Einer geht noch

Dem aufmerksamen Leser wird schon seit längerem aufgefallen sein, daß der Verfasser dieser Zeilen eine gesunde Aversion gegen alles Digitale im allgemeinen und sogenannte Künstliche Intelligenz im Besonderen hat.

Was ihn natürlich nicht daran hindert, das Internet maßvoll bei solchen Aktivitäten zu nutzen, wo er sich einen meßbaren Nutzen für sich oder die Firma verspricht. Dazu gehören Weinbestellungen.

„Oferta especial!“ Das ist ein Reizwort, das beim Verfasser dieser Zeilen, zugegebener Maßen ein Genußmensch, immer zieht. Einem bei einer Tochtergesellschaft des Hawesko-Konzern eingestöpselten Blechhirn ist das inzwischen aufgefallen. Weshalb mich dieses Blechhirn pausenlos mindestens einmal täglich mit Sonderangeboten mit mindestens 40 % Rabatt bombardiert.

Einerseits hat das Blechhirn mit der Methode durchaus Erfolg. Bis jetzt jedenfalls. Denn nach Einräumen der gerade heute gelieferten Kisten wird mein Weinregal bummsvoll sein. Mehr geht dann erst mal nicht, und ich werde jeder künftigen „Oferta especial!“ mannhaft widerstehen müssen. Bis das Blechhirn das begriffen hat, wird es geraume Zeit dauern – keine leichte Zeit, denn in der Internet-Werbung sieht ja jedes gute Tröpfchen geradezu lebensverlängernd aus.

Andererseits konnte man mit dem Blechhirn auch nette Spielchen betreiben. Der Algorithmus der blöden Maschine möchte natürlich herauszufinden, worauf ich besonders gut reagiere. Warum sollte ich da nicht vice versa versuchen, herauszufinden, was die Maschine so alles mit sich machen lässt?

Ich hasse er übrigens, zu viel über mich zu verraten oder bei einer Internet-Bestellung gar ein Konto anzulegen. Nein, ich bin immer wieder jemand anders. Entweder ist das der dummen Maschine noch gar nicht aufgefallen, oder sie drückt schmunzelnd beide Augen zu und sagt „Na ja, wenn’s ihm Spaß macht. Hauptsache, er bestellt ordentlich.“

Vorgestern jedenfalls habe ich, wieder einmal unter neuem Namen, rund 150 Flaschen ausgesucht guter Weine im Wert von gut 1.300 EUR bestellt. Da die Maschine ja bei jeder Bestellung auch mein Geburtsdatum wissen will, habe ich mich dieses Mal spaßeshalber als 104 Jahre alter Gewohnheitstrinker ausgegeben, der die neun Großkartons bitte auf Rechnung haben will. Ich war fest davon überzeugt, diese Bestellung würde der Computer nicht annehmen. Aber es hat anstandslos funktioniert, und ich werde gleich mal alles in den Kofferraum laden. Nebenbei bemerkt, es hat anstandslos funktioniert, obwohl meine beiden letzten Bestellungen ebenfalls auf Rechnung unter anderen Pseudonymen schon auf Mahnstufe 2 sind.

Woher weiß die Maschine eigentlich, daß ich sie nur verarschen will, und daß der Laden sein Geld am Ende doch bekommen wird? Obwohl die angeblichen Weinbesteller, die den Empfang folgerichtig und völlig unbeanstandet mit drei Kreuzen quittierten, real gar nicht existieren?

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