab es sich, daß ich mir das Taxi zum Bahnhof mit einer charmanten jungen Frankfurterin teilte. Wir kamen in’s Gespräch. Sie leitete (mit Dienstsitz London) für eine französische Großbank den Zertifikate-Vertrieb über die deutschen Sparkassen. Im eingangs zitierten ARD-Beitrag waren übrigens die Zertifikate-Opfer der fiktiven Rhein-Main-Sparkasse der Drehbuch-Leitfaden.

Ich fragte sie, ob sie selbst auch in Zertifikate investiere. Die Antwort habe ich bis heute nicht vergessen. Sie, die sie einen um den anderen Tag über die deutsche Sparkassen-Organisation deutschen Kleinsparern Zertifikate für Abermillionen auf’s Auge drückte, antwortete: „Zertifikate? Bist Du bescheuert? No way. In meinem Depot habe ich ausschließlich Bundesanleihen.“

Lieber Herr Dannenbaum, was die Schuldfrage angeht: Die damals handelnden Personen waren keine umgeschulten Müllwerker. Es waren hochintelligente Leute, die ziemlich genau wussten, was sie taten. Leute allerdings, die bereit waren, für das eigene unanständig hohe Einkommen Moral und kaufmännischen Anstand über Bord zu werfen. Und Monsieur Trichet hat leider vollkommen Recht: Damals wie heute drehen die Banken und Sparkassen ihren Kunden immer noch heiße Luft in Tüten an, die sie hochtrabend als „Finanzprodukte“ bezeichnen.

Herr Steinbrück erklärte in dem erwähnten ARD-Beitrag, er und auch kein anderer Finanzminister habe dieses Unheil kommen sehen können. Doch Herr Steinbrück, das konnte man. Aktien, Anleihen, Immobilien (meinetwegen äußersten Falls auch noch in Fonds verpackt), Gold, Bausparverträge, Lebensversicherungen: Das hat weit mehr als ein Jahrhundert lang als Anlageuniversum gereicht, und das würde auch heute noch vollkommen ausreichen. Das deutsche Wirtschaftswunder fand statt, obwohl alle Börsentermingeschäfte und Leerverkäufe bei Strafe verboten waren. Was übrigens eine Konsequenz nach den Erfahrungen aus der Weltwirtschaftskrise der frühen 1930er Jahre gewesen war.

Alles, was nach Deregulierung der Finanzmärkte an von den Banken kreiertem Spielzeug dazu kam, macht volkswirtschaftlich keinerlei Sinn und hat für die effiziente Kapitalallokation in der Realwirtschaft keinerlei Sinn und Nutzen. Es sind alles nur Jetons zur Maximierung zinsunabhängiger Erträge des Bankensystems. Diese Dinge nützen niemandem (außer den Banken zur Ertragserzielung), es sind aber (wie der große Warren Buffet schon vor längerer Zeit einmal sehr treffend sagte) finanzielle Massenvernichtungswaffen, die den Keim der nächsten Krise bereits in sich tragen.

Übrigens muß man den ARD-Beitrag aber in einem Punkt korrigieren. Er schloß mit dem Textlaufband „Die Finanzkrise 2008 verursachte weltweit einen Schaden von 7 Billionen Euro„.

Das ist unzutreffend. Es mag sein, dass global aufaddiert die Depotwerte aller Anleger in Folge der Finanzkrise um 7 Billionen Euro schrumpften. Aber der Finanzhistoriker weiß: Das Zusammenschrumpfen der in der Spekulationseuphorie zuvor aufgeblähten, tatsächlich nur auf dem Papier existierenden Buchwerte ist realwirtschaftlich gesehen kein Schaden. Das „Geld“ existierte ja nur als endlose Kette von Nullen in den Büchern, war aber (als volkswirtschaftliches Realvermögen) tatsächlich niemals da.

Die andere Möglichkeit wäre: Das Geld ist nicht weg, es hat jetzt nur jemand anders. Zu einem winzigen, global nicht einmal unter der Lupe sichtbaren Anteil eben auch die CS Realwerte AG und ihre Aktionäre. Die umgeschulten Müllwerker am Ende der Nahrungskette der Kapitalmärkte sind nämlich wir.

Nur noch statistischer Wert

Der Onkel ist wieder am Schreibtisch. Wie schon vor der langen Urlaubsabwesenheit angekündigt erscheint in Kürze auf unserer Internet-Seite auch noch der Monatsbericht mit den Zahlen per Ultimo August. Einfach, damit die Statistik vollständig bleibt.

