SEB: Ein Wechselbad der Gefühle

Seit gut einem Jahr fanden wir den SEB ImmoInvest nicht so prickelnd. Und hatten deshalb die Position komplett abgebaut, was sich im Nachhinein auch als goldrichtig herausstellte.

Als vor einigen Wochen ein paar ziemlich konkrete Verkaufsgerüchte auftauchten, fanden wir den Fonds, dessen Kurs auch in diesem Jahr weiter eingebrochen war, plötzlich wieder ganz interessant. Und bauten zu absoluten Tiefstkursen eine kleine Anfangsposition wieder auf.

Dann gab es letzte Woche den sehr enttäuschenden Verkauf des Holland-Portfolios, bei dem der Preisabschlag weit über unseren Erwartungen lag. Daraufhin haben wir mit unseren Verkaufspreis-Prognosen noch einmal nachgerechnet. Anschließend fanden wir den SEB ImmoInvest erneut nicht mehr prickelnd und haben unsere gerade erst neu eröffnete Position mit einem sehr netten Gewinn wieder glattgestellt.

Von den kürzlich schon gerüchteweise kolportierten Deals war jetzt eigentlich nur noch das sogenannte „Artemis-Portfolio“ offen, bei dem es kürzlich hieß, der Fonds habe „second round bids“ erhalten.

Soeben veröffentlichte EuroProperty nun folgende Meldung:

„Goldman Sachs is in exclusive talks to buy a €500m pan-European office portfolio, EuroProperty can reveal, as opportunistic investors continue to put their faith in complex, higher risk deals.

The US investment bank is in advanced talks to buy the Artemis portfolio from the SEB ImmoInvest German open-ended fund, which is managed by Savills Investment Management.

The portfolio is likely to be one of the last pan-European portfolios sold this cycle, with SEB ImmoInvest being the last German open-ended fund to complete its disposal programme. Regulators forced it and several other funds to wind up their portfolios in 2012 because they closed for redemptions during the downturn.

Goldman beat competition from Ares and PIMCO to buy the portfolio, but the fact that the portfolio sold for less than its €525m guide price shows how appetite for riskier portfolios is moderating.

The portfolio comprises 35 offices in seven countries across Europe, including Poland, Finland, France and Belgium.

It is the first time Goldman has bought a pan-European portfolio this cycle, after being beaten to the punch on several occasions. It has bought portfolios of assets with short leases and high vacancy in individual countries such as the UK, Netherlands and Finland.

Data for the wider SEB ImmoInvest fund shows that the portfolio has a vacancy rate of about 22% and that around 50% of the leases expire before the end of 2020.

Apollo Global Management had been in talks to buy €2.5bn of assets from the former SEB funds, essentially the entire portfolio, in 2016, but Savills Investment decided to undertake separate disposals to increase the price it could fetch.

As well as the Artemis portfolio, Savills is understood to have completed on deals or exchanged contracts to sell €400m of SEB assets in Paris; a €100m Dutch portfolio; €50m of assets in Luxembourg; €30m in the UK; and a €15m Milanese hotel, all in separate transactions.

CBRE is advising Savills Investment on the disposal strategy for the SEB funds. All parties declined to comment.“

Um ganz ehrlich zu sein, in der Form hatten wir das wiederum auch nicht erwartet. Klar, im Schnitt wird das Artemis-Portfolio mit 500 Mio. EUR nicht die Summe der Verkehrswerte erreichen. Aber der Abschlag betrüge „nur“ 5 %, und da hatten wir doch mit deutlich Schlimmerem gerechnet.

Gerade erst vor ein paar Minuten hatten wir ein Telefonat mit unserem Großen Vorsitzenden, der sich höchst erfreut äußerte, daß wir zu diesem anrüchigen Fonds Distanz halten. Aber nun überlegen wir, ob wir den SEB ImmoInvest nicht doch wieder prickelnd finden könnten … o:)

Wobei, ehe jetzt erneut die Euphorie Überhand gewinnt, noch eine Frage zu klären bleibt: Von den 35 Objekten des Artemis-Portfolios können wegen der Präzisierung im Bericht „35 offices across Europe“ nach unserer Einschätzung höchstens 20 aus dem SEB ImmoInvest stammen. Die übrigen sind nämlich entweder keine „offices“ oder nicht „across Europe“. Das heißt (und das war eigentlich auch vom ersten Moment klar), ein Teil des Portfolios stammt aus anderen SEB-Fonds, vor allem dem SEB ImmoPortfolio Target Return. Und das heißt auch: Das etwas gammelige „Chesterbrook-Portfolio“ mit einigen in die Jahre gekommenen Bürogebäuden in den USA steht ebenso weiter im Regal wie das größte Objekt des Fonds und zugleich sein größter Problemfall, die demnächst leer stehende „Via Laurentina“ in Rom.