Der Onkel kann es sich bekannter Maßen leisten, öfter mal ein paar Wochen zu verreisen. Unser Geschäftsmodell ist inzwischen ein solcher Selbstläufer, daß es gar nicht mehr Not tut, jeden Tag auf die Zahlen zu starren. Es entwickelt sich auch so. Auch im August ist, ohne eine einzige Disposition, der Kurswert unseres Portfolios weiter um gut 300 TEUR nach oben gegangen. Es ist nirgendwo etwas Spektakuläres passiert, einige Fonds ganz unverändert, andere ein paar cent im Kurs hoch – da bringt es halt bei unseren teilweise doch schon signifikanten Stückzahlen im Bestand einfach die schiere Masse.

Insgesamt führt das dazu, daß der innere Wert pro Aktie – trotz des Dividendenabschlags Anfang August – knapp oberhalb der magischen 1.000-EUR-Marke bleibt.

In den sechs Wochen Abwesenheit sind eigentlich nur zwei Dinge passiert, die unsere Erwartungen beeinflussen: Der CS Euroreal hat wenigstens bei einem der beiden Problem-Objekte in Glasgow (4 Atlantic Quai, das bisher zu drei Vierteln leer stand) einen schönen Vermietungserfolg hinbekommen. In wenigen Monaten zieht ein weiterer Mieter ein, der auf einen Schlag die Hälfte des Gebäudes genommen hat: Die schottische Regierung.

Noch spektakulärer wurde es beim KanAm grundinvest: Der aus unserer Sicht größte Problemfall und das auch flächenmäßig größte der drei restlichen Objekte dieses Fonds, das seit über zwei Jahren leer stehende frühere „Robecohuis“ in Rotterdem, ist keiner mehr: Der mit der Vermietung mandatierte Makler CBRE hat seine Hausaufgaben wirklich gründlich gemacht und einen neuen Mieter gefunden. Nach weiteren Umbauarbeiten wird das inzwischen in „Allianztower“ umzubenennende Hochhaus ab 2020 komplett an die holländische ALLIANZ-Tochter vermietet. Schöner könnte es gar nicht sein.

In beiden Fällen (beim früheren Robecohuis sogar signifikant) haben wir unsere Erwartungen zum vermutlich erzielbaren Verkaufspreis nach oben korrigiert. Das hat zum Ergebnis, daß das in Prozent ausgedrückte weitere Wertaufholungspotential trotz der leicht gestiegenen Börsenkurse nicht kleiner geworden ist. Die 300 TEUR, die unser Portfolio im August mehr wert geworden ist, gehen also am Ende „on top“.

 

KanAm grundinvest: Robecohuis wieder vermietet

Mit 19.000 m2 vermietbarer Fläche das größte der drei übrig gebliebenen Objekte des KanAm grundinvest ist das Hochhaus Coolsingel 120 im Herzen von Rotterdam. Aus dem früher Robecohuis genannten Gebäude war der Alleinmieter, der Immobilien- und Finanzdienstleister Robeco (heute Unibail-Rodamco-Westfield) Ende 2016 ausgezogen – ein herber Schlag für den KanAm.

Nachdem der KanAm kürzlich bereits das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Bürohochhaus Blaak 555 verkaufen konnte, steht nun auch einem Verkauf von Coolsingel 120 nichts mehr im Wege: Die mit der Neuvermietung beauftragte Maklerfirma CBRE war sehr erfolgreich. Das Gebäude wird komplett an die niederländische Dependance der ALLIANZ-Versicherung vermietet.

Nach einigen weiteren den Wünschen des neuen Mieters entsprechenden Umbaumaßnahmen wird die ALLIANZ Mitte 2020 in Coolsingel 120 einziehen. Gleichzeitig erhält das markante Hochhaus den neuen Namen „Allianztower“. Dies hat soeben die ALLIANZ selbst auf ihrer Internet-Seite bestätigt.

Die bei der Neuvermietung erzielte Jahresmiete schätzen wir auf 165 EUR/m2, was einem jährlichen Mietertrag von 3,15 Mio EUR entspräche. Nachdem (siehe unser spezieller Beitrag zum Robecohuis im Juli) die Bruttomietrendite in Rotterdam inzwischen unter 5 % gesunken ist, würde dies (vor allem bei so einem Mieter) eine Kaufpreisforderung von 65 Mio. EUR rechtfertigen.

Vom nachmaligen Mieter gekauft hatte der KanAm das Robecohuis 2006 für etwa 75 Mio. EUR. Nach mehreren Abwertungen lag der Verkehrswert zuletzt aber nur noch bei 29,2 Mio. EUR. Der nunmehr zu erwartende Verkaufspreis dürfte also für diesen Fonds erneut eine faustdicke Überraschung werden und die Beobachtung bestätigen, daß sich bei der Verwertung der „Resterampe“ kein Fonds größere Mühe gibt als der KanAm grundinvest.

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