Insofern muß man auch bezüglich der vermutlich geringer als erwartet ausgefallenen Höhe des Wertabschlags erst einmal geschmeidig bleiben: Endgültig freuen darf man sich, wenn bekannt gegeben ist, wie sich das Artemis-Portfolio zusammensetzt und welcher Fond in Geld welchen Anteil vom Kuchen kriegt.

Die Mutter aller Zeitbomben

Erst kürzlich ließ uns der Aktionismus eines Donald Trump erfahren, daß es die „Mutter aller Bomben“ gibt. Aus gegebenem Anlaß, nämlich den jüngst vom SEB ImmoInvest gemeldeten Verkäufen, müssen wir uns deshalb mal wieder mit der „Mutter aller Zeitbomben“ beschäftigen. Und das ist das von deutschen Immobilienfonds auf Grund gesetzlicher Vorschriften angewendete Bewertungsverfahren.

Aktien- und Rentenfonds haben hier kein Problem: Da gibt es täglich einen Börsenkurs, den man zur Bewertung des Fondsvermögens verwendet. Bei Immobilienfonds ist das etwas schwieriger: In Ermangelung echter Marktpreise greift man hier auf Verkehrswerte zurück, die für jedes Fondsobjekt einmal jährlich für die Fonds von ihren ständigen Sachverständigen-Ausschüssen ermittelt werden.

Doch jeder, der sich schon einmal mit einem Bewertungsgutachten für eine Immobilie beschäftigen musste, kennt das Problem: Den Markt interessiert die Wertermittlung eines Sachverständigen eigentlich gar nicht. Der Preis bildet sich schlußendlich nur aus Angebot und Nachfrage.

Wenn jemand unbedingt eine Hundehütte auf dem Mond besitzen möchte, und es steht auf absehbare Zeit nur eine zum Verkauf, dann wird diese Hundehütte auch Mondpreise erzielen.

Wenn aber in Berlin das Schloß Bellevue verkauft werden soll, dann läuft man sowohl mit dem Sachwert- wie auch dem Ertragswertverfahren auf Grund: Beim Sachwertverfahren führt der Ansatz der Baukosten, auf das Baujahr zurückgerechnet, bei einem veritablen Schloß zu höchst unscharfen Ergebnissen. Und welchen Quadratmeter-Preis für das Grundstück darf man rechnen?  Das Ertragswertverfahren führt ebenfalls zu nichts, weil – jedenfalls nach unserer Kenntnis – der Bundespräsident für seinen Amts- und zugleich Wohnsitz gar keine Miete zahlt.

Wurde eine Immobilie gerade neu für den Fonds gekauft, dann kennt man den Marktpreis. Zu dem die Sachverständigen übrigens auch bei jedem Kauf ihr Plazet geben müssen. Doch bei jeder (im Jahresrhytmus vorgeschriebenen) Folgebewertung wird das Problem für die Sachverständigenausschüsse größer: Je weiter man sich vom Kaufdatum und damit einem einmalig entstandenen Marktpreis entfernt, desto mehr müssen sich die Sachverständigen auf im Prinzip rein mechanisch funtionierende Bewertungsverfahren zurückziehen.

Erste Abgründe tun sich schon an der Frage auf, ob und ggf. zu welchen Konditionen in einigen Jahren auslaufende Mietverträge wohl verlängerbar sein könnten. Und es grenzt schon an Kaffeesatzleserei, heute bereits wissen zu wollen, wie in zwei oder drei Jahren der Mietmarkt am betreffenden Standort überhaupt aussehen wird. Doch beim Bewertungsverfahren deutscher Immobilienfonds verlangt der Gesetzgeber (anders als z.B. in Großbritannien, wo man sich viel stärker am Markt orientiert), daß der Kaffeesatz in feste Rechenschablonen gepreßt wird und ein rechnerisch genau darzustellendes Ergebnis mit zwei Nachkommastellen herauskommt.

Die Sachverständigengutachten und die darin errechneten Verkehrswerte sind aber – ohne daß man außer dem Gesetzgeber jemandem einen Vorwurf machen kann – für die Adressaten der Bewertungen wie für den Betrunkenen eine Laterne. Dient nicht zur Erleuchtung, sondern zum Festhalten.

Ob die sachverständig ermittelten Werte am Markt tatsächlich erzielbar wären, ist bei Offenen Immobilienfonds eine unter anderem sehr vom Verkaufszeitpunkt und der dann herrschenden Marktlage abhängende Frage. Ganz vereinfacht gesagt: In einem boomenden Markt verkauft man auch Hundehütten. In einem am Boden liegenden Markt bleiben auch Schlösser als Ladenhüter liegen.

Die enorme Zyklik der Immobilienmärkte hatten wir hier schon öfter an Einzelbeispielen erläutert. Doch die in Deutschland bei Offenen Immobilienfonds vorgeschriebenen Bewertungsverfahren müssen diese Zyklik weitgehend ausblenden. Vereinfacht gesagt führt das tendenziell zu dem Ergebnis, daß diese Bewertungen in Boomphasen noch zu zaghaft sind, aber in Schwächephasen teilweise deutlich zu hoch. Und dieser grundsätzliche Konstruktionsfehler deutscher Immobilienfonds führt dann zu dem Ergebnis:

Im März 2017 verkauft der SEB ImmoInvest ein von der Bausubstanz und Vermietbarkeit ausgesprochen mittelmäßiges Gewerbeobjekt in der Frankfurter Innenstadt zum Doppelten des Verkehrswertes. Ganz einfach weil ein Projektentwickler auf den Trichter gekommen ist, die Klafalle einfach abzureißen und an ihrer Stelle ein Hochhaus mit Luxuswohnungen zu errichten. Zur gleichen Zeit verkauft der gleiche Fonds ein Portfolio mit 7 holländischen Objekten 26 % unter den aktuell festgestellten Verkehrswerten (obwohl sie zuvor bereits dramatisch zusammengestrichen worden waren). Die Bewertung hatten in beiden Fällen die gleichen Sachverständigen gemacht. Und, um die Verwirrung komplett zu machen: Vor gerade einmal einem Jahr hatte der CS Euroreal fast alle seine Holland-Immobilien auf einen Schlag für 12 % über den Verkehrswerten verkauft – da liegt im Vergleich zum SEB also ein Delta von fast 40 % dazwischen …

Je länger wir darüber nachdenken, desto mehr kommen wir zu dem Schluß, daß bei Immobilienfonds jede Bewertung nur genau die gleiche Qualität hat wie unsere eigene Unternehmensplanung: Sie ersetzt den Zufall der Geschehnisse durch den Irrtum bei ihrer Vorhersage.

Die letzte große Krise haben ja die meisten Offenen Immobilienfonds überlebt, und sie werden von den entsprechenden Institutsgruppen noch heute im Prinzip als risikolose Witwen- und Waisenpapiere verkauft. Den hier investierten, und in der großen Mehrzahl sicher vollkommen ahnungslosen Anlegern ist wirklich zu wünschen, daß diese Fonds nie in die Situation kommen, beweisen zu müssen, daß die für die Anteilswertberechnung verwendeten Verkehrswerte auch die tatsächlich am Markt erzielbaren Preise sind. Denn die nächste Immobilienkrise kommt so sicher wie das Amen in der Kirche, und hier tickt die Mutter aller Zeitbomben …

Holland: Doch alles Käse?

In den letzten Wochen rumorte es ganz ordentlich in der Gerüchteküche über mögliche Verkäufe beim SEB ImmoInvest noch kurz vor Übergang auf die Depotbank am 30.04.2017. Eines der Gerüchte lautete, es stünde ein Portfolio in den Niederlanden für rd. 100 Mio. EUR zum Verkauf.

Vor ziemlich genau einem Jahr war es dem CS Euroreal gelungen, fast sein gesamtes Holland-Portfolio 12 % über Verkehrswerten zu verkaufen. Vor diesem Hintergrund waren wir verhalten optimistisch, daß auch die 17 restlichen Holland-Immobilien des SEB ImmoInvest jedenfalls kein Desaster werden würden. Unsere Prognose zum Auflösungsergebnis des Fonds ging davon aus, daß für die niederländischen Objekte in Summe in etwa die Verkehrswerte von 260 Mio. EUR zu erreichen sein würden.

Das war wohl etwas zu optimistisch (was zum Glück nur ein rein theoretisches Bedauern unsererseits ist, weil wir unsere kleine, gerade erst wieder gestartete Position im SEB ImmoInvest inzwischen mit einem netten Gewinn schon wieder verkauft haben). Denn soeben meldet das Fondsmanagement:

„Aufgrund der Buchung der Verkaufseffekte aus dem Verkauf des Lynus-Portfolios, das aus sieben niederländischen Gebäuden besteht, reduziert sich der Anteilspreis … um 34 cent auf 17,61 EUR. Eingeflossen sind hierbei auch die Abwertungen der beiden Objekte Dornhofstr. 34 und 36 in Neu-Isenburg.“

Bei 116,56 Mio. ausgegebenen Anteilen sind hier also etwa 40 Mio. EUR den Bach runtergegangen. Die beiden Neu-Isenburg-Objekte standen ohnehin nur noch mit zusammen 19 Mio. EUR zu Buche – eine mögliche Abwertung kann hier höchstens 4-5 Mio. EUR ausmachen.

Bleiben also runde 35 Mio. EUR, die beim Verkauf des Lynus-Portfolios versenkt wurden. Glaubt man den Marktgerüchten, daß das Portfolio 100 Mio. EUR wert sein sollte (und es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, die dagegen sprechen), dann mussten die 7 Objekte einen addierten Verkehrswert von 130-135 Mio. EUR haben.

Wie sich das Lynus-Portfolio zusammensetzt wird erst einmal nicht verraten. Doch es scheidet denknotwendig die Annahme aus, daß hier die „Krücken“ mit hohen Leerstandsraten entsorgt werden konnten. Damit käme man nämlich auch nicht ansatzweise auf die benötigte Gesamtsumme der Verkehrswerte. Also sind – eigentlich auch ziemlich SEB-typisch – erst einmal wieder die halbwegs gut verkäuflichen Objekte weggegeben worden. Und dafür ist ein sich aus den bekannten Werten ergebender Abschlag von 26 % auf die Verkehrswerte ein ziemliches Desaster – vor allem auch im Vergleich zum NL-Portfolio-Verkauf des CS Euroreal vor einem Jahr.

Wenn schon die halbwegs guten Holländer nur mit solchem Abschlag verkäuflich waren, was ist dann erst mit dem Rest? Wahrscheinlich alles Käse …

 

„Erfolg“ neu definiert

Am 12.4.2017 meldet der SEB ImmoPortfolio Target Return: „Nach dem erfolgreichen Verkauf des Objektes in New Providence, 41 Spring Street (USA) reduziert sich aufgrund der Buchung der Verkaufseffekte der Anteilspreis … um 81 Cent auf EUR 44,85.“

Bei 6,465 Mio. Anteilen sind das 5,25 Mio. EUR.

Ein nettes Sümmchen bei einem Objekt mit zuletzt 15 Mio. EUR Verkehrswert. Man hat also nur runde 10 Mio. EUR für den Bunker bekommen. Und das ist, jedenfalls nach unserer unbedarften und vom einfachen Landleben geprägten Einschätzung, etwas doof vor dem Hintergrund, daß der Fonds die Objektgesellschaft mit einem Gesellschafterdarlehen i.H.v. 14 Mio. EUR finanziert hatte. Davon sind also jetzt 4 Mio. EUR á fonds perdu, ganz abgesehen davon, daß man früher schon das seinerzeit in die Objektgesellschaft gesteckte Eigenkapital von 4,8 Mio. EUR komplett abgeschrieben hatte.

Im Grundsatz hat uns das jetzt das ganze Osterfest versaut, denn wir werden einige Tage lang über nichts anderes als die Frage nachgrübeln können, warum dies ein „erfolgreicher Verkauf“ war. Oder sind die Ansprüche der Damen und Herren Kollegen vom Fondsmanagement inzwischen so weit heruntergeschraubt, daß man es schon als Erfolg betrachtet, wenn es überhaupt gelingt, jemanden zum Notar zu zerren und zu einer Unterschrift zu bewegen?

DWS: Süß und selig gepennt.

Die (von der BaFin innerhalb der 3-Jahres-Fristen erzwungenen) Verkäufe von Zielfondsanteilen durch Immobilien-Dachfonds haben teilweise enorme Auswirkungen auf die Kursentwicklung, aber auch auf die Frage der Materialverfügbarkeit.

Deshalb schauen wir uns die Bestände der Dachfonds und vor allem natürlich die Veränderungen sehr genau an. Heute meldete der von der DWS (Deutsche Asset & Wealth Management) verwaltete Dachfonds db Immoflex per 31.03. zum 28.02. unveränderte Bestände – und das, obwohl für ihn die Auflösungsfrist Mitte Mai 2017 abläuft. Darüber haben wir uns schon ein bißchen gewundert.

Postwendend kam aber die Aufklärung aus dem einschlägigen Internet-Forum: Unsere Freunde OIF und nordbörg wiesen darauf hin, daß der Fehler bei der DWS liegt. Auf der entsprechenden Internet-Seite hat die DWS zwar das Berichtsdatum geändert, aber die Fondsstruktur nicht aktualisiert – obwohl der db Immoflex tatsächlich im März sehr wohl kräftig weiter verkauft hatte.

Liebe Leute von der DAWM (die ja demnächst scheinbar von der Deutschen Bank für teuer Geld dem willigen Börsenpublikum übergeholfen werden soll): Falls das einer von Euch hier mitliest – achtet doch ein bißchen besser darauf, daß nicht ausgerechnet kurz vor dem Börsengang solch überflüssige handwerkliche Schlampereien am Image kratzen …

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